Blinder Hass

Dollar. Na ja, wenn man tatsächlich Öl anbauen könnte … Ich nehme an, er hat geglaubt, da könnte nichts schiefgehen. Aber das war alles Blödsinn. Es war von Anfang an ein Betrug, ausgeheckt von Rohstoffhändlern in Chicago und ein paar Typen von auswärts wie Bill Judd. Als alles platzte, war Bill Judd das scheißegal. Er war der größte Soziopath, den man sich vorstellen kann. Doch den Leuten, die an ihn gebunden waren wie mein Dad, war das alles keineswegs egal …« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Viele Leute haben geglaubt, dass mein Vater mit Bill Judd unter einer Decke gesteckt hätte. Aber Dad hat die Hälfte von seinem Land verloren. Damals hat er über achthundert Hektar Land bebaut. Er hat es weit unter Preis verkauft, das war zur Zeit der großen landwirtschaftlichen Krise Mitte der achtziger Jahre, hat alle Schulden bezahlt, und dann hat er seinen.45er genommen und sich erschossen. An einem Samstagnachmittag hinten im Hof. Ich kann mich noch erinnern, wie die Leute geschrien haben und wie Mom im Wohnzimmer saß und aussah, als wäre sie gerade gestorben. Daran erinnere ich mich am meisten, nicht an Dad, sondern an Moms Augen.«
    »Jimmy hat sicher sehr darunter gelitten? Väter und Söhne.«
    »Das hat er.« Sie sah ihm in die Augen. »Du glaubst doch nicht etwa, dass Jim etwas mit dem Mord an Judd zu tun hatte?«
    Er schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Hatten die Gleasons irgendeine Verbindung zu Judd?«
    »Sie waren befreundet«, sagte Joan. »Es gab da so eine kleine Clique von reichen Leuten, wie in allen kleinen Städten. Ärzte, Anwälte, Banker, Immobilienmakler. Es heißt, dass Judd einigen von ihnen bei irgendwelchen Investitionen geholfen hätte. Aber die Gleasons hatten nichts mit der Jerusalem-Artischocke zu tun. Das hätten alle erfahren, weil es bei den Prozessen rausgekommen wär.«
    Er beugte sich vor und senkte die Stimme: »Ich werd dir was sagen, Joanie. Jim und ich und Larry Jensen, wir alle glauben, dass der Mord an den Gleasons und der Mord an Judd miteinander in Verbindung stehen. Drei Morde innerhalb von drei Wochen, und der Mörder wusste offenbar, was er tat, wo er hingehen musste und wann er dort hingehen musste. Auch die äußeren Bedingungen waren die gleichen. Es hat geregnet, und es war dunkel. Und das, nachdem ihr zweiundzwanzig Jahre lang keinen Mord hier gehabt habt.«
    »Was ist mit George Feur? Dem Prediger?«
    »Ich hab schon von ihm gehört.«
    »Den sollte man sich mal genauer ansehen - ich hab sogar Jim schon nach ihm gefragt«, erklärte sie. »Jim sagt, er hätte ein Alibi. An dem Freitagabend hat bei ihm ein Gebetsmeeting stattgefunden, und viele Leute sind übers Wochenende geblieben. Es wird Zeugen geben, die sagen, dass Feur jede Minute dort war. Außerdem sind Jim und Larry zu dem Schluss gekommen, dass es für ihn schwierig gewesen wäre, sich unbemerkt davonzustehlen.«
    »Wie lange hätte er denn gebraucht?«
    »Nun ja, wenn er …« Sie blickte an die Decke und bewegte ihre Lippen, während sie rechnete. »Wenn er hin und zurück gefahren ist, vielleicht eine halbe Stunde. Wenn er einen Teil des Weges zu Fuß gegangen ist oder wenn sie miteinander geredet haben, vermutlich länger. Aber das ist eigentlich nicht sehr lange.«
    »Es ist nicht lange, wenn viele Leute da sind und jeder denkt, man redet gerade mit jemand anders und man wird hier und da gesehen … Dann könnte man sich wohl schon eine halbe Stunde davonmachen.«
    »Und vielleicht war ja auch einer von seinen bekloppten Anhängern bereit, ihm einen Gefallen zu tun. Aber wenn ihr glaubt, dass die Gleasons und Bill Judd von der gleichen Person umgebracht worden sind … Soweit ich weiß, hat Feur versucht, Judds Seele zu retten, und die beiden haben sich gut verstanden. Also passt das irgendwie nicht zusammen.«
    »Aber zumindest ist es eine Verbindung.«
    »Das ist es«, sagte sie. »Feur ist ein gewalttätiger Mensch. Er war schon als Kind gewalttätig - sein Vater hat ihn missbraucht -, und mit zwanzig hat er angefangen, Läden zu überfallen und vielleicht sogar Banken. Jim hat ihn nach einem Raubüberfall in Little America auf der Farm seiner Tante aufgestöbert und verhaftet. Er kam ins Gefängnis, entdeckte Jesus und auch den ganzen anderen Scheiß wie die Überlegenheit der weißen Rasse und so. Ging irgendwo nach Westen, studierte, um Geistlicher zu werden, und erhielt in Idaho eine Predigerlizenz. Als seine Tante starb, ist er hierher zurückgekommen und hat die