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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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konkrete Beweise gegen den Schützen. Ein Geständnis wäre prima. Aber in Ermangelung dessen brauchen wir eine Mordwaffe. Wir brauchen DNA, wir brauchen Blut – irgendwas. Laut Akte war der Tatort super sauber. Keine Haare oder Stoffreste, kein Sperma, kein Blut, außer dem des Opfers. Also bleiben nur zwei Möglichkeiten. Geständnis oder Mordwaffe.«
    Nur ein Hinweis war noch übrig, er hatte sie die ganze Zeit schon verwirrt. Es war eine rechteckige Schachtel mit einer kleinen Tür. In der Schachtel lag eine kleine Plastikfigur und hatte die Knie leicht angezogen. Es war Wasser darin, das umherschwappte. Irgendein Spielzeug. Erst hatte sie es für einen Spielzeugvampir gehalten.
    Aber das brachte sie nicht weiter. Nichts an diesem Fall hatte mit Vampiren oder irgendetwas Okkultem zu tun. Außerdem lag der Typ in einer ziemlich komischen Position. Und warum war da Wasser drin?
    »Hier«, sagte sie und streckte dem Stillen Mann die Kiste hin. »Lies das noch mal.«
    »Auf dem Boden steht: ›The Holding Company, Ltd., Copyright 2000, Made in China.‹«
    »Das ist alles?«
    Keine Antwort.
    »Noch irgendwas Bemerkenswertes? Die Schrift, die Farbe, die …« MeChelle seufzte.
    »Na ja«, flüsterte der Stille Mann schließlich, »die Rechtschreibung.«
    »Die Rechtschreibung?«
    »Die Holding Company wurde geschrieben ›H-O-L-D-I-N-Apostroph C-U-M-P-I-N-Y‹.«
    Die Holdin’ Cumpiny. Das war so ein Möchtegern-Redneck-Möchtegern-Scherz, den man auf Spielzeug fand, das in Möchtegern-Redneck-Kaschemmen wie Cracker Barrel verkauft wurde. Und da klickte es bei ihr. Der Kerl lag gar nicht! Das kleine Männchen in der Kiste saß. Sie hatte das Ding die ganze Zeit verkehrt herum gehalten.
    »Oh, mein Gott!«, sagte sie. »Jetzt weiß ich, was das ist!«

54
    Gooch kriegte seine Glock erst raus, als drei oder vier Kugeln schon in der Karosserie eingeschlagen waren.
    »Wow!«, sagte Raymondo. »Was war das? «
    Gooch war schon ein paar Mal im Leben beschossen worden, und irgendetwas an dem Geräusch, mit dem Kugeln in der Nähe des eigenen Körpers auf Holz oder Metall trafen, war ganz anders, als alles, was man sonst so hörte. Es lohnte sich nicht, Raymondos Frage zu beantworten; er würde schon darauf kommen. Das war Vincent Meredith – wer sonst? Vincent Meredith, der Auftragskiller. Vincent Meredith, Kathleen Bolligrews Mörder. Er hatte sie mit seinem Truck gerammt, sie von der Straße geschoben, und jetzt wollte er sie exekutieren.
    Gooch zielte auf den Kampfstiefel mit dem Klebeband darauf, aber gerade als er abdrücken wollte, verschwand der Stiefel aus seinem Blickfeld.
    Sie waren von der LaVista Road abgekommen, einer zweispurigen Verkehrsader, die durch eine Wohngegend führte. Kaum eine halbe Meile von Vincent Meredith’ Haus entfernt. Gooch konnte ein Ziegelhaus vor sich sehen, Gras, kunterbunte Blumenbeete. Sie mussten nach den Überschlägen in einem Vorgarten gelandet sein.
    Gooch gab zwei schnelle Schüsse ab, er zielte so weit weg vom Haus wie möglich. Er erwartete nicht, irgendwas zu treffen. Er wollte bloß eine Feuerpause erreichen – den anderen irritieren, in Deckung zwingen, sein Schießen unterbinden, sich etwas Raum zum Manövrieren verschaffen.
    Vincent Meredith reagierte mit einer Salve von sechs bis acht Schüssen, die Kugeln knallten und klatschten in die Unterseite des auf dem Dach liegenden Wagens. Eine zischte nur ein paar Zentimeter von Gochs Kopf entfernt vorbei. Er war nicht sicher, ob es eine optische Täuschung war, aber er hätte schwören können, dass er sie gesehen hatte; die deformierte Kugel sauste an seinem Gesicht vorbei wie ein wütender Käfer durch die Luft.
    Wenn er im Wagen blieb, war er geliefert. Aber wenn er rauskletterte, wurde er zur Zielscheibe. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das zu riskieren.
    Gooch schob sich durch das zerbrochene Seitenfenster und gab blindlings drei weitere Schüsse mit seiner Glock ab. Im Hinterkopf zählte er mit. Fünf waren weg, zwölf hatte er noch im Magazin, zwei Magazine im Gürtel. Er konnte sich ein paar Schuss leisten. Er sah eine Bewegung aufblitzen, schoss noch zweimal.
    Vincent Meredith tauchte hinter dem blauen Truck ab.
    Es war eine eigenartige Szene. Um sie herum wirkte alles ganz ruhig und ordentlich. Eine typische Vorstadtgegend – die Sonne schien zwischen den Blättern der alten Eichen, Walnussbäume und Hartriegel hindurch, überall wuchsen Blumen, die Häuser sahen nett aus, in den Auffahrten standen Honda

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