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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Farm übernommen. Wir hatten geglaubt, wir würden ihn nie wiedersehen.«
    »Hat er mal auf jemanden geschossen? Oder hat man ihn mal verdächtigt, auf jemanden geschossen zu haben?«, fragte Virgil.
    »Soweit ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass er bei seinen Raubüberfällen eine Waffe dabeihatte.«
     
    Auf der Rückfahrt nach Bluestem, irgendwo auf der I-90, sagte Joan: »Für einen Cop bist du sehr gesprächig. Ich kenne jeden Cop in Bluestem und auch ein paar aus Worthington. Mit einigen bin ich seit langem befreundet, aber keiner von denen ist jemals so gesprächig gewesen wie du. Ich meine, dass du mit mir über den Fall geredet hast und so.«
    »Eine persönliche Macke«, vermutete Virgil.
    »Tatsächlich? Ich hab mich schon gefragt, ob du mich nur in dieses schicke Tex-Mex-Restaurant ausgeführt hast, um mir das alles zu erzählen, weil du meinst, ich plaudere es überall aus, und das könnte dann irgendwas in Bewegung setzen.«
    »Ich bin schockiert, dass du so was auch nur denken kannst«, sagte Virgil.
    »Du hörst dich aber gar nicht schockiert an«, entgegnete sie.
    »Tja, also weißt du«, sagte er und betrachtete sie im Dunkeln. »Du bist ein bisschen klüger, als ich erwartet hatte.«
    Sie lachte, und sie fuhren zum Highway ab.
     
    Spät in der Nacht schaltete Virgil seinen Laptop an, lockerte die Finger und begann, seine Geschichte zu schreiben, ein paar Tatsachen und sehr viel Fiktion. Belletristik zu schreiben war ganz anders als Outdoor-Literatur. Anders, weil man sich etwas ausdenken musste, etwas erfinden musste, anstatt einfach über ein Erlebnis zu berichten. Er starrte einen Moment auf den Bildschirm, dann fing er an:
    Der Mörder kletterte die Böschung des Flusses hinauf, stolperte im Dunkeln und rutschte auf dem nassen Gras aus. Am Rande des Gartens blieb er stehen und ging dann rasch zu der Glasschiebetür auf der Rückseite des Hauses hinüber. Er hatte die Gleasons ankommen sehen, die Scheinwerfer ihres Autos, die sich im Dunkeln den Hügel hinaufschlängelten. Sie waren bereits aus einer halben Meile Entfernung zu sehen gewesen.
    Nun sah er durch die nasse Glasscheibe Russell Gleason im Wohnzimmer stehen. Er hatte die Hände in den Taschen und blickte auf den Fernseher. Seine Frau Anna kam mit einem Glas Wasser aus der Küche und setzte sich auf die Couch. Sie unterhielten sich, doch da der Regen auf die Kapuze seiner Jacke prasselte, konnte der Mörder nicht verstehen, was sie sagten.
    Der Mörder berührte die Waffe in seiner Tasche, den Revolver Kaliber.357, der immer schussbereit war. Keine Sicherung, keine Ladehemmung, in jeder Kammer eine Kugel. Drinnen lachte Gleason über irgendetwas. Es gibt für alles ein letztes Mal, dachte der Mörder.
    Der Mörder verschwand in der Dunkelheit und ging um das Haus herum zur Eingangstür. Gleason hatte bis zum Hals in der Sache gesteckt, er und Judd würden dafür bezahlen müssen. Er klingelte …
    Virgil fasste sich ans Kinn und las das Geschriebene noch einmal durch. Er war bereits dabei, den Leser zu täuschen, denn er hatte wiederholt »der Mörder« geschrieben, was ihm in seinen Schriftstellerohren wehtat. Er musste ein brauchbares Synonym finden. Die Pronomen »er« oder »sie« konnte er auch nicht benutzen, weil er nicht wusste, was richtig war. Und Gleason hatte zusammen mit Judd bis zum Hals in der Sache gesteckt - doch in welcher?
    Er hatte keine Ahnung.
    Aber es gab ganz bestimmt eine Verbindung, dachte er.
    Bevor er die Geschichte zu Ende schreiben konnte, brauchte er noch Antworten auf viele Fragen. Wo kam der Mörder her? Wo kam die Waffe her? Wo hatte er/sie gelernt, mit der Waffe umzugehen? Warum war die Leiche in den Garten geschleift worden, und warum war das Licht dort angemacht worden? Hatte der Mörder gewusst, dass es die Außenbeleuchtung gab und wo der Schalter war, was auf eine Vertrautheit mit dem Haus hindeuten würde, oder war das eine spontane Entscheidung gewesen? Warum war Gleason in die Augen geschossen worden?
    Und warum war der Mörder genau zu diesem Zeitpunkt zu den Gleasons gekommen?
    Warum hatte Stryker nichts davon gesagt, dass sein Vater sich wegen des Skandals um die Jerusalem-Artischocke umgebracht hatte und was für eine Beziehung er zu Judd gehabt hatte? Wie hatte er, Virgil, es geschafft, gleich an seinem ersten Tag in der Stadt von Strykers Schwester aufgegabelt zu werden? Warum hatte sie seine Aufmerksamkeit auf Todd Williamson und George Feur gelenkt?
    Lauter Dinge, die man wissen musste,

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