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Blinde Zeugen: Thriller

Titel: Blinde Zeugen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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unterwegs war, unbedingt die King Street umgehen wollte. Logan parkte den Wagen am Straßenrand hinter DI Steels kleinem offenen Sportwagen. Und dann blieb er erst einmal sitzen und schaute hinaus in den herrlichen Juniabend.
    Der Strand von Aberdeen leuchtete im Schein der Sommersonne, und die Wellen der Nordsee glitzerten wie Millionen kleine Brillanten. Unten am Wasser spazierte ein Paar hinter einem herumtollenden Labrador her; ein alter Mann und ein kleiner Junge kämpften mit einem knallroten Drachen; eine Familie spielte im Sand – zwei kleine Mädchen rannten kreischend bis zum Wasser und wieder zurück.
    Der Strand lag rund sechs Meter tiefer als die Straße; dazwischen verliefen eine steile Grasböschung, ein breiter asphaltierter Weg und noch eine weitere Böschung aus großen Betonplatten. DI Steel war nicht schwer auszumachen. Ungefähr zweihundert Meter entfernt saß sie leicht schwankend auf einer Bank an der Promenade und trank Whisky aus der Flasche.
    Logan kletterte die Grasböschung hinunter und setzte sich zu ihr. »Finnie sucht dich. Macht einen Riesenstunk wegen irgendeinem Lagebericht.«
    Sie drehte sich um und schielte ihn an. »Lazar … Laza … Logan! Wie geht’s meinem Lieblings …« Ein Hickser zwang sie zu einer Pause. »Herrlicher Tag, was?« Sie deutete mit einer unsicheren Armbewegung auf die Szenerie. »Soll später noch regnen. Ganz schön bl … blöd, oder?«
    Logan griff nach der Whiskyflasche – Macallan, 18 Jahre alt – und schüttelte sie kurz. Gut ein Drittel übrig. »Wie fühlst du dich?«
    »Bin ein bisschen … bisschen betrunkt.« Ihr Bauch machte ein ominöses gurgelndes Geräusch. »Oha … Erzähl … erzähl das bloß keinem weiter, okay?«
    »Musst du kotzen?«
    »Autoschlüssel, Autoschlüssel …« Steel begann in ihrer Handtasche zu kramen und breitete den gesamten Inhalt auf der Bank aus. Angestrengt starrte sie die Sammlung von Kassenbons, Kämmen, Pfefferminzbonbons, Lippenstift, Airwave-Handy, Münzen, Nikotinkaugummis und Flusen an, fischte dann die Schlüssel aus dem Durcheinander und drückte sie Logan in die Hand. »Lass deine Freunde … nie betrunkt Auto fahren.« Sie hickste erneut. »Is’ … Wie hassu mich eigentlich gefunden?«
    »Dein Airwave. Ich habe die Leitstelle gebeten, dich per GPS zu orten.«
    »Pffffffff … Nich’ mal … nich’ mal verschwinnen kann man mehr. Nich’ wie früher … Auch ’n paar Pommes?« Sie sah sich um, runzelte die Stirn und deutete dann auf drei fette Möwen, die sich um eine Burger-King-Tüte balgten. »Oh … kann nicht genug aufpassen.«
    »Du bist total besoffen, stimmt’s?«
    »Ich mag Möwen. Alle … alle hassen die Viecher. Aber sie sind bloß … bloß …« Wieder ein Hickser. »Nich’ wahr? Was sie eben sind.« Sie breitete die Arme aus, wobei sie Logan aus Versehen in die Brust boxte. »Ich bin eine Möwe! KRAAAAAAAHH!«
    Die drei echten Möwen hielten in ihrem Streit um die dünnen frittierten Kartoffelstäbchen inne und starrten sie mit ihren wachsamen gelben Knopfaugen an.
    »KRIIIIIIIEEEEHH!« Sie setzte die Whiskyflasche an, schluckte und schüttelte sich. »Auch ’n Schluck?«
    »Wie wär’s, wenn ich dich jetzt nach Hause fahre?«
    Sie kicherte und boxte ihn wieder. »Nee, du … Ich bin lesbisch … aber … aber wenn ich’s nich’ wäre … eh?« Hicks. »Hab ich dir schon gesagt, dass ich ’ne Möwe bin?«
    »Kann sein, dass du es erwähnt hast.« Er hielt ihr die Hand hin. »Komm jetzt, Susan macht sich sicher schon Sorgen.«
    Die Tränen begannen völlig unvermittelt zu fließen; ihre Brust erbebte unter heftigen Schluchzern, und dazu liefen ihr zwei glitzernde Rinnsale aus der Nase.
    Logan nahm den Whisky und drückte den Korken hinein, um dann DI Steel auf die Beine zu helfen. Er führte die schwankende Frau die Böschung hinauf und zum Wagen, begleitet von der an Gewissheit grenzenden Ahnung, dass sie sich darin übergeben würde.
    Das Funkgerät begann zu plärren, als er sie gerade auf den Rücksitz bugsierte – die Leitstelle meldete sich mit einem Zwischenbericht zu einem Feuer irgendwo in Sandilands. Feuerwehr vor Ort, zwei Funkstreifen, verdächtige Umstände. Erst als sie die Adresse nannten, wurde Logan hellhörig.
    Jemand hatte einen Brandanschlag auf das Turf ’n Track verübt.
    »Verdammt.« Er sprang hinter das Steuer. »Chefin?«
    Keine Antwort.
    Er sah in den Innenspiegel. Sie schlief fest, den Kopf zur Seite gekippt, die Flasche Macallan an die Brust

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