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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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weil ich am liebsten allein arbeite.« Sie zündete sich eine Zigarette an.
    »Ich mache ein Inventar der Verletzungen, und die Polizei erzählt die dazugehörige Geschichte. Wenn es ihr beliebt. Wenn es sich um einen heiklen Fall handelt, spreche ich persönlich mit dem Richter, und vielleicht bekomme ich, was ich brauche, vielleicht auch nicht. Wenn ich darum bitte, Analysen in einem Labor durchführen zu dürfen, wird mir das bisweilen verweigert.
    Verstehen Sie?«
    »Dann besteht Ihre Arbeit in gewissem Sinn nur darin, die Todesursache herauszufinden«, sagte ich.
    Sie nickte. »Für jeden Fall erhalte ich vom Richter den Auftrag, die Todesursache festzustellen, das ist alles.«
    »Dann ermitteln Sie also nicht wirklich.«
    »Nicht so, wie Sie es tun. Nicht wie ich es gern möchte«, sagte sie und blies Rauch aus. »Wissen Sie, das Problem in Frankreich ist, dass die Richter unabhängig sind. Ich kann nur dem Richter berichten, der mich berufen hat, und nur der Justizminister kann ihm einen Fall entziehen und einem anderen Richter zuweisen.
    Wenn es Schwierigkeiten gibt, steht es nicht in meiner Macht, dagegen vorzugehen. Der Richter verfährt mit meinem Bericht, wie es ihm beliebt. Wenn ich sage, dass es sich um Mord handelt, und er anderer Meinung ist, dann ist es eben so. Es ist nicht mein Problem. So ist das Gesetz.«
    »Er kann Ihren Bericht verändern?« Die Vorstellung empörte mich.
    »Natürlich. Ich bin allein und habe alle anderen gegen mich. Vermutlich geht es Ihnen ähnlich.« Ich wollte nicht darüber nachdenken.
    »Es ist mir durchaus bewusst, dass es schlimme Folgen haben könnte, besonders für Sie, wenn jemand erfährt, dass wir miteinander reden -« setzte ich an.
    Sie hob die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. Die Tür wurde geöffnet, und dieselbe junge Frau, die mich zu ihr gebracht hatte, kam herein mit einem Tablett mit Kaffee, Sahne und Zucker. Dr. Stvan dankte ihr und sagte noch etwas auf Französisch, das ich nicht verstand. Die Frau nickte, ging wieder hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    »Ich habe sie gebeten, keine Telefongespräche durchzustellen«, sagte Dr. Stvan. »Ich muss Ihnen sofort erklären, dass der Richter, der mich berufen hat, jemand ist, den ich sehr respektiere.
    Aber auch auf Richter wird Druck ausgeübt, wenn Sie verstehen, wovon ich spreche. Von höherer Stelle als dem Justizminister. Ich weiß nicht, wo der Druck seinen Ursprung hat, aber in diesen Fällen wurden keine Labortests durchgeführt. Und deswegen wurden Sie geschickt.«
    »Geschickt? Ich dachte, Sie wollten, dass ich komme.«
    »Wie trinken Sie Ihren Kaffee?«, fragte Dr. Stvan.
    »Wer hat Ihnen gesagt, dass ich geschickt wurde?«
    »Jedenfalls sind Sie gekommen, um mir meine Geheimnisse abzunehmen, und ich werde Sie Ihnen nur allzu gern mitteilen.
    Trinken Sie ihn mit Zucker und Sahne?«
    »Schwarz.«
    »Als die Frau in Richmond ermordet wurde, hieß es, dass man Sie herschicken würde, wenn ich mit Ihnen spräche.«
    »Sie haben also nicht darum gebeten, dass ich komme?«
    »Ich würde nie um so etwas bitten, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass mir so eine Bitte erfüllt würde.«
    Ich dachte an den privaten Jet, die Concorde und den ganzen Rest.
    »Können Sie eine Zigarette erübrigen?«, fragte ich. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht gefragt habe. Ich wusste nicht, dass Sie rauchen.«
    »Ich rauche auch nicht. Nur im Ausnahmefall. Der jetzt ein Jahr andauert. Wissen Sie, wer mich geschickt hat, Dr. Stvan?«
    »Jemand, der genügend Einfluss hat, um sofort das Nötige zu veranlassen. Mehr weiß ich nicht.«
    Ich dachte an Senator Lord.
    »Das, was Loup-Garou mir gebracht hat, hat mich zermürbt. Acht Frauen bis jetzt«, sagte sie, starrte ins Leere mit einem glasigen, schmerzerfüllten Blick. »Was kann ich tun, Dr. Stvan?«
    »Es gibt keine Beweise, dass sie vaginal oder anal vergewaltigt wurden. Ich habe Abstriche von den Bisswunden gemacht, sehr merkwürdige Bisswunden mit fehlenden Backenzähnen, Ocklusion und winzigen, weit auseinander stehenden Zähnen. Ich habe Haare eingesammelt. Aber kehren wir zum ersten Fall zurück, als die Ereignisse eine seltsame Wendung nahmen.
    Wie zu erwarten war, wies mich der Richter an, alle Beweismittel an die Labors weiterzugeben. Wochen vergingen, Monate, und immer noch kamen keine Ergebnisse. Von da an habe ich gelernt. Bei den folgenden Fällen, die mutmaßlich auf Loup-Garous Konto gingen, bat ich nicht mehr darum, Beweise untersuchen

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