Blindes Vertrauen
mein Kind gewesen.«
»Gewesen? Vergangenheitsform?«
»Becky hat mir zugesetzt, sie und das Kind, das angeblich meins war, zu besuchen. Ich hatte Angst, daà sie irgendwas Verrücktes tun würde, wenn ich nicht käme.
Also bin ich heute abend hingefahren, um ihr etwas Geld zu geben. Ich dachte, das sei das mindeste, was ich tun könnte. Aber⦠sie war völlig durchgedreht, Clete. Sie hat mir das Geld ins Gesicht geworfen, mir erklärt, ich könnte mich von der Verantwortung nicht freikaufen, und bekräftigt, sie werde sich mit nichts weniger als einer Heirat zufriedengeben.«
Jedes Wort glich einem Hammerschlag, der den Sarg von David Merritts politischer Zukunft zunagelte. Clete begann schon zu fürchten, er selbst müsse sich auf den Orientteppich, der der Stolz seiner verstorbenen Frau gewesen war, übergeben.
»Ich habe ihr unmiÃverständlich erklärt, eine Heirat komme nicht in Frage«, berichtete David. »Ich habe ihr gesagt, daà ich schon mit einer anderen verlobt bin â mit einer Frau, die ich liebe.«
Er machte eine Pause und sah zu Clete hinüber. »Ich habe Vanessa noch keinen Heiratsantrag gemacht und will das auch erst tun, wenn sie aus dem College kommt, aber sie weiÃ, wie sehr ich sie liebe. Wir sind uns mehr oder minder darüber einig, daÃâ¦Â«
»Red schon weiter!« unterbrach Clete ihn grob. »Was ist passiert, als du dieser Schlampe erklärt hast, du würdest sie nicht heiraten?«
»Sie hat völlig durchgedreht.« David lieà sich wieder auf die Bank fallen und verbarg sein Gesicht in den Händen. Dann lieà er die Hände sinken und faltete sie zwischen den Knien. »Sie hat eine Kommodenschublade als Kinderbettchen benützt. Ich nehme an, daà unsere lautstarke Auseinandersetzung das Baby erschreckt hat. Jedenfalls hat es angefangen zu brüllen, und das
hat ihr anscheinend den Rest gegeben. Sie hat gekreischt, sie denke nicht daran, den Balg allein aufzuziehen, und dann⦠dann hat sie ihm beide Hände um den Hals gelegt und ihn gewürgt. Ich habe versucht, ihre Hände auseinanderzureiÃen, aber sie hat übermenschliche Kräfte entwickelt. Sie hat ihn erwürgt.«
»Himmel!« keuchte Clete. »Sie hat ihn umgebracht?«
David nickte. »Ich habâs nicht fassen können. Eben hat er noch geweint, und im nächsten Augenblick war er still. Tot.«
»Warum hast du nicht die Polizei gerufen?«
»Weil ich keine Gelegenheit dazu hatte!« rief David aus. »Das Weibsbild ist über mich hergefallen. Daher stammen alle diese Kratzer. Sie hat mich wie eine Wildkatze angefallen. Ich habâ mich wehren müssen. Bei dieser Rangelei hat sie das Gleichgewicht verloren und ist mit dem Hinterkopf gegen eine Tischkante geknallt. Dabei muà sie sich einen Schädelbruch geholt haben. Der ganze FuÃboden ist voller Blut. Sie ist tot.«
David hielt seine Augen fest geschlossen, aber die Tränen lieÃen sich nicht zurückhalten. Er begann zu schluchzen. Seine Schultern zuckten, während er wie ein kleines Kind flennte. »Ein einziger Fehler, und jetzt ist alles, was du für mich getan hast, worauf wir hingearbeitet haben, mit einem Schlag ruiniert. Und Vanessa ⦠Gott«, blubberte er, »was wird Vanessa von mir denken? Wie wird sich das auf unsere gemeinsame Zukunft auswirken?«
Clete hatte bereits zuviel Zeit und Mühe darauf verwendet, David Merritt als zukünftigen Präsidenten aufzubauen, als daà er bereit gewesen wäre, sich alles von einer jungen Frau, die niemand vermissen würde, und einem Baby, das nie hätte geboren werden dürfen, ruinieren zu lassen. Auch wenn es nur um die politischen Konsequenzen von Davids Missetaten gegangen
wäre, hätte Clete diese Angelegenheit vertuscht, um seine Investition zu retten.
Aber indem er Vanessa ins Spiel brachte, hatte David sich das rasche Eingreifen des Senators gesichert. Clete würde nicht zulassen, daà seiner Tochter das Herz brach, wenn sie erfuhr, der Mann, den sie seit Jahren bewunderte und zu heiraten hoffte, habe irgendein Weibsbild geschwängert und dann versehentlich umgebracht.
Im WeltmaÃstab spielten Becky Sturgis und ihr Kind so gut wie keine Rolle, während David Malcomb Merritt zu Höherem berufen war. Eines Tages würde er der mächtigste Mann der Welt sein. Warum sollte sein ganzes Potential einem einzigen
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