Blinder Einsatz
lese hier, Sie haben Ihr Konto überzogen?«
»Ach, halb so wild. Das ist schon geregelt.«
»Ihre Eltern haben ausgeholfen?«
»Wie?«
»Ihre Eltern haben Ihnen Geld gegeben?«
»Ja. Nein. Eigentlich nicht.«
»Was heißt das?«
»Sie bezahlen mir die Miete, das ist alles.«
»Und der Rest?«
»Ich arbeite ein bisschen, nun, ich mache diesen Medikamententest.«
»Und das reicht?«
»Nein. Aber ich komm schon klar.«
»Wie?«
»So gut es eben geht.«
»Ist es Ihnen unangenehm, über Geld zu sprechen?«
»Nein. Und Sie, wie viel verdienen Sie denn? 5000, 6000 Euro monatlich? Sie haben gut reden …«
Den Arzt wunderte es nicht, dass man Lust bekommen konnte, Lars eine zu scheuern – er hatte eine ziemlich arrogante, rechthaberische Art.
»Nun gut, reden wir nicht mehr davon. Und diese Laura?«
»Das läuft. Das läuft sogar sehr gut!«
Dr. Neumann ließ absichtlich eine Pause entstehen, damit Lars sich unbehaglich zu fühlen begann. Er wollte mehr hören. Aber Lars ließ sich nicht aus der Reserve locken.
So wechselte der Arzt das Thema, um das Gespräch zum Abschluss zu bringen.
»Nun, der Test verläuft eigentlich sehr gut. Morgen, im Laufe des Tages bekomme ich die einzelnen Ergebnisse. In der nächsten Phase ändert sich der Ablauf: Ab sofort nehmen Sie das Medikament nicht mehr, führen aber weiter Tagebuch.«
Lars nickte, nahm seine Sachen und ging eilig hinaus.
Dr. Neumann griff zum Telefon.
»Der Test verläuft positiv. Lars scheint guter Dinge zu sein …«
Als Lars aus dem Labor kam, merkte er, dass ihn seine Mutter angerufen hatte.
»Mama? Ich bin’s. Du hast versucht, mich zu erreichen?«
»Hallo, mein Großer. Ich wollte dich nur fragen, ob du nicht heute Abend bei uns essen willst. Papa fährt demnächst vom Büro nach Hause.«
»Heute Abend? Ja, warum nicht, das wäre mal eine Abwechslung.«
Zwei Tage zuvor, in der Netherbank
»Wie ich Ihnen schon am Telefon sagte, Frau Loy, wir haben entschieden, einige Überweisungen aus den letzten Wochen von Ihrem Konto zu stornieren, die uns merkwürdig erschienen.«
»Wohin gingen denn diese Überweisungen?«
»Bis jetzt konnten wir den Empfänger nicht eindeutig ermitteln.«
»Wie kann ein Unbefugter von unserem Konto Überweisungen vornehmen?«
»Im Augenblick sieht es nicht so aus, als hätte es jemand von außen versucht.«
Empört darüber, dass man ihre Familie der Unterschlagung bezichtigte, entgegnete Saskia Loy:
»Hören Sie, ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich nicht weiß, was das für Überweisungen waren.«
»Das ist mir bewusst, aber wir sind trotzdem verpflichtet, in alle Richtungen zu ermitteln, um sicherzustellen, dass keine Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind.«
»Aber eins steht doch wohl zweifelsfrei fest: Wir sind bestohlen worden!«
»Unsere Erfahrung sagt uns, dass es bei fünfundsiebzig Prozent solcher Unregelmäßigkeiten jemand aus dem engeren Kreis der Familie war.«
»Was soll das heißen? Wollen Sie etwa sagen, dass mein Mann …«
»Nein, ich empfehle Ihnen lediglich, die Angelegenheit mit Ihrer Familie zu besprechen.«
Es ging um ein Dutzend Überweisungen mit einer Gesamtsumme von insgesamt rund 10 000 Euro, die von ihrem Konto wer weiß wohin verschwunden waren, und um 7500 Euro, die die Bank gesperrt hatte. Saskia Loy war mehr als beunruhigt. Zum Glück wachte ihre Bank sehr genau über ungewöhnliche Kontobewegungen. Die Andeutung des Beraters beschäftigte sie sehr: Betrug innerhalb der eigenen Familie? Ihr Mann hatte seine Ausgaben noch nie vor ihr verheimlicht. Und was ihren Sohn betraf, so hatte dieser sie zwar erst kürzlich um Geld gebeten, aber er besaß keine Karte für ihr Konto.
Lars fuhr mit dem Zug nach Bloemendaal. Sein Vater hatte ihn letztlich doch nicht mitnehmen können, weil er ganz plötzlich doch noch zu einer Besprechung musste. Aber zum Essen wollte er rechtzeitig zu Hause sein, so gegen 20.30 Uhr. Lars suchte sich ein freies Abteil, wo er die Beine ausstrecken und in aller Ruhe iPod hören wollte. Doch bald setzte sich ein Pärchen um die dreißig ihm gegenüber. Lars konnte nicht aufhören, die junge Frau anzustarren, zwinkerte ihr sogar zu, was ihrem Begleiter nicht zu gefallen schien.
»Könntest du mal bitte aufhören, meine Freundin anzuglotzen?«
»Wie bitte?«
»Tu bloß nicht so unschuldig! Ich sehe doch, dass du sie die ganze Zeit anstarrst.«
»Na und? Das wird man ja wohl noch dürfen«, entgegnete Lars in ruhigem, aber dennoch
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