Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
viel häufiger als ihr Mann in der Zeitung auf, und die Artikel über sie füllten eine ganze Schublade. In einigen davon wurde auch Judd erwähnt, doch dabei handelte es sich meist um routinemäßige Termine bei der County Commission, um über Änderungen in Bebauungsplänen oder Abwasserprobleme zu reden. Über Russell Gleason gab es auch einige Umschläge mit Artikeln, größtenteils aus den siebziger und achtziger Jahren, als er als Coroner tätig gewesen war, bevor diese Aufgabe von Gerichtsmedizinern übernommen wurde. In den meisten dieser Artikel kam er nur als derjenige vor, der jemanden für tot erklärte.
    Dann las er die Ausschnitte über Jim Stryker und Joan Carson. Über Joans Scheidung gab es drei längere Artikel, in denen allerdings nur stand, dass die Ehe nach fünf Jahren unheilbar zerrüttet war und der Richter die Einigung gebilligt hätte, die die Anwälte beider Seiten ausgearbeitet hatten. Alle interessanten Aspekte waren weggelassen worden.
    Sie wurde als »wohlhabende Farmerin« beschrieben, mit Wohnsitz in Bluestem und auf der Familienfarm. Virgil wusste, wo ihr Haus in der Stadt war, da er letzte Nacht dort auf der Veranda gestanden und sich um einen sanften, vorsichtigen und dennoch vielversprechenden Gutenachtkuss bemüht hatte, während er gleichzeitig versuchte hatte, sich ein Bild von der Frau zu machen.
    Nach einigem Suchen fand er auch etwas über die Laymons. Nichts über Margaret, aber Jesse war mal in Worthington wegen Besitzes einer kleinen Menge Marihuana festgenommen worden. Außerdem wurde sie als Zeugin einer Prügelei in einer Bar in Bluestem zitiert, bei der einem Mann alle Zähne ausgeschlagen worden waren. Der Mann hatte Klage erhoben, doch die Sache war nie vor Gericht gekommen.
    Und schließlich George Feur. Der tauchte nur im Computer auf, aber es gab immerhin fünfzehn Treffer, unter anderem einen Artikel von Williamson, der bestimmt fünftausend Wörter lang war.
    Beim Durchlesen der Artikel kam Virgil zu dem Schluss, dass Feur ein absolutes Arschloch war.
     
    Virgil verließ das Zeitungsarchiv und fuhr aus der Stadt heraus, zurück auf die I-90 Richtung Westen. Die Interstates 94, 90, 80, 40, 20 und 10 überzogen das Herz des Landes wie Gitarrensaiten, verbanden die Ostküste mit der Westküste, mit den Rocky Mountains als Steg. Die I-90 teilte sich einen Großteil ihrer Strecke mit anderen Interstates, aber von Tomah, Wisconsin, bis Billings, Montana, war sie allein. Virgil war das alles schon gefahren, und zwar mehr als einmal.
    Manche Leute fanden die Strecke tödlich langweilig, doch Virgil, der in der Prärie aufgewachsen war, gefiel sie, so wie Seeleute den Ozean lieben. Die Prärie rollte wie Wellen vorbei, mit kleinen Orten, die kurz auftauchten und wieder verschwanden, mit Farmen, Pick-ups und Leuten, die auf Pferden ritten, mit Büffeln, Antilopen und Präriehunden. Und Städten wie Süßwasserperlen, klein, jede anders und trotzdem alle gleich.
     
    Nicht dass er weit zu fahren hatte, nur eine Ausfahrt oder zwei.
    Feur wohnte eine Meile östlich der Grenze zu South Dakota, zehn Meilen nördlich der I-90 auf einem Gelände mit vier Metallschuppen und einem alten, weißen, viereckigen, mit Schindeln gedeckten Farmhaus, wie es typisch für den Maisgürtel ist, das leicht nach Südosten kippte und dringend hätte gestrichen werden müssen. Die Gebäude standen in einem Wäldchen aus Eichen, Eschen und Pyramidenpappeln und waren von steinigem Weideland umgeben.
    Die Zufahrtsstraße führte über einen Graben, in dem unten ein Rinnsal floss, und an einem Schild vorbei, auf dem GOTTES FÜNFZEHN HEKTAR stand, und darunter: BETRETEN VERBOTEN! Als er auf die unbefestigte kreisrunde Auffahrt vor dem Haus fuhr, trat ein junger Mann mit einer Schrotflinte auf die Veranda.
    »O Mann«, sagte Virgil. Er war immer noch weit genug entfernt, um halbwegs unauffällig unter dem Sitz nach seiner Pistole greifen zu können, zog sie hervor und legte sie auf den Sitz neben sich. Als er anhielt und parkte, nahm er die Waffe und schob sie in seine Jackentasche.
    Noch während er aus dem Truck stieg, rief der Mann mit der Schrotflinte: »Wer sind Sie?«
    »Virgil Flowers, Staatskriminalamt Minnesota. Ich muss mit Reverend Feur sprechen.«
    »Haben Sie einen Termin?«, fragte der Mann. Er war etwa fünfundzwanzig und hatte den verschlagenen Gesichtsausdruck von jemandem, der in seiner Kindheit Hunger gelitten hatte.
    »Nein.«
    »Können Sie vielleicht ein andermal wiederkommen?

Weitere Kostenlose Bücher