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Blindes Vertrauen

Blindes Vertrauen

Titel: Blindes Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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nicht?«
    Â»Es ist deprimierend«, antwortete er und schüttelte sich demonstrativ. »Säuglinge, die in ihrer Wiege sterben. Wer will darüber schon eine Serie sehen?«
    Â»Junge Eltern. Zukünftige Eltern. Eltern, denen das zugestoßen ist. Jeder, der informiert und aufgeklärt werden möchte, was hoffentlich auf wenigstens einen Teil unseres Publikums zutrifft.«
    Â»Sie leben in einer Traumwelt, Barrie. Die Zuschauer bleiben nur dran, weil nach unseren Nachrichten die Wiederholung von Ein himmlisches Vergnügen kommt.«
    Barrie bemühte sich, alle Ungeduld aus ihrem Tonfall herauszuhalten. Wenn er merkte, daß sie sich ärgerte, wurde er noch sturer. »Wegen des Themas wird diese Serie nicht gerade heiter. Aber sie braucht auch nicht rührselig zu sein. Ich habe mit einem Ehepaar gesprochen, das vor zwei Jahren sein Baby
durch plötzlichen Kindstod verloren hat. Die beiden jungen Leute haben inzwischen wieder ein Kind und sind bereit, vor der Kamera darüber zu sprechen, wie sie den Schock überwunden haben.«
    Sie stand auf und versuchte, das Geschäft perfekt zu machen. »Leitmotiv ist das Licht am Ende des Tunnels. Der Sieg über widrige Umstände. Das könnte sehr erhebend sein.«
    Â»Sie haben schon ein Interview vereinbart?«
    Â»Sobald Sie grünes Licht geben, versteht sich«, antwortete sie diplomatisch. »Ich wollte alles fertig haben, bevor ich zu Ihnen komme, Howie. Ich habe eine Woche lang recherchiert und mit Kinderärzten und Psychologen gesprochen. Dieses Thema liegt in der Luft – vor allem seit dem Tod des Präsidentenbabys.«
    Â»Das hängt doch allen schon zum Hals raus.«
    Â»Aber ich gehe das Thema von mehreren neuen Blickwinkeln aus an.«
    Das war nicht nur ein Verkaufsargument. Je länger sie den plötzlichen Kindstod recherchiert hatte, desto mehr hatten sie damit zusammenhängende Themen fasziniert, die ebenso interessant und berichtenswert waren wie das Hauptthema. Dabei hatte sich rasch gezeigt, daß ein einziges Neunzigsekundenfeature die Problematik lediglich hätte anreißen können.
    Nur Howie stand ihr noch im Weg. »Ich weiß nicht recht«, wiederholte er. Der Zündschlüssel kreiste in seinem anderen Ohr, während er nochmals ihr Exposé las. Es war detailliert, aber ziemlich kurz. Bestimmt auch für jemanden mit seinen beschränkten Geistesgaben verständlich.
    Barrie verlangte drei Sendungen, die an aufeinanderfolgenden Tagen zwischen den beiden Abendnachrichten ausgestrahlt werden sollten. Jede würde einen unterschiedlichen Aspekt des plötzlichen Kindstods behandeln. Weiterhin schlug
sie vor, frühzeitig und verstärkt für diese Sendungen zu werben.
    Letztlich – aber das stand natürlich nicht in ihrem Exposé – würde ein Nachrichtenproduzent im Publikum die Qualität ihrer Arbeit erkennen und ihr anbieten, sie aus dieser ansonsten als WVUE-Nachrichtenredaktion bekannten Leprakolonie des Fernsehjournalismus wegzuengagieren.
    Howie rülpste. Sein Schlüssel hatte einen braunen Ohrenschmalzklumpen zutage gefördert, den er am Deckblatt von Barries Exposé abwischte. »Das überzeugt mich alles nicht.«
    Â»Mrs. Merritt hat mir ein Interview zugesagt.«
    Er ließ den verschmierten Zündschlüssel fallen. »Hä?«
    Das war natürlich gelogen. Aber verzweifelte Situationen erforderten verzweifelte Maßnahmen. »Wir haben neulich miteinander Kaffee getrunken.«
    Â»Sie und die First Lady?« »Genau. Auf ihre Einladung hin. Während unseres Gesprächs habe ich ihr von meiner geplanten Serie erzählt. Sie hat diese Idee begrüßt und sich bereit erklärt, ihre Gedanken dazu zu äußern.«
    Â»Vor der Kamera?«
    Barrie hatte plötzlich eine Vision von Vanessa Merritt, wie sie sich hinter ihrer Ray-Ban-Sonnenbrille zu verstecken suchte, während sie zwischen zitternden Fingern eine verbotene Zigarette hielt – die Vision einer Frau, die ein emotionales Wrack war.
    Â»Natürlich vor der Kamera«, sagte sie und verdrehte dabei die Augen.
    Â»In Ihrem Exposé steht nichts von der First Lady.«
    Â»Die hab’ ich mir als Überraschung aufgehoben.«
    Â»Okay, ich bin überrascht«, sagte er trocken.
    Barrie war keine gute Lügnerin, aber Howie war ein so miserabler
Menschenkenner, daß ihr von dieser Seite vermutlich keine Gefahr

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