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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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sehr, sehr kurz mit ihm besprechen. Darum machen wir fünf Minuten Pause. Wir haben Kaffee und ein paar wirklich ungeheuer leckere Gebäckstücke im Magnolia Room nebenan. Das alles ist in den Seminarkosten inklusive, also halten Sie sich nicht zurück.«
    Sie nahm das Mikrofon vom Aufschlag, ging zügig durch die Gruppe hausbackener Trutschen, packte Gooch am Arm und zerrte ihn zur Tür hinaus.
    »Das ist ein privates Seminar«, zischte sie. »Wenn Sie nicht vorhaben, hundertneununddreißig Mäuse …«
    »Lassen Sie’s, Callie«, sagte Gooch. Joe Priests Anwältin hatte ihm eine Menge nützlicher Informationen über diese Frau verraten. Beispielsweise war Stormé Venda nicht ihr richtiger Name. Sie war als Callie Jean Burdon geboren worden. Und den Dr., den sie auf dem Poster vor ihrem Namen stehen hatte? Sie hatte mal einen Intelligenztest im Frauenknast gemacht, als sie wegen Betrugs einsaß; näher war sie an einen Dr. im Leben nicht rangekommen. »Wir haben Sie auf Video.«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie reden«, sagte sie. Jetzt, aus der Nähe, konnte er eine Menge feine Fältchen in ihrem Gesicht entdecken, die auf dem Foto nicht zu sehen waren. Entweder war sie älter, als sie sich hergerichtet hatte, oder sie lebte ganz schön knallhart. Wahrscheinlich beides.
    »Hören Sie, Callie. Als Ergebnis Ihrer kleinen Aufführung bei der Mordkommission gestern ist eine Polizistin in Lebensgefahr. Wenn sie stirbt, sind Sie Mordkomplizin. Mord an einem Polizisten ist laut Gesetz immer ein Schwerverbrechen. Was heißt, Sie kriegen die Nadel.«
    Ihre blasse Haut wurde noch einen Hauch blasser. »Au, Scheiße«, sagte sie. Ihr Akzent war plötzlich ganz Süd-Georgia.
    »Also reden Sie«, sagte er.
    »Ich brauche wirklich etwas schriftlich, dass …«
    »Wollen Sie wirklich ins Gras beißen? Ja?«
    »Schon gut, schon gut! Gott!« Sie griff in ihre Handtasche, ihre Finger zitterten. Sie zog ein Päckchen Virginia Slims heraus, schüttelte eine heraus, zündete sie an, stieß einen langen Rauchstrahl aus. »Ich bin bezahlt worden«, sagte sie.
    »Von wem?«
    Sie nahm einen langen Zug. »Teufel, Mann, ich weiß es nicht.«
    »Falschaussage bei einer Mordermittlung ist ein Vergehen nach Klasse eins«, sagte Gooch und legte eine Hand auf die Handschellen an seinem Gürtel. Im Staat Georgia gab es kein Vergehen nach Klasse eins. Aber aus irgendeinem Grunde schienen eine Menge Kriminelle sich von dem Klang dieser Worte beeindrucken zu lassen. »Wissen Sie was? Ich glaube, ich werde Sie einfach erst mal einbuchten.«
    »Moment, Moment, Moment, warten Sie. Wie wär’s, wenn wir uns etwas überlegen?« Sie sah sich um, weil sie sichergehen wollte, dass sie nicht belauscht wurde. »Nebenan ist ein leeres Zimmer. Ich wette, Sie haben lange nichts so Erstklassiges gehabt, oder?« Sie fuhr mit den Händen seitlich an ihrem Kostüm herunter, wackelte ein wenig mit dem Hintern. Es war nicht besonders beeindruckend. Sie bot einfach nur zum x-ten Mal die Ware an, müde und desinteressiert, es war bloß ein Job.
    Gooch starrte sie ausdruckslos an.
    »Okay, okay! «, sagte sie. »Ich weiß nicht, wer der Typ war. Ich weiß nur Folgendes: Letzte Woche krieg ich einen kleinen Umschlag per Post. Da drin sind ein Stapel Hundertdollarnoten und darunter eine CD mit einem Aufkleber drauf, auf dem steht: ›Abspielen. Dann gibt’s mehr Benjamins.‹ Ich spiele sie ab. Auf der CD ist eine Stimme, die erklärt, was sie will. Eine Aufführung. Geh mit einer Sonnenbrille und einem Stock zur Mordkommission. Erzähl eine Geschichte, dass deine Mutter vergewaltigt und ermordet wurde, gib ihnen diesen MP3Player, verschwinde.«
    »Dieselbe Stimme wie der Mann auf dem MP3-Player?«
    »Vielleicht.«
    »Haben Sie die CD noch?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Wohl schon.«
    »Ich brauche die. Jetzt.«
    »Jetzt? Ich bin bei der Arbeit. Da drin sitzen zweitausendeinhundert Dollar. Wissen Sie, wie viel ich dafür ausgegeben habe, diese Plätze zu füllen?«
    »Geben Sie mir Ihren Schlüssel, dann hole ich sie mir selbst.«
    Sie starrte ihn misstrauisch an. Wahrscheinlich dachte sie an ihr Tütchen Gras im Nachttisch oder die gefälschten Kreditkarten auf dem Küchentisch.
    Er zog die Handschellen heraus.
    »Okay! Okay! Gott! Sie müssen ja nicht so scheiße sein.«
    »Hey«, sagte Gooch. »So bin ich eben einfach.«
    Auf dem Weg zu Stormé Vendas Wohnung versuchte Gooch erneut, MeChelle anzurufen. Immer noch keine Antwort.
    Stormé Venda

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