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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Klärung der Erbschaftsfrage mit einbezogen zu werden. Margaret hat gesagt, dass Jesse zu einem DNA-Test bereit ist.«
    »Wo bist du jetzt?«, fragte Virgil.
    »Auf dem Weg zurück ins Büro.«
    »Hängt dein Herz noch in der Hose?«
    »Ich wünschte, ich hätte dir das nicht erzählt«, sagte Stryker. »Du wirst das in der ganzen Stadt verbreiten. Allerdings hab ich dich wegen Joanie in der Hand.«
    »Hör zu. Ich komme gerade von Feur, von dort gibt es nicht viel zu berichten. Ich bin jetzt in der Nähe der I-90. Also sag mir, wo ich die Laymons finden kann. Und gib mir ihre Telefonnummer.«
     
    George Feurs Bereitschaft, auf die Bibel zu schwören, und das in dieser Ausführlichkeit, hatte Flowers beeindruckt. Feur haftete der üble Geruch von Fanatismus an, und religiöse Fanatiker, was immer man sonst über sie sagen mochte, nahmen das Wort Gottes nicht auf die leichte Schulter. Interessant war jedoch, dass er die Gleasons angeblich nicht gekannt hatte. Das ließ sich allerdings überprüfen.
     
    In dem kleinen Städtchen Roche hatte es mal eine Bar und einen Lebensmittelladen mit einer Tankstelle gegeben. Nun gab es dort zwei leer stehende, unverkäufliche alte Geschäftsgebäude, die allmählich zerfielen, sowie ein Dutzend weiterer Häuser, einige gut gepflegt, andere nicht. Gärten mit Blumen neben ungeschnittenen Grasflächen, Weinlauben und alte Drahtzäune, rostige Schaukelgestelle und ein nagelneues Baumhaus, ein eingestürzter Hühnerstall und herrenloses landwirtschaftliches Gerät aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts - das alles am Ufer des Billie Coulee, eines Flüsschens, das nur zu bestimmten Zeiten Wasser führte und in den Stark River mündete.
    Ein weißer Hund mit Schlappohren saß mitten auf der Straße, als Virgil in den Ort kam, zwanzig Minuten nachdem er mit Stryker telefoniert hatte. Der Hund beschnupperte die Vorderseite von Virgils Truck, merkte, dass der Wagen niemandem im Ort gehörte, und trottete zur Seite, mit einem Auge wachsam nach Ärger Ausschau haltend.
    Das Haus der Laymons lag auf der linken Seite der Hauptstraße, ein weißes, anderthalbstöckiges Schindelhaus, das von seinem dunklen Dach fast erdrückt wurde, mit einem gemauerten Schornstein auf einer Seite und einer schmalen Veranda mit einer weiß angestrichenen Brüstung. Auf der Brüstung standen orangefarbene Tontöpfe mit Geranien, und neben der Treppe wuchsen Malven. Weiter hinten auf dem Grundstück stand eine riesige Pyramidenpappel, die zwei kleinere Apfelbäume überragte.
    Auf einer Seite des Hauses war ein Gemüsegarten angelegt. Er wirkte gepflegt, offenbar wurde das Unkraut regelmäßig gejätet. Die Blätter des Zuckermaises wurden an den Rändern langsam welk, die Stängel hatten einen seidigen Braunton, und die Kolben waren reif. Außerdem gab es vier Reihen Kartoffeln, jeweils im Abstand von einem halben Meter, und um den Mais herum wuchsen Gurken und Kürbisse. Das Ganze wurde von Ringelblumen eingefasst, die, wie Virgil vermutete, wohl irgendwelche Käfer abwehren sollten.
    Seine Eltern machten es jedenfalls genauso; sie pflanzten jedes Jahr Gemüse an und umgaben es mit Ringelblumen.
    Virgil parkte und stieg aus dem Auto. Der weiße Hund bellte ihn an, aber nur einmal, dann wedelte er zögernd mit dem Schwanz. Virgil grinste ihn an. Er mochte zwar ein Wachhund sein, aber keiner, vor dem man hätte warnen müssen. Eine blonde Frau trat auf die Veranda des Hauses. Sie war büromäßig gekleidet mit schwarzer Hose und weißer Bluse. »Sie müssen Mr. Flowers sein«, sagte sie.
     
    Mutter und Tochter sahen sich nicht sehr ähnlich. Margaret, die Frau, die ihn auf der Veranda begrüßt hatte, war Mitte fünfzig, schätzte Virgil, und trug typische Bürokleidung aus dem Kaufhaus. Sie war etwa einssiebzig groß, ein bisschen zu schwer, hatte einen großen Busen, kurze, stark gesträhnte Haare und trug eine Brille mit Plastikgestell. Ihr Gesicht war von feinen Linien durchzogen, als wäre sie viel an der frischen Luft gewesen. Für ihr Alter war sie immer noch attraktiv.
    Ihre Tochter war beinahe das komplette Gegenteil: lange dunkle Haare, fast schwarze Augen, schlank, mit hohen Wangenknochen und einem kantigen Kinn. Sie trug Jeans, Cowboystiefel und ein einfaches weißes T-Shirt. Ihre Ohren waren gepierct, und sie trug silberne, mondsichelförmige Ohrringe. Sie wartete im Wohnzimmer neben einem alten Klavier. Eine elektrische Gitarre, angeschlossen an einen Übungsverstärker, lehnte daran.

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