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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Schwierigkeiten mehr, die Begriffe zuzuordnen:
    Böse?
Schwarze Hautfarbe oder schlecht.
    Verletzt?
Schwarze Hautfarbe oder schlecht.
    Wunderbar?
Weiße Hautfarbe oder gut.
    Ich machte den Test ein zweites, ein drittes und schließlich ein viertes Mal, in der Hoffnung, dass meine Schwierigkeiten
     verschwinden würden. Sie blieben. Als ich mir die Ergebnisse ansah, stellte ich fest, dass es 80 Prozent aller getesteten
     Personen leichter fällt, »weiße Hautfarbe« und »gut« zu assoziieren. Oder andersherum, den meisten Menschen fällt es nachweisbar
     schwerer, gute Eigenschaften dem Wort »schwarz« zuzuordnen, als schlechte Eigenschaften mit schwarzen Personen in Verbindung
     zu bringen. In der Auswertung wurde mir »eine geringfügige automatische |91| Bevorzugung von Weißen« bescheinigt. Dabei bin ich selbst dunkelhäutig, meine Mutter ist Jamaikanerin.
    Heißt das, ich bin ein Rassist? Ein Schwarzer, der sich selbst hasst? Ja und nein. Es bedeutet, dass unsere Einstellungen
     zu Rasse und Geschlecht auf zwei verschiedenen Ebenen funktionieren. Zum einen haben wir unsere bewussten Überzeugungen, unsere
     selbst gewählten Glaubenssätze und Werte, mit denen wir unser Handeln bewusst steuern. Die Apartheidspolitik in Südafrika
     oder die früheren Rassengesetze in den Südstaaten der USA waren Ausdruck bewusster Diskriminierung, und wenn wir über Rassismus
     sprechen oder für Bürgerrechte auf die Straße gehen, dann meinen wir für gewöhnlich diese Form der Diskriminierung. Doch der
     IA-Test misst etwas anderes. Hier geht es um die zweite Ebene, unsere
unbewussten
Einstellungen, die direkte, automatische Assoziation, die wir haben, wenn wir keine Zeit zum Nachdenken haben. Diese unbewussten
     Haltungen nehmen wir, wie der Name sagt, nicht bewusst ein – wie ich im ersten Kapitel gezeigt habe, wissen wir vielleicht
     nicht einmal, dass wir sie haben. Der riesige Computer unseres Unbewussten verarbeitet ganz im Stillen die Daten, die wir
     aus Erfahrungen, Begegnungen, dem Schulunterricht, Büchern, Filmen und so weiter sammeln, und bildet sich so seine Meinung.
     Und die sehen wir im Ergebnis des IA-Tests.
    Der Test wirkt deshalb so beunruhigend, weil er zeigt, dass unsere unbewussten Einstellungen in absolutem Widerspruch zu unseren
     bewusst formulierten Überzeugungen und Werten stehen können. So stellt sich zum Beispiel heraus, dass von den rund 50 000
     Afroamerikanern, die den Test bislang gemacht haben, rund die Hälfte ganz ähnlich wie ich positivere Assoziationen mit der
     weißen als mit der schwarzen Hautfarbe hat. Eigentlich sollte das niemanden überraschen. Die Kultur der USA vermittelt uns
     Tag für Tag, dass »weiß« und »gut« zusammengehören. »Man sucht sich nicht aus, ob man die herrschende Gesellschaftsschicht
     mit positiven Assoziationen belegen möchte oder nicht«, erklärt Mahzarin Banaji, der an der Universität Harvard Psychologie
     unterrichtet und einer der |92| führenden Köpfe der IAT-Forschung ist. »Es bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig. Schlagen Sie die Zeitung auf, schalten Sie
     den Fernseher ein, Sie können dieser Beeinflussung nicht entkommen.«
    Der IA-Test ist mehr als ein abstraktes Messinstrument für unsere unbewussten Einstellungen. Mit seiner Hilfe lässt sich auch
     hervorragend vorhersagen, wie Sie in einer bestimmten, sich unerwartet ergebenden Situation reagieren werden. Wenn Sie zum
     Beispiel ein starkes pro-weißes Assoziationsmuster haben, dann hat das erwiesenermaßen Auswirkungen darauf, wie Sie sich in
     Gegenwart eines Menschen dunkler Hautfarbe verhalten. Es hat keinen Einfluss auf die Dinge, die Sie bewusst sagen und tun.
     Es kann sogar sein, dass Sie selbst gar nicht bemerken, dass Sie einer schwarzen Person anders gegenübertreten als einer weißen.
     Aber vermutlich beugen Sie sich im Gespräch weniger weit vor, wenden sich öfter ab, öffnen sich weniger, sind weniger ausdrucksvoll,
     nehmen weniger Augenkontakt auf, wahren größere Distanz, lächeln seltener, zögern öfter, stottern mehr und lachen weniger
     über Witze. Vielleicht meinen Sie, dass das keine Rolle spielt, aber da würde ich Ihnen widersprechen. Stellen Sie sich vor,
     es handelt sich nicht um eine harmlose Plauderei, sondern um ein Vorstellungsgespräch, und der Bewerber ist schwarzer Hautfarbe.
     Er wird Ihre Ungewissheit und Distanz spüren, dadurch vielleicht ein bisschen an Selbstsicherheit verlieren und ein bisschen
     gehemmter und ein bisschen

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