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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Er ist im Augenblick ziemlich beschäftigt«, sagte der Mann.
    »Ich würde lieber jetzt mit ihm reden«, erwiderte Virgil. »Wenn ich den ganzen Scheißweg nach Bluestem zurückfahren muss, dann komme ich mit einem Durchsuchungsbefehl und fünf Deputys zurück, und dann nehmen wir hier alles auseinander.«
    »Dazu haben Sie keinen Grund.« Die Schrotflinte war da, aber der Mann hielt sie auf kein bestimmtes Ziel gerichtet; sie war einfach da.
    »Meinen Sie, das würde einen Richter von Stark County auch nur einen Dreck interessieren?«, fragte Virgil.
    Der Mann starrte ihn einen Augenblick an, als würde er die Geflogenheiten jedes Richters abwägen, dem er je begegnet war, dann sagte er: »Warten Sie hier.«
     
    Von der Straße aus war nicht zu erkennen gewesen, dass Feurs Haus und die Nebengebäude auf einem Hang standen, der sich weiter nach Osten erstreckte, aber jenseits der Straße nach Westen hin flacher wurde. Nach Norden und Süden hatte man eine endlos weite Aussicht, deshalb hatten sie Virgils Staubwolke praktisch von dem Moment an verfolgen können, als er vor fünf Meilen von der asphaltierten Landstraße abgebogen war.
    Als Virgil sich umblickte, bemerkte er die vielen Reifenspuren auf dem unbefestigten Platz neben dem Haus und das zerdrückte Gras ringsherum. Das erinnerte ihn an die Wiesen, die bei Volksfesten provisorisch als Parkplatz benutzt wurden. Auf dem Gelände mussten eine ganze Menge Autos und Trucks gestanden haben, und zwar alle zur gleichen Zeit. Ein Gebetsmeeting? Das Gebäude links von ihm, in dem sich eine Werkstatt befand, war eine aus dem Koreakrieg übrig gebliebene Nissenhütte aus Stahl. Einem Gewehr würde sie wahrscheinlich nicht standhalten, aber eine Pistolenkugel würde davon abprallen.
    Ein hölzerner Jesus, der von jemandem, der halbwegs geschickt mit einer Kettensäge war, aus dem Stumpf einer Pyramidenpappel geschnitzt worden war, starrte ihn quer über den Hof an. Er hatte einen Arm erhoben, als wolle er Feurs Unternehmen seinen Segen erteilen.
     
    Der Mann mit der Schrotflinte trat jetzt unbewaffnet auf die Veranda. »Kommen Sie rein«, sagte er.
    »Danke.« Virgil nickte ihm zu, stieg die drei Stufen zur Veranda hinauf, sagte: »Nach Ihnen«, und folgte dem Mann ins Haus.
    Feur saß in einer Ecke des Wohnzimmers auf einem Schaukelstuhl aus Holz, rauchte und trank etwas aus einer Porzellantasse, das wie Tee aussah. Er war ein kleiner Mann mit dunklen Augen, einem schwarzen Bart und einer fein geschnittenen, sonnenverbrannten Nase. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug blank geputzte schwarze Lederstiefel. In einem Film hätte er gut den Teufel spielen können. An den Wänden hingen zwei Bilder, beide zeigten einen schwarzhaarigen dunkeläugigen Jesus, einer davon hing am Kreuz.
    »Mr. Flower?«, sagte Feur. »Haben Sie einen Ausweis dabei?«
    Virgil nickte, nahm seinen Ausweis aus der Brusttasche und hielt ihn Feur hin. Dieser blickte darauf, ohne den Ausweis zu berühren, sagte: »Flowers«, und deutete dann mit dem Kopf auf eine Couch. »Setzen Sie sich. Sie sind nicht zufällig mit Rusty Flowers verwandt?«
    »Nein. Den Namen hab ich noch nie gehört«, sagte Virgil. Er setzte sich hin und hob sein Jackett so weit an, dass er sich nicht auf die Pistole setzte.
    »Bin mir nicht mal sicher, ob das tatsächlich der Name einer Person ist«, sagte Feur. Er war jünger, als Virgil erwartet hatte, vermutlich im gleichen Alter wie Stryker, also Mitte dreißig, doch sein faltiges Gesicht ließ ihn auf den ersten Blick zehn Jahre älter erscheinen. »Ich hab mal in Dubuque in Iowa auf einer Brücke gestanden, und da hab ich einen Schlepper mit Namen Rusty Flowers gesehen. Ich hab mich gefragt, ob es jemanden mit diesem Namen gegeben hat oder ob der Name einfach nur erfunden war.«
    Beide schwiegen einige Sekunden, dann fragte Feur: »Also, was wollen Sie?«
    »Sie haben vermutlich schon gehört, dass Bill Judd verbrannt ist«, sagte Virgil.
    »Das hab ich tatsächlich gehört«, erwiderte Feur, stieß seufzend etwas Rauch aus und zerdrückte die Zigarette in einem Aluminiumaschenbecher. »Er war ein schlechter Mensch, doch zu guter Letzt hat er sich dem Herrn genähert. Allerdings zu spät. Er hatte Jesus noch nicht akzeptiert, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Er war nicht bereit, diesen Schritt zu tun. Ich nehme mal an, das Feuer in Mr. Judds Haus war nur ein Vorgeschmack auf die Flammen, die er jetzt spüren wird.«
    »Damit kenn ich mich nicht aus«, sagte

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