Blinder Hass
Teufel ist der Mann im Mond?«
»Wenn wir zusammen mit meiner Mom zu Betsy Carlson fahren, würde sie vielleicht was rauskriegen«, sagte Joan.
»Das könnten wir machen«, sagte Virgil. »Meinst du, sie kommt mit?«
»Die Frage ist, ob sie dich noch mal reinlassen. Die werden wahrscheinlich nicht sehr glücklich sein, dich wiederzusehen, wenn Betsy nach deinem letzten Besuch völlig verstört war.« Sie stand auf, wischte über ihren Hosenboden und gähnte. »Wir müssen zurück, bevor es dunkel wird. Ich muss noch meine Lohnaufstellung für morgen machen.«
Er ließ sie allein in ihrem Haus in der Stadt, nachdem sie noch zwei Minuten auf der Veranda verbracht hatten. Sie bot ihm eine Tasse Kaffee an, doch er musste noch ein paar Online-Recherchen erledigen, und sie hatte ihre Lohnaufstellung zu machen. »Hast du morgen Abend Zeit?«, fragte Virgil. »Wir könnten vielleicht nach Marshall fahren und in ein Lokal gehen, wo es Kerzen und Wein gibt.«
»Das wäre schön.«
»Und ruf deine Mom an«, sagte Virgil. »Frag, ob sie mit nach Sioux Falls kommt, um mit Betsy zu reden.«
»In Ordnung.« Sie blickte in die Abenddämmerung hinaus, auf die Häuser mit den großen Gärten. Nicht weit von ihnen war das Lachen eines Kindes zu hören, und die ersten Glühwürmchen schwirrten durch die Luft. »Was für ein wunderschöner Abend«, sagte sie. »Wenn es in Minnesota das ganze Jahr wie im Juli wäre, müsste man einen Zaun drum herum bauen, damit nicht alle herkämen.«
In dieser Nacht schrieb Virgil auch noch ein bisschen an seinem Roman. Er erfand Figuren namens Joan und Jim Stryker und sich selbst, den er Homer nannte. Homer sah ungeheuer gut aus und war natürlich gut bestückt, was vielleicht im Laufe der Geschichte noch eine Rolle spielen könnte. Er lächelte im Schein des Computerbildschirms, während er darüber nachdachte. Doch wie auch immer er das in die Story einfügen würde, es sollte humorvoll sein.
Er schrieb:
Homer hatte das Gefühl, als würde alles auf die Strykers hindeuten. Doch wenn die Strykers in die Morde verwickelt waren, warum sollten sie dann Homer herholen? Sie mussten doch über Homers Aufklärungsrate in Mordfällen Bescheid wissen. Wenn Jim Stryker weiter die Ermittlungen leitete, liefe er zwar Gefahr, eine Wahl zu verlieren, aber das wäre doch bei weitem nicht so schlimm, wie dreißig Jahre in Bayport im Hochsicherheitstrakt zu sitzen.
Die Idee mit der Abtreibung war nicht von der Hand zu weisen, und Abtreibung wäre für Feur natürlich ein wichtiges Thema. Die gottlosen kommunistischen Feministinnen mit ihren Kleiderbügeln, die es auf unsere Jungfrauen abgesehen hatten. Wäre es denkbar, dass irgendein Anhänger von George Feur die Gleasons umgebracht hatte und ihm dann bei einem Treffen der Feur-Gruppe mit Judd eine Bemerkung darüber herausgerutscht war? Dass er irgendetwas gesagt hatte, was Judd veranlasst hatte, einzugreifen oder gar mit einer Anklage zu drohen? Wenn das der Fall war, wie sollte Homer angesichts des Fehlens von direkten Beweisen diese Person je finden?
Homer lag auf seinem Bett, die Hände hinterm Kopf verschränkt - alle vier Kissen hatte er auf den Fußboden geworfen -, und dachte über den Mann im Mond nach. Und darüber, wer Jerry sein mochte. Jerry war wegen des Mannes im Mond da gewesen … Und über Sex. Da der ehemalige Leiter des Postamts ja offenbar nicht in der Stadt herumschlich, war es dann möglich, dass einer der anderen Sexpartner den Verstand verloren hatte? Andererseits könnte es natürlich doch eine religiöse Sache sein, provoziert von Feur.
Anna Gleason … Was hatte sie damals getrieben? Mit Judd geschlafen? Sie waren schließlich im selben Alter …
Verdammte Laptop-Tastatur. Ständig vertippte er sich. Er schaltete den Computer aus, ging ins Bett, dachte seine üblichen zwei Minuten an Gott, dachte weitere zehn Sekunden über die ständige Vertipperei nach und darüber, wo er in dieser Kleinstadt eine neue Tastatur bekommen könnte, und schlief dann rasch ein.
ACHT
Moonie legte sich mit ein bisschen Gras im Garten hinter seinem Haus ins Gras, blies Rauch in den Himmel, beobachtete, wie der Große Wagen im Schein der Milchstraße herumfuhr, und dachte dabei über das Problem nach.
Die Zahl der notwendigen Morde wuchs. Das war kein emotionales Problem, doch das Risiko war größer geworden. Und Moonie kannte sich mit Risiken aus.
Zwei der noch zu erledigenden Morde, Jerry Johnstone und Roman Schmidt, waren eine
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