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Blink! - die Macht des Moments

Titel: Blink! - die Macht des Moments Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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Zeiten. Und die Autohändler, die Schwarzen
     und Frauen einen übertrieben hohen Preis nannten, vergraulten Kunden, die andernfalls vielleicht ein Auto gekauft hätten.
    Bob Golomb bemüht sich dagegen, sämtliche Kunden gleich zu behandeln, weil er sich bewusst ist, wie gefährlich Spontanurteile
     sind, wenn es um Hautfarbe, Geschlecht und Äußeres geht. Manchmal hat der Landwirt im schmutzigen Arbeitskittel Hunderte Hektar
     Land und die Taschen voller Geld, oder der Jugendliche in den abgerissenen Jeans kommt abends mit Mama und Papa wieder. Manchmal
     hat der junge Schwarze einen Abschluss aus Harvard. Manchmal trifft die zierliche Blondine die Kaufentscheidungen für die
     gesamte Familie. Und manchmal ist der Herr mit dem silbergrauen Haar, den breiten Schultern und dem willensstarken Kinn ein
     Fliegengewicht. Also versucht Golomb erst gar nicht, auf einen Blick den Hinleger zu erkennen. Er nennt jedem Kunden denselben
     Preis, verzichtet damit auf eine möglichst hohe Provision für einen einzelnen Wagen und verkauft dafür lieber mehr. Inzwischen
     hat er sich einen Ruf für seine Fairness erarbeitet, der dafür sorgt, dass ein Drittel seiner Verkäufe auf Empfehlung zufriedener
     Kunden zurückgeht. »Kann ich einfach jemanden anschauen und sagen, ›der kauft ein Auto‹? Dazu müsste man schon verdammt gut
     sein, und so gut bin ich nicht«, sagt Golomb. »Ich bin immer wieder erstaunt. Da kommt ein Typ rein, wedelt mit der Kreditkarte
     und sagt: ›Ich kaufe mir hier und jetzt ein |102| Auto. Wenn der Preis stimmt, nehme ich es sofort mit.‹ Und wissen Sie was? In 90 Prozent der Fälle kauft er sich kein Auto.«
    Denken Sie an Martin Luther King!
    Wie können wir verhindern, selbst in die Warren-Harding-Falle zu tappen? Wir haben es hier mit einer Art von Vorurteil zu
     tun, die so wenig offensichtlich ist, dass man schwer dagegen ankommt. Ein Gesetz, das besagt, dass Schwarze nicht aus dem
     gleichen Wasserhahn trinken und dieselben Schulen besuchen dürfen wie Weiße, kann man bekämpfen, und wenn man mit der Klage
     bis zu dem höchsten Gerichtshof gehen muss. Aber unbewusste Diskriminierung ist viel schwerer in den Griff zu bekommen. Die
     Wähler des Jahres 1920 waren sich nicht im Klaren darüber, dass sie sich vom präsidentialen Äußeren des Kandidaten Harding
     täuschen ließen, ebenso wenig wie die Autohändler Chicagos sich bewusst waren, dass sie durchgängig Frauen und Schwarze über
     den Tisch zogen, und Direktoriumsmitglieder erkennen, dass sie eine absurde Vorliebe für groß gewachsene Männer haben. Wenn
     etwas ohne unsere bewusste Wahrnehmung passiert, wie sollen wir etwas dagegen tun?
    Die Antwort ist ganz einfach: Wir sind unseren ersten Eindrücken nicht hilflos ausgeliefert. Sie drängen aus dem Unbewussten
     herauf, sie entstehen hinter einer verschlossenen Tür – doch das heißt noch lange nicht, dass wir keinen Einfluss auf sie
     haben. Sie können vielleicht den Rassismus-IAT oder den Karriere-IAT so oft machen, wie Sie wollen, und sich bemühen, die
     problematischen Fragen so schnell zu beantworten, wie Sie nur können, ohne dass sich das Ergebnis im Geringsten verändert.
     Aber ob Sie es glauben oder nicht, wenn Sie sich vor dem Test Bilder oder Artikel über Martin Luther King oder Nelson Mandela
     ansehen, dann hat das messbare Auswirkungen auf Ihre Reaktionszeiten. Plötzlich ist es gar nicht mehr so schwierig, positive
     Eigenschaften mit schwarzen |103| Menschen zusammenzubringen. »Ich hatte einen Studenten, der den Rassismus-IAT jeden Tag gemacht hat«, erzählt Banaji. »Er
     machte ihn gleich morgens und wollte beobachten, wie sich die Daten entwickeln. Eines Morgens ergab der Test plötzlich eine
     positive Assoziation mit Schwarzen. Er meinte, ›das ist ja komisch, das ist mir noch nie passiert.‹ Wir alle haben versucht,
     unsere IAT-Werte zu verändern, und es nie geschafft. Aber dieser Student ist Leichtathletik-Fan, und es stellte sich heraus,
     dass er sich an diesem Morgen die Olympischen Spiele im Fernsehen angesehen hatte.«
    Unsere ersten Eindrücke werden durch unsere Erfahrungen und unsere Umwelt beeinflusst. Das heißt, dass wir unsere ersten Eindrücke
     ändern können, wenn wir dafür sorgen, andere Erfahrungen zu machen. Wenn Sie weißer Hautfarbe sind und Menschen schwarzer
     Hautfarbe in jeder Hinsicht gleich behandeln möchten, wenn Sie also dieselben positiven Assoziationen mit Schwarzen haben
     wollen, die Sie mit Weißen haben,

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