Blink! - die Macht des Moments
»Arbeitsplatz« unter »Beruf« einzuordnen, wenn diese Spalte
zugleich die Kategorie »weiblich« ist – den meisten fällt die Zuordnung leichter, wenn »Beruf« und »männlich« zusammen stehen.
Das liegt daran, dass die meisten von uns das Berufsleben nach wie vor mit Männern assoziieren und Frauen eher mit allem,
was mit Familie zu tun hat. »Männlich« und »Firma« gehen in unseren Köpfen ähnlich zusammen wie »männlich« und »Hans«. Aber
wenn in einer Spalte die beiden Kategorien »männlich« und »Familie« und in der anderen »weiblich« und »Beruf« zusammengefasst
sind, dann müssen wir länger nachdenken – und seien es bloß ein paar Zehntelsekunden –, ehe wir wissen, wo wir Wörter wie
»Hausarbeit« oder »Arbeitsplatz« zuordnen sollen.
Wenn Psychologen den IA-Test machen, dann benutzen sie natürlich nicht Papier und Bleistift, so wie Sie eben, sondern Computer.
Die Wörter blitzen auf dem Bildschirm auf, und wenn ein bestimmtes Wort in die linke Kategorie gehört, dann drücken Sie den
Buchstaben »e«, und wenn es in die rechte Kategorie gehört, dann drücken Sie den Buchstaben »i«. Der Vorteil des Computers
ist, dass Ihre Reaktionszeit auf Tausendstel Sekunden genau bestimmt werden kann, und diese Zeiten werden bei der Auswertung
Ihres Tests berücksichtigt. Sollten Sie zum Beispiel für den zweiten Test ein wenig länger gebraucht haben als für den ersten,
dann würden die Tester darauf schließen, dass Sie eine leichte Tendenz dazu haben, das Berufsleben mit »Männlichkeit« in Verbindung
zu bringen. Sollten Sie für den zweiten Teil erheblich länger gebraucht haben, würden die Psychologen Ihnen sagen, dass Sie
beim Thema Berufsleben reflexartig an Männer denken.
Einer der Gründe, warum sich IA-Tests in den letzten Jahren bei Wissenschaftlern immer größerer Beliebtheit erfreuen, ist
ihre Einfachheit und Überzeugungskraft. Wenn Sie bei der letzten Fragerunde bemerkt haben, dass Sie plötzlich mit Schwierigkeiten
zu kämpfen hatten, dann können Sie nachvollziehen, dass IA-Tests nicht erst lange interpretiert werden müssen. »Wenn eine
starke frühere |88| Assoziation besteht, dann antworten Testpersonen innerhalb von vier bis sechs Zehntelsekunden«, sagt Greenwald. »Wenn nicht,
dann benötigen sie zwei bis drei Zehntel länger. Für Reaktionszeiten ist das eine Menge. Einer meiner Kollegen scherzte einmal,
man könne implizite Assoziationen auch mit einer Sonnenuhr messen.«
Wenn Sie sich an einem IA-Test versuchen wollen, finden Sie im Internet unter www.implicit.harvard.edu die unterschiedlichsten
Fragebögen. Unter anderem können Sie dort auch den wohl bekanntesten IA-Test machen, den Rassismus-IAT. Ich habe diesen Test
mehrmals gemacht, und das Ergebnis hinterlässt bei mir jedes Mal ein mehr als ungutes Gefühl. Zu Beginn des Tests werden Sie
gebeten, Ihre Meinung zum Thema Hautfarbe darzulegen. Natürlich habe ich, wie vermutlich die meisten Teilnehmer, angegeben,
dass Hautfarbe für mich keine Rolle spielt und ich der Ansicht bin, dass Menschen aller Rassen gleich sind. Dann beginnt der
Test. Sie werden aufgefordert, die Fragen möglichst schnell zu beantworten. Zuerst kommt eine Aufwärmübung. Eine Folge von
Bildern flackert über den Bildschirm. Wenn Sie ein schwarzes Gesicht sehen, drücken Sie »e« und sortieren das Bild damit in
die linke Kategorie ein. Wenn Sie ein weißes Gesicht sehen, drücken Sie »i« und sortieren das Bild damit in die rechte Kategorie
ein. Es geht
blink, blink, blink, blink:
Es gibt nicht viel nachzudenken. Dann beginnt der erste Teil des Tests.
Und so weiter. Augenblicklich passierte etwas ganz Merkwürdiges. Es fiel mir unglaublich schwer, Bilder und Gesichter in die
richtige Kategorie einzuordnen. Ich wurde langsamer, musste nachdenken. So sehr ich mich anstrengte, es kam vor, dass ich
Fehler machte und Dinge in die eine Kategorie einordnete, obwohl ich sie in die andere sortieren wollte. Mich beschlich ein
wachsendes Gefühl der Beschämung: Warum fiel es mir so schwer, Wörter wie »großartig« und »wunderbar« in die Kategorie »gut«
einzuordnen, wenn »gut« mit »schwarze Hautfarbe« zusammenfiel, oder »böse« in die Kategorie »schlecht«, wenn darüber »weiße
Hautfarbe« stand? Dann begann der zweite Teil des Tests. Diesmal waren die Kategorien vertauscht.
Und so weiter. Mein Gefühl der Beschämung wuchs: Jetzt hatte ich keine
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