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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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das Programm ausgespuckt hat.«

7
    Feuer! Feuer!
    Die gesamte Schultermuskulatur brannte, schrie, bettelte um Gnade, doch Max Ungemach ließ nicht nach. Den Blick starr nach vorn gerichtet, die Zähne zusammengebissen, ignorierte er den Schmerz und rief sich in Erinnerung, was Kolle ihm eingeimpft hatte. Wer denkt, er kann nicht mehr, hat erst die Hälfte seines Potenzials ausgeschöpft. Also weiter. Schlag um Schlag. Wer zwölf Runden im Ring durchstehen will, muss doppelt so lang Seilspringen können. Schweiß lief ihm in die Augen, verschleierte seinen Blick.
    Tacktacktack.
    Immer wieder schlug das plastikummantelte Stahlseil vor
ihm auf den Boden. Immer wieder glitt es unter seinen nur wenige Zentimeter angehobenen Füßen hindurch. Max steigerte das Tempo noch. Er spürte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Selbst wenn er seinen Kopf bezwingen konnte, so galten doch auch für ihn die Gesetze der Biochemie. Seine Muskeln übersäuerten, und diesen Schmerz hielt niemand lange aus.
    Noch ein bisschen schneller, noch ein bisschen!
    Das Seil sirrte durch die Luft, wurde unsichtbar, machte sich nur noch durch das Aufschlagen auf dem Boden bemerkbar. Tacktacktack. Max zwang sich zu den letzten paar Umdrehungen, zwang sich in einen Bereich der körperlichen Erschöpfung, in den die meisten Menschen niemals vordrangen.
    Aber dann war auch für ihn Schluss!
    Aus voller Umdrehung ließ er das Seil zu Boden knallen, blieb noch einen Augenblick mit verzerrtem Gesicht stehen und sackte dann auf die Knie. Seine Schultern fühlten sich an, als hätten sie sich vom Rest des Körpers getrennt und schwebten nun ein gutes Stück daneben. Schweiß rann in Strömen sein Gesicht hinab und tropfte auf den staubigen Hallenboden. Schwer atmend, die Hände auf die Oberschenkel gestützt, hockte Max da und ließ die Wellen des Schmerzes abebben.
    Langsam beruhigte sich seine Atmung, der Puls sackte relativ schnell wieder in den normalen Bereich ab. Er fühlte sich gut! Vor zwei Tagen erst war der Kampf in La Spezia gewesen, und eigentlich hätte er sich noch eine Weile ausruhen und es mit dem Training ein wenig ruhiger angehen lassen können, doch das hatte er nicht gewollt. Es ruhiger angehen zu lassen bedeutete, Zeit zum Nachdenken zu haben,
und die brauchte er nicht. Was während des Kampfes gegen den Hünen de Martin passiert war, war eben passiert, was nützte es, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Wer konnte schon zu jeder Zeit seine Gedanken kontrollieren? Und wenn überhaupt jemand das Recht hatte, hin und wieder von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden, dann war er das. Viele andere hätten ein solches Trauma niemals überwunden.
    Mühsam erhob Max sich vom Hallenboden, nahm das Handtuch vom Stuhl neben sich und trocknete sich das Gesicht ab. Dann trank er von der Apfelschorle und ließ dabei seinen Blick durch die Halle gleiten.
    Heute früh war nicht viel los. Nur Kevin und Tarek waren schon da. Die beiden hatten momentan keinen Job und deshalb alle Zeit der Welt für ihr Training. Zumindest nutzten sie diese Zeit auch dafür, statt auf der Straße abzuhängen. Die beiden waren schlank, muskulös und groß, und Disziplin hatten sie auch. Irgendwelche Spinner, denen es nur darum ging, auf der Straße austeilen zu können, hätte Kolle ohnehin nicht aufgenommen. Ehrgeiz und Muskeln nützten aber kaum etwas, wenn das Talent fehlte, und zumindest was Kevin anging, hatte Max seine Zweifel. Dem Jungen fehlte die Härte. Er hatte weiche Züge, seine Augen wirkten stets freundlich, und noch nie hatte Max ihn richtig laut schreien hören. Da war kein Killerinstinkt! Und den brauchte man einfach, um jemandem wieder und wieder ins Gesicht zu schlagen.
    Tarek unterbrach sein Schattenboxen. »Wie viele waren es, Max?«
    »Dreitausendundzwei.«
    »Shit, da komme ich nie ran!«

    »Immer am Ball bleiben«, munterte Max ihn auf. Zwischen ihnen lief ein Wettbewerb darüber, wer die meisten Umdrehungen beim Seilspringen schaffte. Tarek war noch knapp unter zweitausend. »In spätestens einem Jahr hast du mich.«
    »So lange noch!«
    »Klar! Es sei denn, ich binde mir ab jetzt beim Springen ein Bein hoch.«
    Tarek grinste, zeigte ihm den Mittelfinger und widmete sich wieder dem Schattenboxen.
    Hinter sich hörte Max ein charakteristisches Klappern. Es entstand immer dann, wenn Kolle die Tür zu seinem kleinen Büro aufriss und dabei die Alu-Jalousie gegen das Glas schlug.
    Max drehte sich um. Kolle stand in der geöffneten Tür,

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