Blindlings
überzeugen.«
»Das warten Sie besser mal ab«, erwiderte ich frostig.
»Vielleicht überzeuge ich ihn dadurch, daß ich ihm Ihre rechte Hand bringe – die mit dem Ring am Mittelfinger.«
Das stopfte ihm für eine Weile den Mund, und er konzentrierte sich aufs Fahren. Der Chevrolet wippte und schwankte auf seiner weichen Federung, während wir über die Straße fuhren, die wie ein überdimensionales Wellblechband wirkte. Wenn wir schneller gefahren wären, wäre es angenehmer gewesen, aber so bekamen wir jede winzige Bodenwelle und jede Vertiefung voll mit. So sehr mich danach verlangte, zu Elin zu kommen, wagte ich es doch nicht, Cooke zu schnellerem Fahren aufzufordern. Bei einer Geschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern konnte ich ihn immer gerade noch niederschießen und selber sicher aus dem Wagen kommen, falls er von der Straße weglenkte.
»Ich stelle fest, daß Sie Ihre Unschuldsbeteuerungen aufgegeben haben«, unterbrach ich die Stille nach einiger Zeit.
»Sie würden mir doch nicht glauben, ganz gleich, was ich sage. Warum soll ich mich also anstrengen?« Damit hatte er nicht unrecht. »Ich hätte aber doch gern ein paar Dinge geklärt.
Woher wußten Sie, daß ich mich mit Jack Case in Geysir treffen würde?« »Wenn Sie schon ein offenes Funkgespräch mit London führen, müssen Sie damit rechnen, daß andere Leute zuhören«, antwortete er.
»Sie haben zugehört und Kennikin Bescheid gesagt.« Er wandte mir halb das Gesicht zu. »Woher wollen Sie wissen, daß Kennikin nicht selbst das Gespräch abgehört hat?«
»Behalten Sie die Straße im Auge«, entgegnete ich scharf.
»Na schön, Stewart, es hat keinen Sinn, weiter Versteck zu spielen, ich gebe alles zu. Sie haben völlig recht. Nützen wird es Ihnen nicht viel - Sie werden aus Island nicht mehr hinauskommen.« Er hustete. »Womit habe ich mich verraten?«
»Mit dem Calvados.«
»Mit dem Calvados?« wiederholte er verblüfft. »Was zum Teufel soll das heißen?«
»Sie wußten, daß Kennikin Calvados trinkt. Außer mir wußte das niemand.«
»Ah - deshalb fragten Sie Taggart nach Kennikins Trinkgewohnheiten. Darüber habe ich mich gewundert.«
Seine Schultern sanken eine Spur nach vorne. »Immer sind es die Kleinigkeiten«, grübelte er. »Man zieht jede Möglichkeit in Betracht. Man trainiert sich jahrelang, man schafft sich eine neue Identität, man wird ein neuer Mensch – und bildet sich ein, man sei sicher.« Er schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Und dann taucht da so eine Bagatelle wie eine Flasche Calvados auf, die man einen Mann vor Jahren hat trinken sehen. Aber das war doch wohl nicht alles?«
»Es brachte mich jedenfalls zum Nachdenken. Aber da waren auch noch andere Dinge. Lindholm stand so haargenau zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle. Doch das hätte immer noch ein Zufall sein können. Ich fing erst an, Sie zu verdächtigen, als Sie Philips nach Asbyrgi schickten. Das war ein schwerer Fehler. Sie hätten Kennikin auf mich hetzen sollen.« »Der stand damals nicht zur Verfügung.« Cooke schnalzte mit der Zunge. »Ich hätte selbst gehen sollen.«
Ich lachte leise. »Dann wären Sie jetzt dort, wo Philips ist.
Sie sollten auch für die kleinen Wohltaten dankbar sein, Cooke.« Ich blickte durch die Windschutzscheibe und beugte mich dann vor, um die Position von Cookes Händen und Füßen zu prüfen. Ich wollte sicher sein, daß er mich nicht hereinlegte, während er mich mit seiner Unterhaltung einlullte.
»Vermutlich hat es einen Mann namens Cooke wirklich gegeben.«
Cooke nickte. »Einen Jungen. Wir fanden ihn während des Kriegs in Finnland. Damals war er fünfzehn. Seine Eltern waren Engländer, die bei einem Bombenangriff durch unsere Stormoviks umgekommen waren. Wir nahmen uns seiner an.
Später wurde er durch jemand anderen ersetzt – durch mich.«
»So ähnlich wie bei Gordon Lonsdale. Ich bin übrigens überrascht, daß Sie bei dem Aufruhr nach dem Fall Lonsdale so ungeschoren alle Durchleuchtungen überstanden.«
»Ich auch«, antwortete er düster. »Was wurde aus dem jungen Cooke?« .»Vielleicht ist er in Sibirien. Aber das glaube ich nicht.« Ich glaubte es auch nicht. Der junge Cooke war sicher zu einem endgültigen Abschiedsgespräch herbeizitiert und anschließend in irgendeinem Erdloch verscharrt worden.
»Wie heißen Sie eigentlich - ich meine, wie ist Ihr richtiger russischer Name?«
Er lachte. »Ach wissen Sie, den habe ich ganz vergessen. Ich bin den größten Teil meines
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