Blitz bricht aus
McGregor.
»Ja, Utah.« Washburn sah sich rasch nach ihm um und erhaschte seinen Blick. Wieder fiel ihm der gehetzte Ausdruck in den Augen des Jungen auf. Diesmal hatte er keinen Zweifel mehr, der Junge war auf der Flucht vor irgend etwas. Er hatte denselben Blick schon mehrmals bei jungen Leuten beobachtet, die etwas auf dem Kerbholz hatten. Jedenfalls mußte er auf der Hut sein.
Seine Finger schlossen sich fester um das Lenkrad. Er spürte, daß Furcht in ihm aufstieg. Er hatte schon zweimal sehr übel dafür bezahlt, daß er in seiner Gutmütigkeit Landstreicher mitgenommen hatte... Und diesmal war es besonders schlimm, weil er einen Weg gewählt hatte, der sehr selten befahren wurde. Die Nacht würde lang werden. Auf sein gewohntes kleines Nickerchen im stehenden Auto mußte er wohl verzichten. Er fühlte nach dem Revolver in seiner Tasche—im Notfall mußte er sich eben darauf verlassen. Unwillkürlich warf er einen Blick nach hinten. Der Junge bewegte sich; er griff ebenfalls in die Tasche. Hatte er eine Waffe? »Was machst du da, McGregor?« fragte Washburn. »Was hast du da in der Tasche?«
Die Augen des Jungen wurden hinterhältig. »N-n-nichts«, stotterte er.
»Sei ehrlich zu mir«, sagte Washburn. »Und schau dir die Straße an. Wenn du auf mich schießt, wird der Wagen abstürzen, und wir werden beide hin sein.«
»Ich habe keine Waffe«, sagte der Junge, »nur das hier.« Er zog die Hand mit dem Päckchen blutgetränkter Banknoten aus der Tasche und zeigte sie ihm.
Die breiten Schultern hinter dem Steuer entspannten sich; Washburn sah nach vorn. »Das ist ja ein Haufen Geld.« Weiter sagte er nichts. Woher der Junge die Banknoten hatte, war nicht seine Angelegenheit. Halte dich aus dieser Sache heraus, befahl er sich selbst, und sieh zu, daß du den Burschen so bald wie möglich los wirst.
Er konzentrierte sich auf das Fahren und ließ den Wagen mit der Geschwindigkeit eines Schlittens die abschüssige Gebirgsstraße hinunterjagen. Als er eine ebene Strecke erreichte, beschleunigte er das Tempo noch mehr. Er stellte das Radio an, in der Hoffnung, daß ihn die laute Musik wach halten würde. Eine weitere Stunde ging hin, und seine Lider wurden unerträglich schwer. Er war nicht mehr imstande, die Augen offen zu halten; er mußte sie schließen, und wenn es nur für ein paar Minuten war. Andernfalls würde er hinter dem Steuer einschlafen. Er bremste den Wagen, fuhr an den Straßenrand und sagte: »Ich bin sehr müde; ich muß ein paar Minuten ausruhen.« Er war nicht sicher, ob der Junge ihn gehört hatte. Es war aber auch gleichgültig, er mußte jedenfalls anhalten, und er hatte ja seine Waffe, um sich zu schützen. Er stellte den Motor ab, aber das Radio nicht, denn er wollte nicht schlafen.
Etwas später verstummte die Musik, und der Ansager gab die genaue Zeit; es war zwei Uhr. Der Junge saß mit geschlossenen Augen in seiner Ecke. Washburn schloß seine Augen nun gleichfalls. Eine Minute verging und noch eine. Oder war es eine Stunde? Träumte er oder hörte er die Stimme des Ansagers: »... im Süden von Salt Lake City. Die drei Männer wurden eine Stunde nach dem dreisten Raubüberfall gefaßt; aber der Junge, der sich in ihrer Begleitung befunden hatte, konnte entkommen, wahrscheinlich mit dem Geld, das aus der Kasse des Restaurants gestohlen wurde. Es handelt sich um zwölfhundert Dollar. Der Steckbrief des Jungen lautet: Alter etwa 16 bis 18 Jahre. Größe etwa ein Meter siebzig, schlanke Figur, rote Haare. Er ist bei dem Kampf während des Überfalls verletzt worden und muß Schnitte und Abschürfungen im Gesicht und am Körper davongetragen haben. Die Staatspolizei von Utah ersucht, nach dem Jungen zu fahnden, macht aber darauf aufmerksam, daß er möglicherweise bewaffnet ist.«
Washburn drehte sich um; er sah, daß der Junge die Ansage gehört hatte und ihn anstarrte. »Steig aus«, sagte Washburn, »warte draußen, bis ich frisch genug bin, um weiterzufahren, denn jetzt kann ich kein Vertrauen mehr zu dir haben—jetzt weiß ich ja, warum du auf der Flucht bist.«
Der Junge gehorchte sogleich. Washburn schloß die Autotüren und sagte zu sich selbst, daß er trotz allem nichts Sicheres wußte. Vielleicht war der Junge doch nicht der gesuchte Verbrecher, obwohl die Personalbeschreibung stimmte und die Sache mit dem Geld zutraf. Immerhin war Vorsicht besser als Leichtsinn. Den Jungen der Polizei auszuliefern, war nicht seine Sache. Außerdem war er weit entfernt von Salt Lake
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