Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blindlings

Blindlings

Titel: Blindlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
Vom Netzwerk:
Beispiel nicht plötzlich an zu hupen.« Der kalte Stahl berührte flüchtig meinen Nacken. »Verstanden?« »Ja.« Ich verspürte plötzliche Erleichterung. Ich hatte schon befürchtet, daß er wußte, wo ich die letzten vierundzwanzig Stunden verbracht hatte und daß wir zu Gunnars Haus fuhren. Überrascht hätte es mich nicht allzusehr. Kennikin schien sonst alles zu wissen. Er hatte in Geysir auf der Lauer gelegen - ein hübscher Trick. Der Gedanke an Elin, die sicher mitgenommen worden wäre, und die Vorstellung, was man möglicherweise Sigurlin angetan hätte, ließ mir das Blut in den Adern gerinnen. Wir fuhren durch Laugarvatn durch und weiter nach Thingvellir in Richtung Reykjavik. Nach acht Kilometern befahl Kennikin mir, rechts auf eine Landstraße abzubiegen. Diese Straße kannte ich gut, sie führte zum Thingvallavatn-See. Ich fragte mich, wohin zum Teufel wir eigentlich fuhren.
    Ich wurde nicht lange im Ungewissen gelassen, denn Kennikin befahl mir, noch einmal abzubiegen. Ein holpriger Weg führte auf den See und auf die Lichter eines kleinen Hauses zu. Es gehört zu den Statussymbolen der Reykjaviker, ein Sommerhäuschen am Thingvallavatn zu haben. Sie werden immer kostbarer. Da für die Gegend ein Bauverbot besteht, sind die Preise enorm angestiegen. Ein Chalet am Thingvallavatn genießt heutzutage das gleiche Ansehen wie ein Rembrandt an der Wohnzimmerwand.
    Ich hielt vor dem Haus. »Hupen Sie«, befahl Kennikin. Ich gehorchte, und gleich darauf kam jemand heraus. Kennikin hielt mir die Pistole an den Kopf. »Vorsicht, Alan«, mahnte er.
    »Seien Sie schön vorsichtig.« Er seinerseits war es auch. Ich wurde ins Innere des Hauses geführt, ohne die geringste Chance für einen Ausbruchsversuch zu haben. Das Zimmer war im modernen schwedischen Stil eingerichtet. In England würden die Möbel ein bißchen fehl am Platz wirken, aber in den nordischen Ländern sehen sie natürlich und gut aus. Es gab einen Kamin, in dem ein Feuer brannte, was einigermaßen überraschend war. Da Island weder über Kohle noch über Bäume verfügt, ist ein offenes Feuer eine Rarität. Viele Häuser werden mit Hilfe des von der Natur gespendeten heißen Wassers geheizt, alle übrigen haben Ölbrenner. Hier handelte es sich um ein Torffeuer, über dessen roter Glut bläuliche Flammen züngelten. Kennikin machte eine Bewegung mit der Pistole. »Setzen Sie sich ans Feuer, Alan. Wärmen Sie sich auf.
    Aber zuerst wird Ilyich Sie durchsuchen.«
    Ilyich war ein untersetzter Mann mit breitem, flächigem Gesicht. Seine Augen hatten etwas Asiatisches, was mich vermuten ließ, daß zumindest ein Elternteil von jenseits des Urals stammte. Er tastete mich gründlich ab, wandte sich dann Kennikin zu und schüttelte den Kopf. »Keine Waffe?« fragte Kennikin. »Sehr weise von Ihnen.« Er lächelte Ilyich freundlich zu und wandte sich dann an mich. »Sehen Sie, was ich meine, Alan? Ich bin von Idioten umgeben. Ziehen Sie Ihr linkes Hosenbein hoch und zeigen Sie Ilyich Ihr hübsches Messerchen.« Ich gehorchte. Ilyich guckte erstaunt, während Kennikin ihn zusammenstauchte. Was Beschimpfungen anbelangt, so ist der russische Wortschatz sogar noch reichhaltiger als der englische. Das sgian dubh wurde konfisziert, und Kennikin bedeutete mir, mich zu setzen, während Ilyich mit knallrotem Gesicht hinter mich trat.
    Kennikin steckte seine Pistole ein. »Was wollen Sie trinken, Alan Stewart?« »Scotch – wenn Sie welchen haben.« »Haben wir.« Er öffnete den Schrank neben dem Kamin und goß ein Glas halb voll. »Pur oder mit Wasser? Bedaure, wir haben kein Soda.«
    »Wasser genügt. Machen Sie ihn ja nicht zu stark, wenn’s geht.«
    Er lächelte ironisch. »Ah ja, Sie müssen natürlich einen klaren Kopf behalten. Abschnitt vier, Vorschrift fünfunddreißig. Wenn Ihnen der Gegner einen Drink anbietet, verlangen Sie einen schwachen Drink.« Er goß Wasser ins Glas und brachte es mir. »Ist es recht so?« Ich nippte vorsichtig und nickte. Kennikin kehrte zum Schrank zurück und goß sich isländischen brennivin ein. Er leerte das halbe Glas in einem Zug. Ich beobachtete erstaunt, wie er den Rachenputzer hinunterschüttete, ohne eine Miene zu verziehen. Wenn Kennikin so in aller Öffentlichkeit soff, ging es mit ihm schnell bergab. Es wunderte mich nur, daß man im Department davon nichts wußte.
    »Kriegen Sie hier auf Island keinen Calvados, Vaslav?«
    fragte ich.
    Er grinste und hielt das Glas in die Höhe. »Das ist mein erster Drink seit

Weitere Kostenlose Bücher