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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Auf den Fensterbänken standen Töpfe mit Usambaraveilchen.
    Virgil blieb einen Moment im Wohnzimmer stehen und blinzelte in das düstere Licht. »Hi. Mögen Sie Rock’n’ Roll?«, fragte Jesse.
    »O ja«, sagte er. Er erkannte sie wieder. Sie war in der Brandnacht am Haus von Bill Judd senior gewesen. Da hatte sie eine Bierdose in der Hand gehabt.
    »Er sieht wie ein Surfer aus, findest du nicht?«, sagte Jesse zu ihrer Mutter.
    »Er ist Polizist«, erwiderte ihre Mutter nüchtern. »Das solltest du lieber nicht vergessen.«
    »Polizeibeamte müssen auch ficken«, sagte Jesse und ließ sich auf ein abgewetztes Sofa plumpsen. »Denn wenn sie es nicht täten, wo sollten wir dann die ganzen schnuckeligen Typen herkriegen, die zu den Monstertruck-Rallyes gehen?«
    »Jesse!«, sagte ihre Mutter.
    »Danke«, sagte Virgil. Jesse provozierte ihre Mutter bewusst mit ihrer leicht ordinären Ausdrucksweise. Diese tat so, als sei sie schockiert, war es aber nicht. Offenbar handelte es sich um ein altes Spielchen zwischen Mutter und Tochter. »Sollte ich jemals kleine Schnuckelchen haben, werd ich eins von ihnen Jesse nennen.«
    Sie lachte und fragte: »Möchten Sie’ne Pepsi?«
    »Nein danke, ich möchte nur plaudern«, sagte Virgil.
    »Auch gut. Gerade hat jemand von der Zeitung angerufen, und morgen früh wird es jeder zwischen Fairmont und Sioux Falls wissen.«
     
    Ihre Mutter hatte gearbeitet, als Judds Anwesen abbrannte, und konnte sich nicht erinnern, wo sie gewesen war, als die Gleasons ermordet wurden. Jesse war auf dem Weg zu einer Bar in Bluestem gewesen und hatte das Feuer auf dem Hügel gesehen sowie diverse Trucks, die den Parkplatz der Bar verließen und den Hügel hinauffuhren.
    »Reicht das?«, fragte Jesse.
    »Wenn Sie noch gar nicht in der Bar waren, wo hatten Sie dann das Bier her, das Sie auf dem Parkplatz in der Hand hatten?«
    Sie deutete mit dem Kopf Richtung Küche. »Aus dem Kühlschrank.«
    »Also sind Sie einfach hochgelaufen, um sich das Feuer anzusehen?«
    »Natürlich«, erwiderte sie. »Was glauben Sie denn? Haben Sie je in einer Kleinstadt gewohnt?«
    »Hab ich, und ich weiß, was Sie meinen«, sagte er.
     
    »Diese Leute, die ermordet worden sind, die Gleasons und Bill Judd, die waren im gleichen Alter und zumindest irgendwie befreundet«, sagte Virgil an Margaret gewandt. »Ich frage mich, ob da vor langer Zeit irgendetwas passiert ist, was erst jetzt rauskommt. Etwas, worüber sich irgendwer vor dreißig bis vierzig Jahren furchtbar aufgeregt hat und was jetzt zu diesen Morden geführt hat.«
    Jesse sah ihre Mutter an, und Margaret zuckte mit den Schultern. »Ich hatte eine ziemlich heiße Affäre mit Bill Judd, aber das Einzige, was dabei rausgekommen ist, ist dieses Mädchen …« Sie nickte Jesse zu. »Ich hab sie vom ersten Tag an geliebt. Während der ersten achtzehn Jahre hat Bill mir jeden Monat einen Scheck geschickt, um für ihren Unterhalt zu sorgen, also kann ich mich in dieser Hinsicht auch nicht beklagen.«
    »Waren Sie nicht sauer, dass er Sie nicht geheiratet hat?«
    »Er hat mich nie gefragt, was ja nur höflich gewesen wäre, aber ich hätte es eh nicht getan«, sagte Margaret. »Man konnte zwar seinen Spaß mit ihm haben, aber er war fünfundzwanzig Jahre älter als ich, und er konnte manchmal ein mieser Dreckskerl sein. Ich meine, echt gewalttätig.«
    »Wie lange waren Sie mit ihm zusammen?«
    »Ach … ein Jahr oder so. Aber ich war für ihn nicht die Einzige. Er hat alles gebumst, was er in die Finger kriegen konnte.« Sie lächelte, dann neigte sie den Kopf zur Seite und fragte: »Haben Sie schon mit seiner Schwägerin gesprochen? Die könnte Ihnen vielleicht was von damals erzählen.«
    »Ich wusste nichts von einer Schwägerin. Wie heißt sie?«
    »Betsy Carlson«, sagte Margaret. »Die Schwester seiner Frau. Sie lebt seit, oje, zwanzig oder dreißig Jahren in einem Pflegeheim. Ich glaube, das hat Bill auch bezahlt.«
    »Sie sind irgendwie im Zusammenhang mit Bumsen auf seine Schwägerin gekommen«, sagte Virgil. »Lief da irgendwas zwischen den beiden?«
    »Ja«, sagte sie ohne Umschweife.
    »Bevor seine Frau gestorben ist oder hinterher?«, fragte Virgil.
    »Wenn Sie meine Meinung hören wollen, dann würd ich sagen, bevor er seine Frau geheiratet hat, während der Ehe und hinterher«, antwortete Margaret.
    »Woran ist seine Frau gestorben?«
    »Herzinfarkt«, sagte sie. »Mit zweiunddreißig.«
    »Sind Sie sicher, dass es ein Herzinfarkt war? Sie haben doch

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