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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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versichert plus zweihunderttausend für den Hausrat, und das kriegt jetzt Junior. Das allein macht schon eine Million, dazu noch das Bargeld aus der Box.«
    »Dem Alten hat ein Häuserblock in der Innenstadt gehört.«
    »Da, wo die Zeitung ist?«
    »Ja, und er hat mehrere gute Grundstücke südlich von hier, das wird auch einen netten Batzen Geld bringen«, sagte sie.
    »Und was gehört Junior selbst?«
    »Er hat bereits mehrere Firmen gehabt, die nicht so gut gelaufen sind. Zurzeit hat er drei oder vier Subway-Läden in kleineren Orten hier in der Umgebung, und er hat ein bisschen Land direkt am Fluss, das er schon seit längerem bebauen will. Doch ehrlich gesagt, hier in der Gegend besteht kein großer Bedarf an Wohnungen. Warum fragst du?«
    »Er schien ganz außer sich, als er das Geld sah«, sagte Virgil. »Und hat sich furchtbar aufgeregt, als er erfuhr, dass er es in den nächsten zwei Wochen noch nicht bekommen wird. Ich meine, in ein bis zwei Monaten wird er es haben, die müssen nur die Erbschaftsfrage gerichtlich klären. Ob nun zwei Wochen oder zwei Monate, was macht das schon aus? Aber er hat sich ziemlich aufgeregt.«
    »Hm. Er ist ein Wichser, aber er würde niemals seinen Vater umbringen, falls du das denkst«, sagte Joan. »Ich hab die beiden häufiger in trautem Gespräch miteinander erlebt.«
    »Okay. Ich überlege mir ja nur, wo ich ansetzen kann«, sagte Virgil.
    »Aber ich glaube, ich kann dir erklären, warum er so reagiert hat.«
    »Ach ja?«
    »Für die Judds ist Geld das Wichtigste überhaupt. Wichtiger als alles andere, was das Leben lebenswert macht. Wenn du die Wahl hast, nett zu sein oder Geld zu haben, nimm das Geld. Wenn du die Wahl hast, mutig zu sein oder Geld zu haben, nimm das Geld. Wenn du die Wahl hast zwischen Freunden oder Geld, nimm das Geld. So sind sie halt. Sie versuchen auch nicht, das zu verbergen. Nimm das Geld, das ist ihr Motto. Zweihunderttausend Dollar in bar vor den Augen von Bill Judd junior aus einem Safefach zu nehmen, ist so, als würde man vor den Augen des Papstes Jesus Christus aus einer Kiste zaubern.«
    »Ist ja nicht gerade nett, so was über jemanden zu sagen«, meinte Virgil. »Besonders nicht über den Papst.«
    »Es ist aber wahr«, entgegnete sie und kniff die Augen zusammen. »Darf ich das meinen ganzen Freundinnen erzählen?«
    »Lass mich mal überlegen«, sagte Virgil. »Die einzigen Zeugen waren ich, dein Bruder, der Anwalt, der Banker, Judd und die Frau vom Tresorraum. Wie groß ist die Chance, dass die alle den Mund halten?«
    »Gleich null.«
    »Genau. Aber bezieh dich bitte nicht auf mich, okay?«, sagte Virgil. »Du könntest mich oder deinen Bruder in Schwierigkeiten bringen. Du könntest es vielleicht als Erstes von einer der Ehefrauen erfahren haben.«
    »Die kenn ich beide, die vom Anwalt und die vom Banker«, erwiderte sie. »Eine von ihnen wird es ausplaudern. Und dann kann ich alles, was ich von dir weiß, hinzufügen.«
    »Klingt gut«, sagte Virgil. »Hab ich übrigens schon gesagt, dass mir dein Kleid gefällt?«
    »Wirklich? Das hab ich selbst genäht. Den Stoff hab ich in Des Moines bestellt.«
    »Echt?«
    »Tu doch nicht so, Virgil«, sagte sie. »Ich hab es bei Neiman Marcus in den Twin Cities gekauft.«
     
    Virgil war in Marshall, Minnesota, aufgewachsen, sechzig Meilen Luftlinie nördlich von Bluestem oder achtzig Meilen mit dem Pick-up. Sein Vater hatte die größte presbyterianische Kirche im Ort gehabt, bis er in Ruhestand ging, und seine Mutter unterrichtete bis zu ihrer Pensionierung Maschinenbau an der Southwest Minnesota State University. Sie lebten beide noch und spielten den ganzen Sommer Golf. Außerdem hatten sie eine Eigentumswohnung in Fort Myers, sodass sie auch den ganzen Winter über Golf spielen konnten.
    Joans Vater war Farmer gewesen. Er hatte sich an Bill Judds Projekt beteiligt, die Jerusalem-Artischocke zu vermarkten.
    »Ich kann mich an all das gar nicht so genau erinnern, weil ich damals noch zu jung war, aber Dad hat geglaubt, dass es mit den Preisen für Mais und Sojabohnen bergab gehen würde. Es gab überall auf der Welt zu viel Billigkonkurrenz. Er hat geglaubt, wenn wir eine neue Pflanze auf den Markt bringen könnten, eine, durch die man Öl ersetzen könnte … Nun ja, in den siebziger und achtziger Jahren gab es wohl diese ganzen Prognosen, dass das Öl jeden Moment zu Ende gehen könnte, und dann wären wir alle erledigt.«
    »Wie heute.«
    »Wie heute mit Äthanol und Mais für vier

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