Blindlings
kommen, daß ich Befehle bekommen hatte. Der einzige Mann, der mir welche erteilen konnte, war Taggart. Wenn ich sie von ihm erhalten hätte, wäre das Spiel aus gewesen, soweit es Cooke betraf. Wenn Kennikin auch nur eine Minute lang glaubte, Taggart hätte Cooke durchschaut, dann würde er Elin und mich auf der Stelle umlegen und sich so schnell wie möglich in Richtung Sowjetunion aus dem Staub machen. Ich versuchte, meine Argumente zu untermauern. »Vielleicht werde ich ein paar auf die Finger kriegen, wenn mich das Department erwischt, aber bis dahin gelten diese Anordnungen. Cooke kriegt eine Kugel in den Kopf, wenn Sie in seine Nähe kommen.« Kennikin lächelte höhnisch. »Und wer wird ihn erschießen? Sie sagten, daß Sie unabhängig von Taggart arbeiten, und ich weiß, daß Sie allein sind.« »Unterschätzen Sie die Isländer nicht, Vaslav«, warnte ich. »Ich kenne sie in-und auswendig, und ich habe eine Menge Freunde hier, und Elin Ragnarsdottir ebenfalls. Den Leuten paßt nicht, was Sie hier in ihrem Land anstellen. Und noch weniger schätzen sie es, wenn ihre eigenen Leute in Gefahr gebracht werden.« Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück. »Betrachten Sie die Angelegenheit mal folgendermaßen… Island ist ein ziemlich großes Land mit einer kleinen Bevölkerung. Jeder kennt jeden.
Verdammt, wenn man weit genug zurückgeht - und das tun die Isländer -, dann ist sogar jeder mit jedem verwandt. Ich kenne außer den Schotten kein Volk, das so versiert in Genealogie ist.
Deshalb kümmert sich auch jeder darum, was mit Elin Ragnarsdottir geschieht. Dies hier ist keine Massengesellschaft, in der die Menschen nicht einmal ihren nächsten Nachbarn kennen. Durch die Entführung von Elin Ragnarsdottir haben Sie sich mehr als unbeliebt gemacht.« Kennikin sah nachdenklich aus. Ich hoffte, er würde sich an diesem Brocken die Zähne ausbeißen, aber darauf konnte ich mich nicht verlassen, die Zeit war zu knapp. Ich bohrte nach. »Ich möchte, daß das Mädchen hierher in dieses Zimmer kommt -
unversehrt. Wenn Sie ihr bereits etwas angetan haben, haben Sie einen unverzeihlichen Fehler begangen.«
Er blickte mich durchdringend an. »Ganz offensichtlich haben Sie die isländischen Behörden nicht alarmiert. Sonst wäre die Polizei schon hier.« »Selbstverständlich nicht. Ich habe es aus gutem Grund unterlassen. Erstens hätte das einen internationalen Aufruhr ausgelöst, was bedauerlich wäre.
Zweitens, und das ist viel wichtiger, können die Behörden Cooke lediglich deportieren. Meine Freunde sind da hartgesottener - sie bringen ihn, falls nötig, um.« Ich beugte mich wieder vor und tippte Kennikin mit dem Zeigefinger kräftig gegen das Knie. »Und danach werden meine Freunde Sie bei der Polizei verpfeifen. Sie werden zwischen Uniformen und Diplomaten eingeklemmt sein, Vaslav.« Ich richtete mich auf. »Ich möchte das Mädchen sehen, und zwar sofort.«
» Sie nehmen kein Blatt vor den Mund. Aber das haben Sie eigentlich nie getan…« Seine Stimme wurde leise. »Bis Sie mich verraten haben.«
»Ich sehe keinen Ausweg für Sie«, erwiderte ich. »Um noch deutlicher zu werden – es gibt auch eine zeitliche Grenze.
Wenn Elin nicht innerhalb von drei Stunden bei meinen Freunden auftaucht, wird Cooke umgelegt.« Ich sah, wie Kennikin mit sich kämpfte. Er mußte eine Entscheidung treffen, die ihm gewaltig zu schaffen machte. »Wissen Ihre isländischen Freunde, wer Cooke ist?«
»Sie meinen, ob sie wissen, daß er beim sowjetischen Geheimdienst ist?« fragte ich. »Oder beim britischen vielleicht?« Ich schüttelte den Kopf. »Sie wissen lediglich, daß er eine Austauschgeisel für Elin ist. Weiter habe ich ihnen nichts über ihn erzählt. Sie halten Sie und Ihre Leute für eine Bande von Gangstern, und weiß der Himmel, damit liegen sie gar nicht so falsch.« Ich hatte ihn da, wo ich ihn haben wollte.
Er war jetzt überzeugt, ich sei isoliert und nur Elin und ich wüßten von Cookes Rolle als Doppelagent. Unter dieser Voraussetzung konnte er beruhigt den Kuhhandel abschließen.
Er stand vor der Wahl, Cooke zu opfern, der sich in langen fahren erfolgreich zu einem wertvollen Trojanischen Pferd entwickelt hatte, oder ihn gegen ein unbedeutendes isländisches Mädchen einzutauschen. Die Wahl konnte ihm nicht schwerfallen. Seine Lage war nicht schlechter als vor Elins Entführung, und sein cleveres Gehirn arbeitete vermutlich schon fieberhaft, um mich hereinzulegen. Er seufzte. »Vorerst können Sie
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