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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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es.«
    Reece kniff die Augen zusammen. »Mann, jetzt bin ich verwirrt.«
    Drei Minuten später saß Austin Sweet/Damon Fergus auf dem Rücksitz von Gooch’ Wagen. Fergus sah jetzt ganz anders aus, weil er nicht mehr bloß geradeaus starrte. Er hatte seine Perücke wieder aufgesetzt. Aber sie saß ein bisschen schief.
    »Ich bin ein Behinderter!«, sagte Fergus. »Sie können so was nicht mit mir machen!«
    Gooch fuhr einfach, er ignorierte die Beschwerde. Er hatte Cody Floss am Tatort zurückgelassen, damit der rauskriegte, ob es noch mehr Informationen über Stormé Venda gab, und wer sie umgebracht hatte.
    »Ich werde Sie wegen unbegründeter Festnahme verklagen!«, kreischte Fergus. »Ich habe Unterlagen, die beweisen, dass ich anerkanntermaßen blind bin!«
    Fergus protestierte noch eine Weile. Aber als Gooch sein Ziel erreichte, hatte er sich ein wenig beruhigt. Sie fuhren zur Müllverwertungsanlage in DeKalb County, einer riesigen stinkigen Ecke an der Südseite des Bezirks. Gooch wedelte lässig mit seiner Marke in Richtung der jungen Frau, die den Eingang bewachte, dann wählte er seinen Weg und fuhr langsam vorbei an einem der riesigen Bagger, die Müll zu gigantischen Bergen aufhäuften. Krähen pickten an den Plastiktüten herum. In regelmäßigen Abständen ragten Rohre aus dem Boden, um das Methan abzuleiten, das sich unter dem Müll bildete.
    »Das müssen zwei, drei Hektar hier sein«, sagte Gooch. »Sie wären überrascht, wie weit man sich auf dem Gelände von anderen Menschen entfernen kann. Keiner sieht zu, keinen kümmert irgendwas. Niemand würde darauf kommen, dass jemand hierherkäme und Müll klaut.«
    »Warum bringen Sie mich hierher?«, fragte Fergus.
    Gooch fuhr auf einen Müllberg zu, der etwa fünfzehn Meter breit und vielleicht hundert Meter lang war. »Die lassen sie eine Weile vor sich hinköcheln«, sagte Gooch. »Bevor sie sie zuschütten. Wenn man sie zu schnell abdeckt, bildet sich Methan, und alles explodiert. Ganz schöner Mist, wenn einem fünfhundert Tonnen explodierte Windeln auf der Birne landen.«
    »Was wollen Sie?« Fergus’ Stimme war jetzt hoch und bittend. Er klang überhaupt nicht mehr wie in der Werbung – die ganze Tieftöner-Autorität war verschwunden.
    Gooch hielt vor der Müllhalde und schob den Hebel der Gangschaltung in Parkposition.
    »Mein Vater war ein interessanter Mann«, sagte Gooch. »Erstklassiger Ballspieler als Junge, dann ging er nach Vietnam. Dekorierter Veteran. Unglücklicherweise sagten alle, dass er nicht mehr er selbst war, als er zurückkehrte. Ich weiß es nicht. Der einzige Vater, den ich je kannte, war ein heruntergekommener, betrunkener Frauenschläger. Der einzige Job, den er je behalten konnte, war Müllmann. Deswegen weiß ich alles über Müllhalden.«
    Fergus hatte sich auf dem Rücksitz zusammengekrümmt, die Arme eng um die Brust geschlungen.
    »Wenn er nüchtern war, las er gern. Er wusste viel. War auch ein verdammt begabter Gitarrenspieler. Aber er glaubte, dass die Welt sich gegen ihn verschworen hätte, ihm alle Chancen nahm. Er hatte eine Frau und zwei Kinder, die er nicht wollte, und wusste keinen Ausweg.« Gooch zuckte mit den Achseln. »Natürlich war die Welt nicht daran schuld. Er hatte sich das alles selbst zuzuschreiben.«
    »Ich vermute, die Geschichte läuft auf irgendetwas hinaus?«, fragte Fergus. Er hatte sich scheinbar genug gesammelt, um wieder seine Sprecherstimme zur Verfügung zu haben.
    »Ja. Sein Chef und er haben sich einmal gestritten. Ich bin sicher, es war die Schuld meines Vaters. Aber am nächsten Tag kam er mit einer kleinen .25er Automatik zur Arbeit, schoss seinem Chef in den Hinterkopf und begrub ihn in einem Müllhaufen wie dem hier.« Er deutete auf den riesigen Müllberg. In fünfundzwanzig Meter Höhe pickten ein paar Krähen an einer kleinen Tierleiche herum. Eine Katze? Ein Opossum? Schwer zu sagen.
    »Verrückte Sache«, fuhr Gooch fort. »Alle wussten, dass er es gewesen war. Sie suchten drei Wochen in dem ganzen stinkigen Dreck, fanden aber nie die Leiche. Es war der schönste Tag meines Lebens, als er ins Gefängnis wanderte. Das einzig Blöde war, er kriegte nur fünf Jahre. Ist das zu glauben? Hatte kaltblütig einen Mann erschossen und fünf Jahre dafür gekriegt. Keine Leiche, keine Zeugen, da blieb nur Totschlag.«
    »Wenn Sie versuchen, mir Angst zu machen …«
    »Tue ich nicht. Raus aus dem Wagen.«
    »Was?« Fergus zwinkerte.
    »Raus aus meinem Wagen.«
    Fergus sah sich um,

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