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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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meiner Familie läuft man zwar ganz gern davon, aber bei den Booms ist so was ausgeschlossen.«
    »Und ob! Das heißt, wir müssen jetzt erst recht nach Smokeville fahren.«
    Ich stand dämlich nickend da wie einer dieser Hunde mit Wackelkopf, die manche Leute auf die Hutablage ihres Autos setzen.
    »Ist die Diskussion damit beendet?«, fragte Penny.
    »Tja, da ich offenkundig nicht in der Lage bin, daran erfolgreich teilzunehmen, ist sie wohl vorbei.«
    »Gut. Wir sind jetzt etwa drei Stunden südlich von San Francisco. Du fährst. Jetzt bin ich mit einem Nickerchen dran.«
    Ich setzte mich hinters Lenkrad, Penny machte es sich neben mir gemütlich.
    Auf dem Rücksitz schlief Milo immer noch. Lassie schlief ebenfalls, aber außerdem furzte sie. Wenn sie das tat, erzeugte sie glücklicherweise nur einen hohen Flötenton, aber keinen Gestank. Da sie bekanntlich auch nicht bellte, schien sie ein Tier zu sein, das immer Rücksicht nahm.
    Während ich auf die lange Einfahrt zu den nordwärts führenden Fahrspuren einbog, fragte Penny: »Was war das Letzte, das Clitherow gesagt hat, kurz bevor man ihm die Kehle aufgeschlitzt hat? Das, was du nicht verstanden hast?«
    »Ich glaube, es war: Und jetzt bin ich im Turm von Paris mit … Danach kamen nur noch würgende und pfeifende Geräusche.«
    »Paris. Merkwürdig. Ob er wohl den Eiffelturm meinte? Hat er dich etwa von Paris aus angerufen?«
    »Äußerst unwahrscheinlich. Das Messer lag an seiner Kehle, und er war mit der Geschichte, die er mir erzählen musste, fertig und wusste, dass man ihn abstechen würde. Da hat er
vielleicht den Verstand verloren und nur noch vor sich hin geplappert.«
    »Hat es nach Plappern geklungen?«
    »Nein«, gab ich zu. »Er hat es in demselben schrecklich ausdruckslosen Tonfall gesagt wie alles vorher.«
    »Dann hat es etwas bedeutet«, sagte Penny. »Es hat bestimmt etwas bedeutet.«

43
    Ich war als Einziger im Wagen wach, so dass ich niemanden in ein tröstliches Gespräch verwickeln konnte. Nichts unterbrach das monotone Trommeln des Regens, von gelegentlichen Flötentönen unseres musikalischen Hundes einmal abgesehen.
    Meine Gedanken kehrten zu John Clitherows Bericht über die Ermordung seiner Frau und seiner beiden Töchter zurück. Waxx hatte gewollt, dass ich das direkt aus dem Mund meines unglücklichen Kollegen hörte.
    Teilweise musste damit beabsichtigt gewesen sein, mich zu demoralisieren und so einzuschüchtern, dass meine Angst mich nicht mehr anspornte, sondern daran hinderte, mich und meine Familie aktiv zu verteidigen.
    Als mir einfiel, wie ich Penny gedrängt hatte, doch nicht nach Smokeville zu fahren, wurde mir erschrocken klar, wie gut diese Strategie bereits gewirkt hatte.
    Mich so zu demoralisieren, dass ich völlig gelähmt war, konnte jedoch nicht der einzige Zweck gewesen sein. Außerdem war es offenbar darum gegangen, Clitherow so lange zu quälen, bis er die Lebensanschauung, die sich in seinen Büchern ausdrückte, endgültig aufgab, und ihn erst dann zu töten.
    In dieser zweiten Absicht verbarg sich das Ziel, das Waxx verfolgte, der Grund, weshalb er - von blanker Mordlust einmal abgesehen - Leuten wie Clitherow, Landulf und mir nach dem Leben trachtete.

    Während ich den Wagen durch Nacht und Regen lenkte, hörte ich Penny etwas murmeln, das auf einen angenehmen Traum hinwies, während Milo auf dem Rücksitz leise schnarchte - und genau in diesem Augenblick fasste Lassie diese Geräusche zu einer kleinen Serenade zusammen, indem sie eine Reihe geruchloser Flötentöne hinzufügte.
    Dieses belanglose Ereignis amüsierte mich nicht nur, sondern kam mir auch ungeheuer kostbar vor. Es war einer jener prosaischen Momente, an denen man sich so sehr freuen konnte, dass die Welt einfach als Ort der Freude geschaffen sein musste. Kein mechanisches Universum, das stumpfsinnig vor sich hin ratterte, konnte aus derart banalem Material etwas so Hübsches schaffen.
    Das war auch genau der Grund, weshalb man Waxx und Leuten wie ihm nicht erlauben durfte, ihre Ziele zu erreichen. Die Welt gehörte ihnen nicht, selbst wenn sie das durch Lügen, Einschüchterung und Gewalt behaupteten. Wenn wir sie siegen ließen, dann gab es nie wieder Momente, an denen man sich freuen konnte, egal, ob sie nun banal oder grandios waren.
    Vor langer Zeit hatte ich gewissermaßen einen Pakt mit dem Tod geschlossen, andere zu verschonen, wie ich einmal verschont worden war, und ein friedfertiger Mensch zu sein. Ein solcher Pakt war allerdings

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