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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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abgeschnitten. Dann die Finger, einen nach dem anderen.«
    Die Literaturgeschichte war voll schillernder Ungeheuer, die aus der Unterwelt oder aus anderen Welten und Laboratorien stammten.
    »Auf Fotos, die er dabei gemacht hat, kann man sehen, dass sie anfangs noch am Leben und bei Bewusstsein war. Irgendwann ist sie dann vom Blutverlust bewusstlos geworden.«
    Vampire, Werwölfe, heißhungrige Außerirdische, mordlüsterne Poltergeister, Gräuel der Natur, grässliche Kreaturen, aus fehlgeschlagenen Experimenten entstanden: nichts davon war wirklich, alles war eine Projektion, eine Metapher, ein äußerlicher Ausdruck von etwas, das sich in uns selbst befand.
    »Was er Melanie, seiner dreijährigen Tochter, angetan hat, ist unaussprechlich. Ich werde es dir nie erzählen. Nie. Wenn du es wirklich wissen willst, musst du es selber lesen. Auch sie war bei Bewusstsein, jedenfalls die meiste Zeit.«
    Die einzigen Ungeheuer auf dieser Welt waren jene, die als menschlich galten, die einen Schatten warfen und im Spiegel zu sehen waren, die lächelten, von Mitgefühl sprachen und überzeugende Tränen vergossen.
    »Als seine Frau und seine Tochter tot waren«, fuhr Penny fort, »da hat er sich mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt.«
    Auge in Auge mit ihr konnte ich nicht hören, dass einer von uns beiden atmete. Auch den Motor des Kühlschranks hörte ich nicht und nicht das Flüstern des Windes an den
Fenstern. Es war, als wären wir nicht wirklich vorhanden gewesen, sondern existierten nur auf einem Plasmabildschirm - als Figuren eines Films, von jemandem betrachtet, der mit seiner Fernbedienung den Ton abgestellt hatte.
    Endlich sagte Penny: »Das offizielle Ergebnis der polizeilichen Untersuchung - zwei Morde und ein Selbstmord. Was hältst du davon?«
    Wegen der extrem sadistischen Natur dieses Verbrechens hätte ich lieber geglaubt, dass die Polizei die korrekten Schlüsse gezogen hatte. Dass Thomas Landulf Frau und Kind getötet hatte und dass das Ungeheuer, das zu solchen Dingen fähig war, sich nicht mehr auf der Welt befand.
    Pennys unverwandter Blick ließ jedoch keinen Rückzug von der Wahrheit zu.
    »Höchstwahrscheinlich … kein Selbstmord«, sagte ich. »Und nicht zwei Morde, sondern drei.«
    »Höchstwahrscheinlich«, stimmte sie mir zu. »Und weißt du, was ich denke? Ich denke, bevor die Morde geschehen sind, hat Waxx diesen Landulf genauso gequält, wie er es jetzt mit uns tut.«
    »Klingt plausibel.«
    »Aber nachdem man die drei tot aufgefunden hatte, wieso hat die Polizei sich überhaupt nicht mit der Frage beschäftigt, ob Waxx etwas damit zu tun hatte?«
    »Clitherow hat gesagt, wenn man Waxx bei der Polizei anzeigt, geschehen merkwürdige Dinge«, erinnerte ich sie.
    »Als ich vorhin auf Landulf gestoßen bin, dachte ich, jetzt haben wir etwas, womit wir zur Polizei gehen können. Aber dann wurde mir klar …«
    Ich nickte. »Genau.«
    »… dass wir wirklich allein dastehen. Wer ist er nur, dass man ihm nichts anhaben kann?«

    »Wenn er so sadistisch vorgegangen ist wie bei den Landulfs … muss man sich fragen, was er ist.«
    Dass die kleine Familie derart brutal abgeschlachtet worden war, veränderte die Lage. Wir mussten Waxx und die Bedrohung, die er für uns darstellte, in einem neuen Licht sehen. Mit jeder Stunde kam er mir weniger professoral und dafür raubtierhafter vor. Seine Kultiviertheit war nur ein Deckmantel, um seine seelische Deformierung zu verhüllen, und sein zivilisiertes Auftreten war lediglich eine Maske.

25
    Obwohl ich keinen Appetit hatte, aß ich zu Mittag. Da mir die Morde an den Landulfs noch so frisch im Gedächtnis waren, hätte ich das Essen eigentlich geschmacklos finden sollen, aber es war köstlich.
    Vielleicht erlebten selbst die Verdammten in der Hölle manchmal angenehme Augenblicke, und wenn auch nur als Erinnerung daran, dass die Hölle nicht das A und O war.
    Nach dem Essen meinte Penny erschöpft, sie müsse sich ein wenig hinlegen. Weil sie in unserer Nähe bleiben wollte, statt ins Schlafzimmer zu gehen, nahm sie eines der Sofas nebenan, wo sie sich auf die Seite legte, den Hafen im Blick, damit die Bewegung des Wassers und die langsam dahingleitenden Boote sie in den Schlaf wiegen konnten.
    Milo setzte sich wieder vor seinen Computer und die anderen Apparaturen an den Couchtisch. Er wandte dem Hafen den Rücken zu.
    Lassie lag neben ihm auf dem Bauch. Mit gehobenem Kopf und aufgestellten Ohren blickte sie aus dem Fenster. Vielleicht hatten es

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