Blindes Vertrauen
Fehltritt geopfert werden? Warum sollten Vanessas Träume und Hoffnungen bitter enttäuscht werden, wenn sie doch schuldlos war? Da sie nichts verbrochen hatte, hätte sie am meisten unter dieser Sache gelitten.
Das würde Clete auf keinen Fall zulassen.
»Also gut, reià dich zusammen, Junge.« Er trat auf David zu und schlug ihm kräftig auf den Rücken. »Geh unter die Dusche. Schenk dir noch einen Brandy ein. Geh ins Bett. Erzähl keinem Menschen von dieser Sache. Niemals.«
David sah deprimiert und ungläubig zu ihm auf. »Soll das heiÃen, daà du â¦Â«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Clete.
David kam unsicher auf die Beine. »Das kann ich unmöglich von dir verlangen, Clete. Zwei Menschen sind tot. Wie willst du â¦Â«
»Die Einzelheiten kannst du mir überlassen.« Sein stämmiger Zeigefinger tippte kräftig gegen Davids Brust. »Ich habe die Aufgabe, dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Und du hast die Aufgabe, dein Verhalten zu ändern. Hast du verstanden, Junge?«
»Ja.«
»Keine hemmungslose Rumfickerei mehr. Wenn der Druck zu groà wird, gehst du zu einer Nutte, läÃt dir hübsch einen blasen und schickst mir die Rechnung.«
»Ja.«
»Wir dürfen nicht riskieren, daà nach deiner Wahl zum Präsidenten alle möglichen Flittchen auftauchen und Vaterschaftsklagen schwenken, oder?« meinte Clete lächelnd.
David erwiderte sein Lächeln zaghaft. »Nein.«
»Also gut, auf welchem Platz steht ihr Wohnwagen?«
Clete gelang es, das Problem noch in dieser Nacht aus der Welt zu schaffen. Das war nicht leicht, aber das Wort unmöglich gehörte nicht zu Cletes Wortschatz. In weniger als achtundvierzig Stunden war der Vorfall mit Becky Sturgis bereits Geschichte.
David hatte sich nie dafür interessiert, wie Clete es geschafft hatte, zwei Leichen verschwinden zu lassen, ohne daà peinliche Fragen gestellt wurden. Er fragte nie, wie es Clete gelungen war, Beckys gesamte Existenz auszulöschen. Statt dessen nahm er sich ein Beispiel an Clete und tat so, als wäre dieser Vorfall nie passiert. In den folgenden achtzehn Jahren hatten sie ihn niemals wieder erwähnt. Zumindest nicht, bis Clete vor einigen Tagen im Oval Office subtil darauf angespielt hatte.
Der Tod seines eigenen Enkels hatte beunruhigende Erinnerungen an eine andere junge Mutter und ihr Neugeborenes geweckt. Obwohl die beiden Vorfälle nichts miteinander zu tun hatten, wiesen sie genügend Ãhnlichkeiten auf, um ihm Sorgen zu machen.
Dem Senator ging ärgerlich häufig ein ganz bestimmter Gedanke durch den Kopf:
Hatte David Merritt â nicht die Muttter â damals vor achtzehn Jahren das Baby erwürgt? Und hatte er vielleicht wieder gemordet?
22. Kapitel
Barrie behielt die Eingangstür aufmerksam im Auge und erwartete Senator Armbrusters Kommen sehnsüchtig und zugleich etwas ängstlich.
In einem Stadtviertel mit überwiegend georgianischer Architektur fiel der Schnellimbià völlig aus dem Rahmen. Sein glänzendes, grellbuntes Ambiente aus den fünfziger Jahren beruhte auf blitzendem Chrom und türkisgrünem Kunstleder. Der FuÃboden wies ein Schachbrettmuster aus schwarzen und weiÃen Fliesen auf. Nachts um diese Zeit waren die einzigen Gäste einige Angestellte des Krankenhauses und ein Teenagerpärchen, das mal an Milchshakes, mal aneinander nuckelte.
Barrie und Gray, die nur Kaffee bestellt hatten, saÃen an einem groÃen Panoramafenster, von dem aus sie den Zugang zur Notaufnahme des Krankenhauses beobachten konnten. Nachdem Dr. George Allan sich von seinem Brechanfall erholt hatte, war er dem kleinen Trauerzug ins Krankenhaus gefolgt. Er war nicht wieder zum Vorschein gekommen, und auf der StraÃe waren keine weiteren Fahrzeuge vorgefahren.
Gray war noch schweigsamer als sonst. Sein Blick blieb auf die Tür gerichtet, durch die Vanessa vermutlich tot auf einer Krankentrage in die Notaufnahme gerollt worden war. Seine Unterarme lagen auf dem flamingorosa Kunststoff der Tischplatte. Von Zeit zu Zeit ballte er die Hände zu Fäusten, um seine Finger dann wieder starr zu strecken. Er schien sich mühsam zu beherrschen und wirkte äuÃerst gefährlich.
Barrie räusperte sich. »Wahrscheinlich versuchen sie, ihren Tod als Selbstmord auszugeben.«
»Nein, das werde ich irgendwie verhindern. Vanessa hätte ihr Baby
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