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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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eine Frage?«
    »Wie kommen Sie denn mit Jim Stryker aus?«
    »Gut. Wir kennen uns schon ziemlich lange«, antwortete Virgil.
    »Yeah, übers Baseballspielen. Doch aus dem Sheriffbüro hört man, dass man Sie ihm echt hat aufzwingen müssen«, sagte Williamson.
    »Tatsächlich?«
    Williamson nickte. »Könnte sich natürlich um reine Amtspolitik handeln. Es hieß allerdings, Sie könnten vielleicht die … Unzulänglichkeiten des Sheriffs bloßstellen.«
    »Ich arbeite pro Jahr an acht bis zehn Mordfällen«, sagte Virgil. »Ihr habt hier seit Jahrzehnten keinen Mord mehr gehabt. Ich bin also Experte. Es kann nie schaden, einen Experten hinzuzuziehen.«
    Williamson lachte in sich hinein. »Im Gerichtsgebäude klang das allerdings etwas anders.«
     
    Nachdem Williamson gegangen war, schlenderte Virgil im Raum herum, betrachtete die vergilbten Etiketten auf den Schubladen und sah, wie das Ganze aufgebaut war, Namen hier, Themen dort drüben. In den größeren Schubladen befanden sich die Fotos, größtenteils Originale im Format zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter. Sie brachen 2002 schlagartig ab. Da hatte man wohl eine Digitalkamera angeschafft, vermutete Virgil. Die Fotos rochen immer noch nach Entwicklerflüssigkeit und Fixierbad; die Zeitungsausschnitte rochen nach schalem Zigarettenrauch und billigem altem Papier.
    Die Schubladen mit den Fotos von Judd zeigten diesen über die Jahrzehnte hinweg, angefangen mit Aufnahmen aus den vierziger Jahren, wo er als junger Mann in einem hellen Anzug zu sehen war, doch selbst damals schon mit dunklen, trostlosen Augen.
    Die Zeitungsausschnitte über Judd aus der Zeit vor 1999 füllten vier Schubladen, Hunderte von brüchigen Ausschnitten, die in kleinen grauen Umschlägen steckten. Über Judd junior gab es auch mehrere Päckchen, doch die nahmen nur eine halbe Schublade in Anspruch. Die Bilanz von zwei unterschiedlichen Leben, dachte Virgil.
    Die Umschläge enthielten meist acht bis zehn Artikel, und das meiste über Judd senior stammte aus den achtziger Jahren, aus der Zeit des Skandals um die Jerusalem-Artischocke. Damals waren oft mehrere Artikel pro Woche über ihn erschienen.
    Judd wurde schließlich vom Generalstaatsanwalt von Minnesota in zweiunddreißig Punkten des Betrugs angeklagt, aufgrund von Beweisen, die teilweise in der Gegend zusammengetragen und teilweise von den Behörden in St. Paul geliefert worden waren. Der stellvertretende Staatsanwalt, der die Anklage leitete, hatte offenbar sein eigenes Beweismaterial nicht verstanden und war bei dem Prozess in St. Paul von Judds Anwälten in Stücke gerissen worden. Der County-Anwalt und der Sheriff aus der Gegend waren beide bei der nächsten Wahl von den stinksauren Bürgern abgewählt worden.
    Nach dem Prozess gab es ein weiteres Gerangel um die Steuern für den Bund und für den Staat. Die Auseinandersetzung darüber wurde jahrelang vor diversen Gerichten ausgetragen, bis, wie der Record berichtete, die Anwälte beider Seiten 1995 zu einer Einigung gelangten; die Bedingungen dieser Einigung waren vertraulich, da es sich um eine steuerrechtliche Angelegenheit handelte.
    Bei den Artikeln über Judd, in denen es nicht um den Skandal um die Jerusalem-Artischocke ging, handelte es sich meist um Nachrichten aus dem Geschäftsleben, um Hypotheken, die erteilt und aufgenommen worden waren, Häuser und Grundstücke, die erworben und verkauft worden waren, um den Bau des Hauses auf dem Buffalo Ridge, das angeblich 1960 fünfhundertfünfzigtausend Dollar gekostet hatte und mit fünf Badezimmern ausgestattet war, sowie um Prozesse, die angestrengt und beigelegt worden waren. Abgesehen von dem Skandal um die Jerusalem-Artischocke hätte es sich um die typische Lebensbilanz eines habgierigen, profitsüchtigen, soziopathischen Geschäftsmanns handeln können.
    Bei Judd junior sah es so ähnlich aus, nur ohne den Skandal und ein paar Nummern kleiner. Er wurde als habgieriger, profitsüchtiger und weitgehend erfolgloser Soziopath dargestellt.
    Virgil las außerdem einen Artikel über den Selbstmord von Mark Stryker, der sich nach einem Familienpicknick ereignet hatte, was bisher niemand erwähnt hatte. In dem Artikel stand jedoch, dass Stryker in den Skandal um die Jerusalem-Artischocke verwickelt gewesen war und fünfhundertzwanzig Hektar von seinem Farmland verkauft hatte, um die dadurch entstandenen Schulden zu bezahlen.
     
    Bei den Gleasons tauchte Anna aufgrund ihrer sechzehnjährigen Tätigkeit in der County Commission

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