Blindes Vertrauen
Aufenthaltsort wurde nicht bekanntgegeben.
Sie brauchten das Radio nicht mehr aufzudrehen, damit es ihre Unterhaltungen übertönte. Gray hatte einen Geräuschgenerator aufgestellt und mehrere Transducer im ganzen Haus verteilt. Das High-Tech-Gerät erzeugte ein Geräusch, das sich nicht herausfiltern lieà und die Wirksamkeit von Abhörgeräten stark einschränkte.
»Ich glaube Dalton, wenn er sagt, daà Vanessa nicht gesund ist«, stellte Barrie fest.
»Warum verteidigst du ihn?«
»Ich verteidige nicht ihn, sondern mein Argument. Vanessa ist krank. Punktum. Der Tod ihres Kindes hat ihre manisch-depressive Veranlagung noch verstärkt. Folglich muà ihre medikamentöse Behandlung neu abgestimmt werden. Bis sie sich stabilisiert hat, muà sie überwacht werden. Sie hat sich zurückgezogen, um sich erholen zu können, und mehr ist an der Sache nicht dran. Darauf würde ich meine Karriere verwetten.«
»Du hast keine Karriere«, bemerkte Daily.
»Wie nett, daà du mich daran erinnerst. Noch netter ist es, daà du mich ungefähr alle fünf Minuten daran erinnerst.«
»Hey, was ist los mit dir?«
»Nichts. Alles. Keine Ahnung«, antwortete Barrie gereizt. »Nein, das stimmt nicht. Ich weià genau, was mit mir los ist. Mir fehlt das Leben, das ich geführt habe, bevor es ruiniert wurde.«
»Genauer gesagt, bevor du es ruiniert hast«, stellte Daily fest. »Niemand hat dich beauftragt, haltlose Vermutungen über plötzlichen Kindstod, das Baby des Präsidenten oder den geistigen und seelischen Gesundheitszustand der First Lady anzustellen. Das hast du dir alles ganz allein ausgedacht.«
»Nun, wer hat mir denn alle Journalistentricks beigebracht? Du! «
»Ich habe dir beigebracht, daà man Reportagen auf Tatsachen, nicht auf Vermutungen aufbaut. Das habe ich dich gelehrt. Aber du hast es nicht gelernt.« Er holte keuchend Luft. »Du willst dein Leben zurückhaben? Nichts dagegen. Du kannst mein Haus jederzeit verlassen, junge Frau.«
»Keine schlechte Idee. Ich habâs satt, in diesem schäbigen Gästezimmer zu hausen. Ich habâs satt, mir das Bad mit zwei schlampigen Männern teilen zu müssen, die nie nasse Handtücher aufhängen oder die Klobrille runterklappen.« Barries Stuhl scharrte quietschend über das Linoleum, als sie ihn zurückschob und aufstand.
»Ich habâ euch zwei satt, und unser gemeinsames Spiel habâ ich auch satt«, fuhr sie aufgebracht fort. »Es ist dumm und gefährlich und reine Zeitvergeudung. Aber ich habe in dieser Sekunde eine wichtige Entscheidung getroffen. Ich will mein früheres Leben zurück. Ihr beiden könnt euch von mir aus zum Teufel scheren.«
Sie stapfte durch den Raum und knallte die Küchentür hinter sich zu.
Nach kurzem gespannten Schweigen sagte Gray: »Sie ist echt sauer auf dich.«
Dailys Seufzer klang wie ein Röcheln. »Ja, ich habâ sie ziemlich hart angefaÃt. Nach allem, was sie in letzter Zeit durchgemacht hat, hätte ich nicht so streng sein dürfen. Am besten gehe ich rüber und rede mit ihr.«
»Spar dir die Mühe. Laà sie schmollen. Schieb es auf PMS. Sie wird sich schon wieder beruhigen. Ich werde ihr ein biÃchen gut zureden.«
»Du fickst sie, stimmtâs?«
»Einmal.«
»Das war alles?«
»Führst du âne Statistik?«
»Welche Pläne hast du mit ihr?«
»Bei Frauen mache ich keine Pläne.«
Auch Grays einschüchternder stahlblauer Blick konnte Daily nicht davon abhalten, seine Meinung zu sagen. »Manchmal könnte ich sie erwürgen, aber ich liebe dieses Mädchen, als wäre sie meine eigene Tochter. Ich will nicht, daà sie verletzt wird. Weder von dir noch von dieser Geschichte. Vielleicht wird es Zeit, daà wir Vernunft annehmen und mit dem Unsinn aufhören.«
»Vor einer Woche hast du es noch nicht für Unsinn gehalten.«
»Es ist mein gutes Recht, meine Meinung zu ändern. Alles hat mit Barries Gier nach einer heiÃen Story angefangen. Ich glaube allmählich, daà ihr Ehrgeiz ansteckend gewesen ist. Er hat auf mich abgefärbt, obwohl ich es besser hätte wissen müssen.
Dann ist sie nach Wyoming geflogen und hat dich auch noch
verrückt gemacht. Und das war ja wohl nicht schwer, was, Bondurant? Bei der geringsten Andeutung, Vanessa könnte in Gefahr sein,
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