Blinder Einsatz
zu kontrollieren sein werden, wenn die Monopolbildung nicht bekämpft wird?«
Diese Frage schien ihr nicht nur vom journalistischen Gesichtspunkt aus sinnvoll, sie enthielt auch einige deutliche Hinweise für die Europakommissarin, die sich gewiss noch gut an ihre kurze Unterredung erinnerte. Eline Haarmet, stets souverän im Umgang mit der Presse und sattelfest in ihren Themen, antwortete, ohne zu zögern. Nach einigen Sätzen erkannte sie Constance und geriet kurz ins Stocken, fing sich aber gleich wieder. Constance hörte ihr gar nicht richtig zu, sie war mehr an der Reaktion der Europakommissarin interessiert. Sie glaubte zu erkennen, dass Eline Haarmet nicht ganz wohl in ihrer Haut war, auch wenn sie genügend Routine hatte, um sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Ihre Antwort, die ziemlich knapp ausfiel, schien die anwesenden Journalisten zufriedenzustellen. Doch der Blick, den die Europakommissarin Constance zuwarf, war ein ganz anderer als bei ihrer ersten Begegnung.
Die Pressekonferenz dauerte noch eine halbe Stunde, dann leerte sich der Saal. Constance ließ Eline Haarmat nicht aus den Augen, die ihrerseits verstohlen zu ihr hinüberschaute. Eine junge Frau trat auf Constance zu.
»Entschuldigen Sie, Madame Haarmet fand Ihre Frage sehr interessant und würde sich gerne noch ein wenig mit Ihnen unterhalten.«
»Mit Vergnügen«, antwortete Constance.
Dieses Mal würde sie ihr Hugh und Will nicht ersparen.
Constance wurde in einen kleinen Salon geführt, wo Eline Haarmet sie allein erwartete.
»Ich dachte, ich hätte mich deutlich ausgedrückt. Sie haben nicht das Kaliber für solche Pseudodrohungen. Was fällt Ihnen ein, mich in der Öffentlichkeit anzugreifen?«
»Ich weiß sehr wohl, dass Sie glauben, ich könne Ihnen nichts anhaben. Aber an Ihrer Stelle wäre ich vorsichtig. Mein Freund wurde entführt, sein bester Freund kam bei dem Massaker in Nanterre ums Leben, das seit drei Tagen Schlagzeilen macht. Ich weiß zwar nicht, wo Ihr Platz in dieser Geschichte ist, inwiefern Sie Mitverantwortung tragen, aber ich habe genug Material, um zur Polizei oder zur Presse zu gehen und eine Verbindung zwischen Ihnen und diesen Ereignissen aufzuzeigen. Die Presse wird Ihnen mächtig einheizen. Sie werden mindestens als Komplizin eingestuft werden …«
»Was ist das für eine Geschichte, Entführung, Mord? Erzählen Sie mehr davon«, schnitt ihr Eline Haarmet das Wort ab.
Dieses plötzliche Interesse überraschte Constance. Eline Haarmet schien sie nun mit anderen Augen zu betrachten, ihr Blick wirkte beinahe respektvoll. Constance fasste sich ein Herz und erzählte ihr so sachlich wie möglich der Reihe nach, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte.
»Langsam verstehe ich, was Sie mir sagen wollen. Ich kann es tatsächlich nicht riskieren, dass diese Informationen in die Öffentlichkeit kommen, aber aus einem ganz anderen Grund, als Sie denken. Und ja, ich habe mit dieser Sache in gewisser Weise zu tun. Sie sind mutig, Sie sind entschlossen. Ich habe mich über Sie erkundigt und …«
»Aber Sie kennen doch gar nicht meinen richtigen Namen!«
»Der war nicht schwierig herauszubekommen, schließlich hatten wir Ihre Handynummer. Und wir haben viele Wirtschaftsdaten im Computer, darunter auch die Ihres Unternehmens.«
»Meines Unternehmens?«
»Aber Sie können sich doch denken, dass die Berichte, die Sie erstellen, uns ebenfalls brennend interessieren. Man kann nie genug über Märkte mit ›heißer Ware‹ wissen. Regen Sie sich nicht auf, ich wollte nur erfahren, aus welchem Stall Sie eigentlich kommen. Eins sollten Sie wissen: Sie stochern da in einem Räderwerk herum, das Sie ohne weiteres zermalmen kann. Nun, ich sage Ihnen, was ich weiß – Sie müssen dann aber auch mit der Gefahr leben, die dieses Wissen für Sie bedeuten kann.«
Constance nickte, obwohl ihr etwas mulmig wurde.
»Mein Posten als Europakommissarin für Wettbewerbsfragen bringt mich unvermeidlich in Kontakt mit zahlreichen Lobbyistengruppen. Das ist die sichtbare Seite des Spiels in Brüssel hier, aber es gibt auch eine verborgene. Einige Leute versuchen, mich zu bestechen, andere wollen mir Angst einjagen, manchmal beides. Ich habe gelernt, mit solchen Dingen umzugehen und dabei meine Integrität zu schützen. Wenn man uns hier in Brüssel in einer gewissen Weise ›kontaktiert‹, schalten wir stets die Polizei ein. Die prüft dann, wie ernst die Sache zu nehmen ist, und schätzt mit uns ab, wie groß das
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