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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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Constance war dennoch nicht völlig beruhigt, auch wenn sich Teile des Puzzles langsam zusammenfügten. Einige Verbindungslinien und Zusammenhänge wurden sichtbar. Und ihr war klar, dass weitere Nachforschungen gefährlich werden konnten.
    Sie kehrte in ihr Hotel zurück. Eine Stunde später teilte man ihr mit, dass ein Kurier etwas an der Rezeption für sie abgegeben hatte. Constance ging sofort hinunter. Es war ein Umschlag. Sie öffnete ihn vorsichtshalber erst in ihrem Zimmer. Er enthielt ein Foto, Fotokopien von Zeitungsartikeln, einige Notizen und auf einem Zettel den mit flüchtiger Hand gekritzelten Hinweis: »Kontaktieren Sie mich nicht. Jemand anders wird mit Ihnen in Verbindung treten.«

7

    Die Kunst des Romans besteht in der Fähigkeit zu lügen.
    Louis Aragon, J’abats mon jeu

    Das Schicksal mischt die Karten, und wir spielen.
    Arthur Schopenhauer

    London, 4. Juli
    In seinem verglasten Büro, das auf die Themse hinausging, bereitete Noah seine Unterlagen vor. Die Arbeitsbedingungen hier in der City waren wirklich außergewöhnlich. Sein Arbeitgeber, die Bank, hatte keine Kosten gescheut, um für ihren Standort genau das richtige Ambiente zu finden.
    Der ganze Luxus war Noah nicht gleichgültig. Seine Rolex, sein Jaguar, sein Apartment in Notting Hill waren die sichtbaren Zeichen seines Erfolgs. Er stammte aus dem Arbeiterviertel Leeds, und von klein auf hatte man ihm eingeschärft, dass das Leben aus Arbeit und nichts als Arbeit besteht. Für ihn gab es nichts anderes. Erst auf der Highschool hatte ihn ein Lehrer in die Grundlagen von Wirtschaft und Handel eingeführt. So was kannte er bisher nur aus dem Fernsehen, und seine Eltern hätten ihm sicher nichts darüber erzählen können. Die Arbeit stand für ihn an oberster Stelle, dazu gesellten sich rasch der finanzielle Erfolg und das Konkurrenzdenken. Ein wahnsinniger Wettlauf, bei dem kein Ende abzusehen war. Während seines Studiums hatte er alles darangesetzt, sich auf Business- und Finanzwesen zu spezialisieren. Seine Praktika und Erfahrungen verschafften ihm einen Vorsprung gegenüber den anderen, den er zu nutzen wusste. Schließlich war das zu seiner Lebensphilosophie geworden. Seit er als Finanzanalyst arbeitete und seine Jahresprämie 300 000 Pfund überschritt, fühlte sich sein Dasein aufregender an.
    Die Sache mit Doc Fountain war ein großer Coup, das hatte er im Gefühl. Noah hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Einladung zu der außerordentlichen Aktionärsversammlung zu bekommen, die Jane Kramer für den nächsten Tag in Boston einberufen hatte. Er hatte Mr. Datzyuk, einen seiner alten Kunden, angerufen, der zwei Prozent Kramer-Investment-Aktien besaß, um ihn vertreten zu können. Der hatte sofort eingewilligt, weil er selbst verhindert war. Er kannte Noah und wusste, dass diese Anfrage sicher nicht ohne Hintergedanken war, doch er stellte keine Fragen. Wenn Kramer Investment wichtige Dinge bekannt zu geben hatte, dann wollte Noah persönlich dabei sein. Er konnte auch neue Kontakte knüpfen, mit den Verantwortlichen sprechen und weitere Eindrücke sammeln. Selbst wenn er keine konkreten Antworten auf seine Fragen bekommen würde, dann zumindest doch eine Bestätigung seiner Zweifel.
    Erfolg in der Finanzwelt beruht ausschließlich auf den Informationen, die man hat oder eben nicht hat. Gesetz und Moral waren natürlich notwendig, bildeten aber oft genug nur eine Fassade für die Öffentlichkeit. Die Rede einer Vorstandsvorsitzenden wie Jane Kramer war im Allgemeinen ein mit Spannung erwartetes Ereignis. Doch niemand machte sich etwas vor: Im Grunde war es ein künstlich geschaffenes Instrument, um die Aktionäre und Märkte zu beruhigen. Die interessanten Hinweise bekam man eher am Rande des Geschehens, zum Beispiel am Buffet, wo die wirklich verwertbaren Informationen ausgetauscht wurden. Zahllose Legenden, die sich um den Beruf des Finanzanalysten rankten, resultierten aus solch eher informellen Situationen, denn Entspannung und Alkohol lösen bekanntlich die Zungen. Man erzählte sich etwa, der Experte, der vor allen anderen Informationen über die Fälschungen der Enron-Konten bekommen hatte, habe dies allein seinem Charme zu verdanken. Denn auf einem Fest habe er die Vorsitzende des Finanzvorstands becirct und dadurch seine Kunden vor astronomischen Verlusten gerettet. Mythos oder Wirklichkeit, auf alle Fälle waren Wirtschaftsanalysten und -journalisten heiß auf Neuigkeiten. Auf die Information, die ihnen Zugang

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