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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hätte also Vollmond sein können«, sagte Marino.
    Ich wusste, worauf er hinauswollte, aber mein Schweigen bedeutete ihm, vom Thema Werwölfe Abstand zu nehmen.
    »Was ist passiert, Marino? Haben Sie mit ihr um Ihren Job ein Armdrücken veranstaltet?«, fragte Ruffin und schnitt den Zwirn um einen Ballen Handtücher ab.
    Marinos Augen waren wie ein doppelter Lauf auf ihn gerichtet.
    »Und wir wissen ja, wer gewonnen hat, denn sie ist jetzt der Detective und Sie tragen wieder Uniform«, sagte Ruffin und grinste.
    »Reden Sie mit mir?«
    »Sie haben mich schon verstanden.« Ruffin öffnete eine gläserne Schranktür.
    »Es muss daran liegen, dass ich alt werde.« Marino riss sich die Mütze vom Kopf und schleuderte sie in den Abfall. »Ich höre nicht mehr so gut wie früher. Aber wenn ich mich nicht irre, ha-Sie mich gerade angepinkelt.«
    »Was halten Sie von diesen stahlharten Frauen im Fernsehen?
    Und was ist mit Frauen, die ringen?« Ruffin ließ nicht locker. »Halten Sie die Schnauze«, sagte Marino. »Sie sind allein stehend, Marino. Würden Sie mit so einer ausgehen?«
    Ruffin hatte Marino noch nie gemocht, und jetzt hatte er die Chance, seinem Unmut freien Lauf zu lassen, das dachte er zumindest, denn Ruffins egozentrische Welt drehte sich auf einer sehr wackligen Achse. In seinen Augen war Marino angeschlagen und verletzt. Ein guter Zeitpunkt, um ihn ein bisschen herumzustoßen.
    »Die Frage ist nur, ob so eine Frau mit Ihnen ausgehen würde.«
    Ruffin hatte nicht genug Verstand, um eiligst den Raum zu verlassen. »Oder ob überhaupt irgendeine Frau mit Ihnen ausgehen will.«
    Marino trat zu ihm. Sie standen einander so dicht gegenüber, dass ein Visier das andere berührte.
    »Ich will dir mal einen guten Rat geben, Arschloch«, sagte Marino. Das Plastik, das sein bedrohliches Gesicht schützte, beschlug. »Halt lieber deine Schwuchtelklappe, sonst muss ich dir dir meine Faust reinrammen. Und steck deinen kleinen Schwanz wieder ein, sonst tust du dir noch weh damit.«
    Chucks Gesicht wurde puterrot, währenddessen ging die Tür auf und Neils Vander kam herein. Er hatte Tinte, Druckwalze und Karten für jeweils zehn Fingerabdrücke dabei.
    »Schluss jetzt, und zwar sofort«, sagte ich zu Marino und Ruffin.
    »oder ich werfe euch beide raus.«
    »Guten Morgen«, sagte Vander, als ob es sich um einen solchen handelte. »Eine Haut lässt sich leicht ablösen«, sagte ich zu ihm. »Macht die Sache einfacher.«
    Vander war Chef der Abteilung, die jegliche Art von Abdrücken untersuchte, und der dazugehörigen Labors. Ihn warf so leicht nichts um. Es war nichts Ungewöhnliches für ihn, Maden zu verscheuchen, während er verwesten Leichen Fingerabdrücke abnahm, und er zuckte auch nicht zusammen, wenn die Opfer verbrannt waren und er die Finger abschneiden und in einem Glas in sein Büro tragen musste.
    Ich kannte ihn, seitdem ich hier war, und er schien weder älter zu werden noch sich sonst irgendwie zu verändern. Er war noch immer kahlköpfig, groß und schlaksig und versank in übergroßen Laborkitteln, die um ihn herumflatterten, wenn er durch die Korridore eilte.
    Vander zog Latexhandschuhe an und griff vorsichtig nach den Händen des toten Mannes, betrachtete sie, drehte sie hin und her.
    »Am einfachsten wird es sein, die Haut abzuziehen«, sagte er schließlich.
    Wenn eine Leiche so in Verwesung übergegangen ist wie diese es war, kann man die oberste Hautschicht der Hände abziehen wie einen Handschuh, und so wird sie auch genannt -Handschuh. Vander arbeitete schnell, löste die Handschuhe unbeschädigt von beiden Händen ab und schlüpfte dann mit seinen eigenen, in Latexhandschuhen steckenden Händen hinein. Er trug sozusagen die Hände des Toten, tauchte jeden Finger in Tinte und machte auf einer Karte einen Abdruck davon. Dann zog er die Handschuhe aus Haut wieder aus und legte sie ordentlich auf ein Stahltablett, entledigte sich der Latexhandschuhe und kehrte in sein Labor zurück.
    »Chuck, legen Sie sie in Formalin«, sagte ich. »Wir werden sie aufbewahren.«
    Er wirkte verdrossen, als er den Deckel von einem Plastikglas abschraubte.
    »Wir sollten ihn jetzt umdrehen«, sagte ich.
    Marino half uns, die Leiche auf den Bauch zu drehen. Ich fand mehr Schmutz, vor allem auf den Hinterbacken, und nahm Proben davon. Ich entdeckte keine Verletzungen, nur einen Bereich auf der oberen rechten Rückenhälfte, der dunkler wirkte als die umgebende Haut. Ich betrachtete ihn durch die Lupe, schaltete meine

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