Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
seinen ehemaligen Partner und besten Freund zu lenken, doch dann stellte er augenblicklich die Verbindung zwischen der Stimmung und Jimmys Namen her.
Sein Herzschlag setzte aus. Ihm stockte der Atem, und er schluckte hektisch, doch sein Mund war staubtrocken.
»Es gab einen Unfall«, fuhr ein anderer Beamter fort, »Gonzales war … er hat’s nicht geschafft.«
»Tut mir leid, Dodge.«
»Hey, Mann, echt üble Sache.«
»So was ist nun mal Berufsrisiko, trotzdem … Scheiße.«
»Wenn ich irgendwas tun kann, Dodge, völlig egal, was … sag einfach Bescheid. Okay?«
Er registrierte die gemurmelten Kondolenzbekundungen nur am Rande. Abrupt wandte er sich von den Männern ab und versuchte, den Sinn der Worte zu erfassen. Es ging nicht. Er drehte sich wieder um. »Jimmy ist tot?« Der Anblick der ernsten Gesichter, der nickenden Köpfe schnürte ihm die Luft ab.
»Hey, ganz ruhig, Dodge.«
»Wo ist er?«
»Im Leichenschauhaus. Seine Familie ist gerade bei ihm.«
»Ich muss …«
»Du kannst da jetzt nicht hin!«
Er stürzte zur Tür, doch einige der Männer bekamen ihn zu fassen und zogen ihn zurück. Er begann sich heftig zu wehren und versuchte, sie abzuschütteln. »Du kannst nicht zu ihm, Dodge. Jimmy war ein Cop!«
»Denk doch mal nach, Mann!«
»Du riskierst, dass deine Tarnung auffliegt!«
»Scheiß auf die Tarnung!«, schrie er. »Und auf euch auch. Lasst mich sofort los!«
Er brüllte weitere Obszönitäten, bis ihn die Erschöpfung übermannte und die Beschwichtigungen der Männer endlich Wirkung zeigten. Sie ließen ihn los. Dodge sank auf einen Stuhl und saß eine scheinbare Ewigkeit reglos da, während er sich bemühte, zu begreifen, was so unglaublich schien. Schließlich hob er den Kopf. »Es war also ein Unfall. Was ist passiert?«
Ein Rockstar, der am selben Abend ein Konzert im Astrodome geben sollte, war an diesem Tag am Hobby Airport gelandet. Gonzales hatte Überstunden schieben wollen und sich freiwillig für die Polizeieskorte gemeldet, die der Limousine des Sängers Geleit geben sollte. Allerdings war die Ankunftszeit des Stars durchgesickert, und eine Horde Paparazzi und ein Konvoi fanatischer, mit Drogen vollgepumpter Fans hatten die Limousine quer durch die Stadt gejagt.
Gonzales und ein weiterer Polizeibeamter hatten im Fahrzeug direkt hinter der Limousine gesessen. Einer der Verfolger hatte versucht, sich zwischen den Streifenwagen und die Limousine zu schieben, und dabei die vordere Stoßstange des Polizeifahrzeugs gestreift. Sie waren mit so hohem Tempo unterwegs gewesen, dass der Fahrer die Kontrolle über den Streifenwagen verlor. Er war ins Schleudern geraten und mit der Seite mit solcher Wucht gegen einen Telefonmast geprallt, dass er fast in zwei Hälften zerrissen wurde.
Ebenso wie Jimmy Gonzales.
In zwei Hälften.
Der Captain bot Dodge an, mit einem Geistlichen oder einem Therapeuten zu reden. Doch Dodge schnauzte ihn nur an, er solle zum Teufel gehen, und verließ das Headquarter.
Eine Zeit lang fuhr er ziellos durch die Stadt, in der Hoffnung, irgendetwas zu finden, woran er seine Wut auslassen konnte. Doch irgendwann wurde ihm bewusst, dass er eine Gefahr für unschuldige Verkehrsteilnehmer und alle anderen auf der Straße darstellte. Am Ende würde er selbst noch jemanden totfahren – eine Ironie, der niemand etwas würde abgewinnen können. Am allerwenigsten Jimmy Gonzales, der in zwei Hälften in der Kälte des Leichenschauhauses lag.
Am Ende landete er in einem Baseball-Schlagkäfig. Es tat gut, etwas Hartes und potenziell Tödliches in der Hand zu halten und auf etwas einzudreschen, das ähnlich chancenlos war wie Gonzales gegen die Gesetze der Fliehkraft und diesen gottverdammten Telefonmast.
Erst Stunden später kehrte er nach Hause zurück. Der Schmorbraten war längst beiseitegeräumt worden. Tiefes Mitgefühl stand in Carolines Augen, als sie ihm die Tür aufmachte. »Es war in den Zweiundzwanzig-Uhr-Nachrichten. Das tut mir so leid, Dodge.«
Er nickte, ging an ihr vorbei in die Küche und riss den Kühlschrank auf, ohne zu wissen, wonach er suchte. Er stand da und starrte blicklos auf den Inhalt.
»Ich würde Ihnen so gern helfen«, sagte sie sanft, »aber ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Er knallte die Kühlschranktür so heftig zu, dass die Gläser klirrten. »Sie können nichts tun. Genauso wenig wie ich. Ich kann noch nicht mal zu seiner Beerdigung gehen, weil ich den Befehl bekommen habe, wegzubleiben. Und seine Eltern darf ich
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