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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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um einen anständigen Roman zu schreiben.

FÜNF
    Mittwochmorgen
    Vier dicke Männer in kurzärmligen Hemden standen vor dem Gerichtsgebäude. Sie hörten auf zu reden und starrten Virgil nach, der gerade in das Gebäude gegangen war. Virgil begrüßte die Sekretärin mit einem lässigen Heben der Hand, und diese registrierte kopfschüttelnd sein uraltes Stones-in-Paris-T-Shirt und seufzte, als läge eine schwere Last auf ihrer Seele.
    Er schlenderte an ihrem Schreibtisch vorbei und steckte den Kopf in Strykers Büro. Stryker hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und machte ein fassungsloses Gesicht. Er signalisierte Virgil, Platz zu nehmen, rieb sich mit beiden Händen das Gesicht und sagte: »So eine Scheiße.«
    Virgil setzte sich. »Was ist?«
    Stryker nahm die Füße vom Schreibtisch, drehte sich mit seinem Stuhl, öffnete einen kleinen Bürokühlschrank, in den gerade zwei Sechserpacks hineingingen, und nahm eine Flasche Cola heraus. »Willst du auch eine?«
    »Nein danke.«
    »Ich hatte gerade einen absolut verrückten Anruf«, sagte Stryker und drehte den Verschluss der Flasche. Dann warf er ihn Richtung Papierkorb und traf. »Eine Frau aus Roche - weißt du, wo das ist?«
    »Ja, gegenüber von Dunn.«
    »Genau. Ein Kaff so groß wie mein Pimmel. Ihr Name ist Margaret Laymon, und sie hat mich vor etwa fünf Minuten angerufen. Behauptet, ihre Tochter Jessica wär die uneheliche Tochter von William Judd. Sie will sichergehen, dass ihre Tochter zu ihrem Recht kommt. So hat sie es ausgedrückt.«
    Sie starrten eine Weile in die Luft, dann sagte Virgil: »O Gott. Wenn es kein Testament gibt, und sie kann das beweisen …«
    Stryker nickte. »Dann kriegt Bill junior einen Schlaganfall.«
    »Ob wohl noch mehr kleine Judds rumlaufen?«
    »Das ist eine interessante Frage, aber ich weiß nicht, wie man das rauskriegen soll«, erwiderte Stryker. »Es sei denn, die rufen an und erzählen’s einem.«
    »Hm. Wirst du es Junior sagen?«
    »Das ist nicht meine Aufgabe«, antwortete Stryker. »Ich hab Margaret gesagt, sie soll sich einen Anwalt nehmen, und zwar schnell. Das will sie machen. Und dann wird sie wohl irgendwas bei Gericht einreichen oder so.«
    »Keine Ahnung. Da müssen doch bestimmt DNA-Tests gemacht werden.«
    »Sie meint, das wär kein Problem. Aber ich sag dir, was ein Problem ist.« Er drehte sich einmal komplett mit seinem Stuhl herum, dachte nach, dann sagte er: »Von allen Frauen, die ich je in meinem Leben haben wollte, steht Jesse Laymon ganz oben auf der Liste. Wir sind sogar zweimal miteinander ausgegangen, allerdings kein drittes Mal. Sie will was Wilderes. Einen Ramblin’ Gamblin’ Man, wie Bob Seger singt.«
    »Ein schlechter Countrysong«, sagte Virgil. Der zweite, der ihm in den letzten Tagen unterkam. Die Prärie war voll davon.
    »Doch leider wahr«, sagte Stryker und trank einen Schluck Cola. »Mir rutscht jedes Mal, wenn ich sie sehe, das Herz in die Hose, doch sie will einen dieser schwarzäugigen, Drogen dealenden Halunken, die zu viel trinken, zu schnell fahren und gut tanzen. Und so einer bin ich nicht.«
    »Ja, verdammt.«
    »Yeah.«
    Sie saßen eine Weile nachdenklich und schweigend da. »Vielleicht liegt es daran, dass dein Pimmel so groß wie Roche ist.«
    Stryker hatte gerade wieder von seiner Cola getrunken, verschluckte sich, prustete und sagte lachend: »Wo wir gerade beim Thema sind, was hast du denn letzte Nacht gegen zehn bei Joanie auf der Veranda gemacht?«
    Virgil lachte ebenfalls, aber nicht allzu herzhaft, weil er ein leicht schlechtes Gewissen hatte. Er wurde so freundschaftlich behandelt, und da saß er und lächelte, während er gleichzeitig dachte, dass die Strykers im Mordfall Judd auf jeder vernünftigen Liste von Verdächtigen stehen müssten.
     
    »Ich will mit Todd Williamson reden«, sagte Virgil, »Mal sehen, ob er mich einen Blick in sein Archiv werfen lässt, falls er eins hat. Und danach fahre ich zu George Feur.«
    Strykers Augenbrauen schossen in die Höhe. »Hast du eine Spur?«
    »Nicht wirklich. Ich will mit ihm reden, ihm auf den Zahn fühlen und ihn ein bisschen unter Druck setzen«, sagte Virgil.
    »Was meinst du mit ›nicht wirklich‹?«
    »Feur ist ein Bibelfanatiker und ein Arschloch, und er hat Judd bearbeitet«, sagte Virgil. »Und Bibelfanatiker gehen mit nichts so gern hausieren wie mit der Offenbarung des Johannes. Als ich gestern bei den Gleasons war, ist mir aufgefallen, dass Anna Gleason ein Exemplar der Offenbarung direkt

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