Blitz bricht aus
wenigstens Schuhe an den Füßen gehabt hätte.
Ehe er den Waschraum verließ, betrachtete er sich noch einmal ganz genau im Spiegel, denn er wollte wissen, wie dieser McGregor aussah. Jetzt, da sein Gesicht sauber war, bemerkte er die Sommersprossen auf seiner Nase und um seine Augen, desgleichen die kleinen Fältchen in seinen Augenwinkeln, die von vielem Blinzeln in hellem Sonnenlicht zeugten. Demnach mußte er seine Arbeit im Freien verrichtet haben... Aber was nur? Was?
Er hörte draußen die Autohupe tuten. Schnell ging er hinaus, bestieg den Wagen und setzte sich auf seinen vorherigen Platz im Fond.
Sein Retter sagte: »Ich dachte schon, du wolltest nicht weiter mit mir fahren!« Dann startete er und lachte freundlich, denn er liebte die Menschen, mochten sie sein, wie sie wollten. Doch ein wenig Neugier empfand er auch; seine Augen und sein Gesicht bezeugten das. »Du siehst jetzt viel besser aus«, sagte er. »Fühlst du dich auch besser?«
Der Junge nickte.
Der Bursche mag nicht viel reden, dachte Washburn. Nun ja, das war verständlich; der Arme hatte wohl Böses von den groben Lastfahrern erduldet. »Ich habe den Tankwart gefragt, ob er hier in der Nähe einen Arzt wüßte«, berichtete er. McGregors Augen öffneten sich. Sekundenlang wollte es Washburn scheinen, als stünde Furcht in ihnen. »Der Kerl hat über meine Frage gelacht«, fuhr er fort. »Der nächste Arzt wohnt etwa 70 Kilometer weit weg, aber die Ortschaft liegt abseits. In der Ortschaft, die wir passieren, gibt es keinen.«
»Ich brauche auch keinen«, antwortete der Junge.
»Gut«, sagte Washburn, »aber ich denke, du wirst Hunger haben. Möchtest du ein Butterbrot essen?« Da sein Fahrgast nicht antwortete, griff er nach dem Nebensitz und hob ein Päckchen hoch, das er Alec reichte. »Hier«, sagte er freundlich, »bediene dich selbst.«
Die Straße lief jetzt eine Strecke durch flaches Land. Washburn beschleunigte das Tempo seines Wagens. Trotzdem warf er einen Blick nach hinten, als er wahrnahm, daß der Junge das Paket mit den Broten auswickelte. McGregor bemerkte den Blick, und seine Augen wichen denen seines Wohltäters unsicher und verängstigt aus. Washburn gefiel das nicht. Hatte der Junge etwas verbrochen und befand er sich auf der Flucht? Aber er verwarf den Gedanken sogleich. Ei was, dieser McGregor war ja nur ein Junge, ein armer heimatloser Junge. Wie oft schon hatte er solchen geholfen...
Er sagte: »Ich nehme mir immer etwas zu essen mit, wenn ich die Nacht hindurch unterwegs bin, vor allem, wenn ich durch eine so einsame Gegend fahre wie heute.« Er vermied es, nach hinten zu sehen, weil er merkte, daß sein Schützling angefangen hatte zu essen. »Ich habe nämlich junge Menschen und Kinder gern«, plauderte er weiter, »und ich arbeite für sie. Ich bin Bauunternehmer und habe mich vor zwei Jahren zur Ruhe gesetzt, aber ich konnte das Nichtstun nicht vertragen, so sehr mir meine Frau auch zuredete. Sie hatte gut reden; ihr Leben lief weiter wie vorher, aber das meinige war ein Leerlauf geworden. Ich saß verdrossen im Hause herum, bis ich eines Tages entdeckte, daß die Kinder in unsrer Stadt keinen richtigen Spielplatz hatten und auch bloß herumlungerten wie ich. Da baute ich ihnen einen Sportplatz und ein Klubhaus. Dann fuhr ich in eine andre Stadt und tat dasselbe. Und das mache ich nun seit zwei Jahren. Wenn die Jugendorganisationen das Geld auf bringen können, baue ich ihnen zum Selbstkostenpreis, was sie brauchen. Und wenn sie kein Geld haben, verschaffe ich es ihnen, denn ich weiß, wie nötig die jungen Menschen einen Ort brauchen, an dem sie unter sich sein und sich erholen können. Das ist meine beste Belohnung.«
Washburn sah jetzt zu McGregor hinüber. Er hatte zu essen aufgehört; drei der Brote hatte er verspeist. Augenscheinlich hörte er aufmerksam zu. Washburn sprach weiter: »Meine Aufgabe bringt es mit sich, daß ich den ganzen Westen bereisen muß. Diesmal fahre ich in eine südlich von Phoenix gelegene kleine Stadt.«
»Phoenix? In Arizona?« fragte McGregor. Zum erstenmal zeigte er Interesse.
»Jawohl, Phoenix in Arizona«, bestätigte Washburn. »Morgen mittag werden wir dort eintreffen. Mein Wagen gibt ziemlich viel her, wenn’s nötig ist.« Seine Hände streichelten das Steuerrad. »Er ist auf jeder Art von Straßen großartig, gleichgültig, ob in der Ebene oder im Gebirge, wo es Kehren und Kurven gibt. Wir werden Utah in wenigen Stunden hinter uns haben.«
»Utah?« wiederholte
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