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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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er auf über dreißigtausend Schecks, so viele, dass er einfach nicht die Zeit hatte, sie durchzuarbeiten. Aber zwischen 1970 und 1985 waren keine Schecks über 547 Dollar eingegangen. Nichts wies darauf hin, dass Roman Schmidt Judd je einen Scheck ausgestellt hatte. Genauso interessant war, dass er während der gesamten Dauer des Jerusalem-Artischockenbetrugs wenig Veränderungen bei Judds Einkommen oder Ausgaben feststellen konnte. Es musste noch weitere Konten geben, von denen er nichts wusste. Er würde mit Sandy sprechen, Davenports Rechercheassistentin, mal sehen, was sie in den staatlichen Firmenunterlagen finden konnte …
     
    Die Suche bei den Gleasons ergab wieder nichts.
     
    Als Virgil die Bank verließ, war es ein Uhr und einer der schönsten Tage des Jahres, sehr warm mit einer leichten Brise und bereits den typischen Gerüchen des nahenden Augusts in der Luft. Er nahm sein Handy und rief Joanie an. »Ich hatte den Eindruck, dass du leicht sauer auf mich warst, als ich dich abgesetzt habe«, sagte er. »Kann das sein?«
    »Ein bisschen, aber ich hab mich wieder eingekriegt«, erwiderte sie. »Eigentlich war ich mehr überrascht als alles andere. Aber nachdem ich drüber nachgedacht hab, überrascht es mich gar nicht mehr.«
    »Hm. Hättest du Lust, heute Abend zur Farm rauszufahren? Um den Pool und den Wasserfall zu erkunden?«
    »Vielleicht, wenn du’s geschickt angehst«, sagte sie.
    »Wie soll das aussehen?«
    »Fahr bei Ernhardt’s vorbei und kauf uns eine Lunch-Box und ein Sixpack. Oder eine Dinner-Box. Dann machen wir Picknick, und ich brauch nichts zu kochen.«
    »Abgemacht«, sagte Virgil. »Ich hab noch’ne Frage: Gibt es in Bluestem ein Bestattungsinstitut?«
    »Klar. Johnstone’s. Im Westen der Stadt, in der Nähe des Friedhofs. Wenn du über die Fifth Street fährst, kommst du automatisch dran vorbei.«
    »Meinst du, dass die noch Unterlagen haben könnten, die bis in die siebziger Jahre zurückreichen?«
    »Tja, Gerald Johnstone lebt noch. Der muss das schon in den fünfziger Jahren gemacht haben. Sein Sohn Oliver führt zwar jetzt den Laden, aber Gerald ist noch ganz klar im Kopf. Er wohnt in der Nähe der Gleasons. Ungefähr sechs Häuser weiter auf der linken Seite. Direkt am Rand der Schlucht. Seine Frau heißt Carol.«
    »Hm.« Betsy Carlson, die alte Frau im Pflegeheim, hatte gesagt, dass »Jerry« in der Nacht des Mannes im Mond da gewesen war.
    »Er hat es ganz bestimmt nicht getan«, sagte Joan. »Er ist zwar noch helle, aber ich bezweifle, dass er eine Vier-Liter-Packung Milch hochheben kann, geschweige denn einen Toten.«
    »Okay … Was für Sandwiches?«
     
    Virgil ging zu Ernhardt’s Café hinüber, bestellte eine Lunch-Box, Roastbeef auf Sauerteigbrot mit Senf und süßen Zwiebeln, ein Pfund Kartoffelsalat mit Blauschimmelkäse, ein Sixpack Amstel, zwei Plastikteller und zwei Plastikbestecke. Die Frau hinter der Theke sagte, er könne es in zehn Minuten haben oder irgendwann vor sechs Uhr abholen. Er erklärte, er wäre um fünf wieder da, lieh sich ihr Telefonbuch und schlug die Adresse von Gerald Johnstone nach.
     
    Johnstone wohnte in einem mit Redwood-Schindeln verkleideten Ranchhaus mit einem von außen ebenerdig zugänglichen Keller auf der Seite der Schlucht, einer Terrasse mit Blick auf die Stadt und einer Garage für drei Autos. Eine Sprinkleranlage bewässerte den unnatürlich grünen Rasen, als Virgil in die Einfahrt fuhr. Er umging die sich überlappenden nassen Stellen auf dem Weg zur Haustür, duckte sich unter einem Windspiel hindurch und klingelte.
    Einen Augenblick später sprach ein älterer Mann mit fahlem Gesicht und misstrauischer Miene durch ein Fliegenfenster auf der Veranda. »Wer sind Sie?«
    Virgil hielt seinen Ausweis hoch. »Virgil Flowers, Staatskriminalamt. Ich würde mich gern ein paar Minuten mit Ihnen unterhalten, Mr. Johnstone.«
    Johnstone schloss die Innentür auf und öffnete die Fliegentür. Er war weit über achtzig, schätzte Virgil, groß, viel zu dünn, hatte zittrige Hände und blaue Augen, die zu erblinden schienen. Sein Schädel war kahl bis auf ein paar silbrig-weiße Haarsträhnen, die er darübergekämmt hatte. »Normalerweise schließen wir nicht alles ab«, sagte er. »Aber meine Frau ist ziemlich nervös wegen dieser Morde. Lauter alte Leute wie wir.«
    In dem Moment, als er das sagte, rief eine Frau von hinten: »Jerry? Wer ist da?«
    »Polizei«, rief er zurück.
    Als Virgil eintrat, kam sie mit einem Stapel frisch

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