Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
zu tun, denn er musste verhindern, dass Albright ihn aus Eifersucht kaltmachte. Am Leben zu bleiben hatte inzwischen oberste Priorität für Dodge. Er wollte leben.
Mit Caroline.
Als er an diesem ersten Abend nach Hause kam, lag sie auf dem Sofa und döste. Verlegen setzte sie sich auf und entschuldigte sich für ihr zerzaustes Haar und ihre zerknautschten Kleider, während sie die Hände abwechselnd zu Fäusten ballte und wieder löste. Ihre schüchterne Unsicherheit schnürte ihm vor Rührung die Kehle zu.
»Wie war Ihr Tag?«, fragte er.
»Ich habe keinen Finger gekrümmt.«
»Perfekt.«
Er hatte einen Behälter voll sämiger Tomatencremesuppe mit Basilikum mitgebracht – die Spezialität des Cafés, in dem er häufiger aß. Sie setzten sich an den Küchentisch, löffelten ihre Suppe und aßen Baguette dazu, von dem er grobe Stücke abriss und dick mit Butter bestrich.
»Wollen Sie etwa, dass ich fett werde?«, fragte sie, als er ihr das zweite Stück reichte.
»Ich versuche Sie nur in einen Zustand zu bringen, in dem ich Ihr Profil erkennen kann.«
Nach dem Essen, dessen Abschluss eine großzügige Portion Vanilleeis mit Schokoladensoße bildete, sahen sie eine Weile fern, doch um zehn Uhr konnte Caroline ihr Gähnen nicht länger unterdrücken. »Tut mir leid. Es hat nichts mit Ihnen zu tun, ganz ehrlich.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich bin auch völlig erledigt.«
Wie schon am Vortag weigerte sie sich, in seinem Bett zu schlafen, sondern bestand darauf, das Sofa zu nehmen. »Ich bin viel kleiner als Sie. Außerdem ist es Ihr Haus. Mir macht es nichts aus.«
»Mir aber.«
Er ließ sich nicht davon abbringen, ihr das Bett zu überlassen, bis sie am Ende nachgab. Und Dodge verbrachte die zweite verdammte Nacht auf diesem harten, unnachgiebigen Scheißding von Sofa, doch er genoss jede einzelne Minute seiner qualvollen Schlaflosigkeit in der Gewissheit, dass Caroline gleich nebenan in seinem Bett lag und schlief.
Es folgten weitere Tage, die exakt nach demselben Muster abliefen: Sie stand jeden Morgen auf, um sich von ihm zu verabschieden, und wartete abends, dass er von der Arbeit nach Hause kam. Auf ihr Betreiben hin hatte er seine Vorratskammer und den Kühlschrank mit mehr Lebensmitteln aufgestockt, als er je besessen hatte, damit sie jeden Abend das Essen zubereiten konnte.
»Das ist das Mindeste, womit ich mich für Ihre Gastfreundschaft revanchieren kann.«
Er ließ es zu, wenn auch unter der Bedingung, dass sie ihre Hälfte brav aufaß und ihm versprach, sich nicht zu übernehmen.
Die Haut um ihr Auge wechselte von Aubergine zu Violett und schließlich zu Avocadogrün, während ihr Teint mit jedem Tag frischer und gesünder wirkte. Nach und nach legte sie ein wenig zu, bis sie nicht mehr aussah, als stehe sie an der Schwelle zur Unterernährung.
Sie schimpfte zwar über ihre Untätigkeit, doch für Dodges Begriffe war sie durchaus umtriebig. Tagtäglich studierte sie die Immobilienteile der Tageszeitungen, beklagte sich über die Angebote, die ihr durch die Lappen gingen, und legte sich eine Strategie zurecht, wie sie die verlorene Zeit wieder aufholen könnte, wenn sie erst wieder zu Jim Malone Immobilien zurückgekehrt war.
Sie machte sich massenhaft Notizen auf einem Spiralblock und hielt Ideen fest, die ihr in den Sinn kamen. Wie es aussah, tat die kurzfristige Zwangspause ihrem Ehrgeiz keinen Abbruch. Stattdessen schien sie entschlossener denn je, sich einen Namen als Maklerin zu machen – höchstwahrscheinlich um es Roger Campton und seiner Familie, die sich über jeden Zweifel erhaben glaubten, so richtig zu zeigen, vermutete Dodge.
Sie legte ihm ihre Karrierepläne in aller Ausführlichkeit dar, als könne ausgerechnet er ihr einen Rat geben, wie sie ihre Ziele in dem von ihr selbst gesteckten Zeitrahmen erreichen konnte. Natürlich hatte er nicht allzu viel beizutragen, was sie jedoch gar nicht zu bemerken schien. Und es schmeichelte ihm, dass sie so großen Wert auf seine Laienmeinung legte.
Sie war wesentlich kultivierter als er, hatte mehr Bücher gelesen, mehr Symphonien gehört, mehr Lesungen besucht und mehr Museen von innen gesehen. Heilige Scheiße, er selbst hatte nur ein einziges Mal einen Fuß in ein Museum gesetzt – und das auch nur wegen einer Ausstellung, die ausschließlich den Gemälden nackter Schönheiten gewidmet war.
In intellektueller Hinsicht war Caroline ihm weit überlegen, doch die Art und Weise, wie sie ihm lauschte, wenn er
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