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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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derart mysteriösen Vorgang zu
     verlassen. »Mein Vater kann Ihnen Theorien darlegen und Ihnen haarklein erklären, warum er diese oder jene Entscheidung getroffen
     hat«, erzählt der Sohn des Investmentbankers und Milliardärs George Soros. »Aber ich erinnere mich, wie ich mir schon als
     Kind dachte, dass mindestens die Hälfte davon purer Unsinn ist. Wenn er seine Position im Markt verändert, dann deshalb, weil
     er tierische Rückenschmerzen bekommt. Er verfällt buchstäblich in einen Krampf, und das ist sein Frühwarnsystem.«
    Offensichtlich ist das einer der Gründe für den legendären Erfolg von George Soros: Er weiß um die Bedeutung seines unbewussten
     Denkens. Wenn aber Sie und ich Ihr Geld bei Soros anlegen würden, dann würde es uns sicher ein wenig kribbelig machen, wenn
     wir wüssten, dass er Papiere kauft oder verkauft, weil er ein Ziepen im Rücken verspürt. Ein erfolgreicher Topmanager wie
     Jack Welch kann seine Biografie
Jack: Straight from the Gut
nennen [wörtlich: »aus dem Bauch heraus«. Auf Deutsch erschienen unter dem Titel
Was zählt
], aber im Buch selbst muss er seinen Lesern erklären, dass es gar nicht sein Bauchgefühl gewesen ist, das seinen Erfolg ausgemacht
     hat, sondern ausgefeilte Managementtheorien, komplizierte Systeme und eiserne Prinzipien. Wir erwarten, dass Entscheidungen
     hundertprozentig durchdacht, begründet und abgesichert werden. Wenn wir sagen, wie wir uns |58| fühlen, dann erwartet man von uns auch eine Erklärung,
warum
wir uns so fühlen. Aus diesem Grund fiel es den Kuratoren des Getty Museums anfangs so schwer, das Bauchgefühl von Experten
     wie Hoving, Harrison und Zeri ernst zu nehmen: Es war sehr viel einfacher, den Wissenschaftlern und Anwälten zu vertrauen,
     die ihre Ergebnisse mit unzähligen Seiten bedruckten Papiers belegt und dokumentiert hatten. Ich halte diesen Ansatz jedoch
     für falsch: Wenn wir die Qualität unserer Entscheidungen verbessern wollen, dann müssen wir hinnehmen, dass unsere Spontanentscheidungen
     immer etwas Mysteriöses an sich haben. Wir müssen uns damit abfinden, dass es möglich ist, etwas zu wissen, ohne genau sagen
     zu können, warum wir es wissen. Und wir müssen akzeptieren, dass das manchmal auch besser so ist.
    Auf Handlung eingestellt
    Stellen Sie sich vor, ich bin Ihr Professor und habe Sie in mein Büro gebeten. Sie gehen den Gang entlang, kommen zu meiner
     Tür herein und setzen sich mir gegenüber an meinen Schreibtisch. Vor Ihnen liegt ein Blatt Papier mit einer Liste fragmentarischer
     Sätze, die aus jeweils fünf Wörtern bestehen. Es handelt sich um einen Test, in dem Sie aus den vorhandenen Wörtern vernünftige
     Sätze bilden und gegebenenfalls Wörter ergänzen sollen. Sind Sie so weit?
besorgt sie immer um ihn
blühen Heim Fenster die Kirschen
Ball still werfen den er
Schuh geben reparieren alt der
beobachtet langsam andern er gelegentlich
geht Park er einsam in
Himmel grau nahtlos ist der
|59| sich zurückziehen sollte er vergesslich
vor immer Fernseher einschlafen sie
runzeln Sonne die Rosinen lässt
    War doch ganz einfach, oder? Aber so einfach nun auch wieder nicht. Denn ob Sie es glauben oder nicht: Nachdem Sie den Test
     gemacht haben, gehen Sie langsameren Schrittes aus meinem Büro hinaus und den Gang hinunter, als Sie gekommen sind. Warum?
     Sehen wir uns die Liste doch einmal genauer an. In die Sätze habe ich bestimmte Begriffe eingestreut, wie »besorgt«, »Heim«,
     »still«, »alt«, »einsam«, »grau«, oder »runzeln«. Sie dachten vielleicht, es ginge nur um einen Test Ihrer sprachlichen Fähigkeiten.
     Worum es mir aber wirklich ging, war, Ihr Gehirn – oder besser gesagt: Ihr adaptives Unbewusstes – dazu zu bringen, über das
     Thema Alter nachzudenken. Der bewusste Teil Ihres Gehirns hat von diesem plötzlichen Themenwechsel vermutlich gar nichts mitbekommen.
     Doch der unbewusste Teil war so beschäftigt, dass Sie sich nach Abschluss des Tests verhalten haben wie ein alter Mensch:
     Sie sind langsam durch meine Tür hinaus und den Korridor hinuntergegangen.
    Dieser Test wurde von einem klugen Psychologen namens John Bargh entwickelt. Er nennt sich Priming- oder Einstellungs-Experiment,
     und Bargh und andere Psychologen haben zahllose, noch weitaus faszinierendere Varianten davon entwickelt, die alle eindrucksvoll
     vorführen, wie viel hinter der verschlossenen Tür unseres Unbewussten vor sich geht. Zum Beispiel führten Bargh und zwei seiner
     Kollegen von

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