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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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was mir zugestoßen ist, als die lang gesuchte Gelegenheit, mich zugrunde zu richten«, schloss ich.
    »Und Sie halten das nicht für ein bisschen paranoid?«, fragte er nach einer Weile.
    »Nein.«
    »Warum sollte jemand so etwas tun, außer weil er kleinlich und neidisch ist?«, fragte er.
    »Macht. Um mir mein Feuer zu stehlen.«
    »Eine interessante Analogie. Erklären Sie mir, was Sie damit meinen.«
    »Ich setze meine Macht für einen guten Zweck ein«, sagte ich.
    »Und wer immer versucht, mich zu ruinieren, will sich meine Macht für seine eigenen selbstsüchtigen Zwecke aneignen, und in den Händen solcher Leute ist Macht gefährlich.«
    »Stimmt«, sagte er nachdenklich.
    Sein Telefon klingelte. Er stand auf und hob ab.
    »Nicht jetzt«, sagte er. »Ich weiß. Er wird etwas warten müssen.«
    Er kehrte zu seinem Stuhl zurück, atmete laut aus, nahm seine Brille ab und legte sie auf den Tisch.
    »Ich denke, dass es das Beste wäre, eine Pressemitteilung herauszugeben und die Leute zu informieren, dass jemand im Internet so tut, als wäre er Sie, und alles in Bewegung zu setzen, um diese Sache so schnell wie möglich aufzuklären«, sagte er.
    »Wir werden dem ein Ende setzen, auch wenn wir dafür eine gerichtliche Verfügung brauchen.«
    »Das wäre mir sehr recht«, sagte ich.
    Er stand auf, und auch ich erhob mich.
    »Danke, Sinclair. Gott sei Dank, habe ich ein Schutzschild wie Sie.«
    »Wir können nur hoffen, dass der neue Minister sich ebenso verhält«, sagte er, als müsste ich wissen, wovon er sprach.
    »Welcher neue Minister?«, fragte ich, und erneut verspürte ich Angst, diesmal heftiger.
    Ein merkwürdiger Ausdruck huschte über sein Gesicht. Dann wurde er zornig.
    »Ich habe Ihnen mehrere Botschaften geschickt, die privat und vertraulich waren. Verdammt noch mal! Das geht zu weit.«
    »Ich habe nichts bekommen«, sagte ich.
    Er presste die Lippen zusammen, seine Wangen liefen rot an. Es war eine Sache, E-Mails zu fälschen; es war etwas anderes, verschlossene, als vertraulich gekennzeichnete Botschaften des Ministers zu unterschlagen. Nicht einmal Rose öffnete diese Art Post.
    »Offenbar hat sich der Ausschuss für Verbrechensbekämpfung auf die Vorstellung eingeschossen, dass wir die Gerichtsmedizin vom Gesundheitsministerium zur Öffentlichen Sicherheit transferieren«, sagte er.
    »Um Himmels willen, Sinclair«, rief ich aus.
    »Ich weiß, ich weiß.« Er hob eine Hand, um mich zu beruhigen.
    Der gleiche ignorante Vorschlag war auf den Tisch gekommen, kurz nachdem ich hier angefangen hatte. Die Polizei und ihre forensischen Labors unterstanden dem Ministerium für Öffentliche Sicherheit, was unter anderem bedeutete, dass es keine Kontrolle mehr gäbe, sollte auch mein Institut der Öffentlichen Sicherheit zugeordnet werden. Die Polizei hätte im Prinzip ein Wörtchen dabei mitzureden, wie ich meine Fälle bearbeitete.
    »Ich habe zu diesem Thema schon früher Stellungnahmen verfasst«, sagte ich zu Dr. Wagner. »Vor Jahren habe ich es verhindert, indem ich Staatsanwälten und Polizeichefs Vorträge hielt.
    Auch zu den Verteidigern bin ich gegangen. Das darf nicht passieren.« Dr. Wagner schwieg.
    »Warum jetzt?«, hakte ich nach. »Warum ist dieser Vorschlag jetzt wieder aktuell? Über zehn Jahre lang war er kein Thema.«
    »Ich glaube, dass der Abgeordnete Connors den Vorschlag pusht, weil ein paar höhere Ränge bei der Polizei ihn pushen«, sagte er. »Wer zum Teufel weiß das schon.«
    Ich wusste es, und auf dem Weg in mein Büro spürte ich, wie sich Energie in mir aufbaute. Die unbeantworteten Fragen, das Ausgraben dessen, was nicht offensichtlich war, die Vorstellung, die Wahrheit herauszufinden, erfüllten mich mit neuen Lebensgeistern. Was Denunzianten vom Kaliber Chuck Ruffins und Diane Brays bei ihren Machenschaften nicht bedacht hatten, war, dass sie mich damit aus meiner Lethargie rissen.
    In meinen Gedanken nahm ein Szenario Gestalt an. Ein sehr einfaches. Irgend jemand wollte mich unschädlich machen, damit mein Büro vom Ministerium für Öffentliche Sicherheit übernommen werden konnte. Mir waren Gerüchte zu Ohren gekommen, dass sich der derzeitige Minister, den ich sehr mochte, mit dem Gedanken trug, in den Ruhestand zu treten.
    Wäre es nicht ein schöner Zufall, wenn Bray seinen Platz einnehmen würde?
    Als ich in meinem Büro ankam, lächelte ich Rose zu und wünschte ihr gut gelaunt einen guten Morgen.
    »Wir sind heute ja in bester Stimmung!«, sagte sie hoch

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