Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
Zeit. Er hätte sich geißeln können für seine Feigheit, die ihn so lange davon abgehalten hatte, eine Neue zu holen. Mit diesem Anblick vor Augen konnte er nicht verstehen, wie er sich all die Jahre mit völlig unbefriedigenden Verhältnissen hatte abfinden können. Dieses Alter hier war ideal.
    Zuerst lief ein leichtes Zittern von ihren Schultern bis in die Fußspitzen, dann begannen ihre Lider zu flattern, die Stirn zog sich in Falten. Schließlich schien sie zu begreifen und riss die Augen weit auf.
    Schöne Augen, und doch so nutzlos.
    Warum dieses Aufreißen, wenn es ihr doch nicht weiterhalf?
    Sie stemmte die Hacken in den Waldboden, drückte sich mit den Händen hoch und schob sich rücklings gegen den Baumstamm. Dann zog sie die Beine eng an den Körper und schlang ihre Arme um die Knie. Das tat sie in einer fließenden Bewegung, anmutig und graziös, wie es nur Mädchen in ihrem Alter konnten.
    Sein Atem wurde schneller, die Erregung stärker.
    »Komm, meine Kleine«, flüsterte er so leise, dass nur er es hören konnte, »lass mich dich jagen.«
    Aber das schien sie nicht zu wollen, noch nicht. Anders als die blinden Mäuse, Frösche und Kaninchen, die er regelmäßig dieser Situation aussetzte, geriet das Mädchen nicht in heillose Panik. Sie blieb still sitzen, als wüsste sie instinktiv, dass sie damit für ihren Feind unsichtbar oder zumindest uninteressant war. Sie hielt die Augen jetzt geschlossen, hatte das Kinn ein wenig nach oben gereckt, ihre Nasenflügel blähten sich auf, zogen sich zusammen, blähten sich auf. Sie nahm ihre Umgebung durch ihren Geruchssinn wahr. Wahrscheinlich
konnte sie damit ebenso gut »sehen« wie er. Nur ganz leicht bewegte sie dabei den Kopf von rechts nach links.
    So blieb ihm zunächst Zeit, sie genau zu betrachten. Ihre perfekte Haut, die wundervoll geschwungenen Lippen, die zarten Ohren, die wie ein Teppich auf Wangenknochen und Nasenrücken liegenden Sommersprossen. Vor allem aber ihr erstaunlich kräftig leuchtendes, kupferrotes Haar. Mit ein wenig Sonnenlicht darauf verwandelte es sich in eine Signalfarbe, die ein Jäger wie er schon von Weitem wahrnehmen konnte. Er beglückwünschte sich zu seinem Fang. Mit ihr hatte er wirklich ein außergewöhnlich schönes Exemplar erwischt, schöner noch als die Erste, die gröber und weniger anmutig gewesen war. Er freute sich auf die kommende Zeit mit ihr, malte sich schon jetzt aus, wie sie sich durch das Unterholz bewegen, wie sie flüchten, sich wehren und doch erliegen würde.
    Sie regte sich erneut, nahm die Arme herunter und streckte die Beine aus.
    Entweder war ihr die Position unangenehm geworden, oder sie hatte etwas gehört oder gespürt. Irgendwas krabbelte immer auf dem Waldboden herum. Mit einem Ruck stand sie auf. Viel zu schnell. Sie taumelte, suchte mit den Händen nach Halt, fand keinen und plumpste mit ihrem Hintern auf den morschen Baumstamm. Sofort sprang sie wieder auf, schwankte erneut, hielt sich aber auf den Beinen.
    Er ließ seinen Blick ganz langsam über diesen perfekten kleinen Körper gleiten, nahm jede Kurve, jede sanfte Erhebung, jedes Zittern und Flattern überdeutlich wahr, ergötzte sich daran und fühlte, wie er schmerzhaft hart wurde. Automatisch glitt seine Hand in seinen Schritt und begann zu reiben.

    Das Mädchen setzte jetzt langsam und vorsichtig einen Fuß vor den anderen, während ihre Hände den leeren Raum vor ihr erkundeten. Er konnte seine Augen nicht von ihr nehmen, wollte es auch gar nicht, viel zu lange war er ohne solche Anblicke ausgekommen. Er war so durstig danach, als hätte er einen langen Fußmarsch durch eine sengende Wüste hinter sich. Ein kleiner Schluck reichte nicht, er musste alles haben, musste sich satt sehen.
    Seine Augen quollen hervor, während seine Hand immer schneller arbeitete. Obwohl die Jagd noch gar nicht begonnen hatte, und das Beste noch bevorstand, konnte er nicht innehalten. Zeit lassen konnte er sich all die anderen Male, die noch kommen würden.
    Sein Atem raste.
    Seine Hand arbeitete fieberhaft.
    Sein Körper begann zu zucken.
    Unten suchte das kleine blinde Mädchen fast starr vor Angst einen Weg hinaus, geriet aber mit jedem zaghaften Schritt tiefer in die Hölle.

6
    Die Bleistiftspitze kratzte über Papier, schraffierte hier ein bisschen, dort ein wenig, zog ein paar Linien und Kanten.
    Gedankenverloren betrachtete Franziska die Zeichnung auf ihrer großen Schreibtischunterlage. Aus dem Gedächtnis hatte sie den Gebäudeflügel

Weitere Kostenlose Bücher