Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz bricht aus

Blitz bricht aus

Titel: Blitz bricht aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
menschliche Nasen riechen konnten.
    Lange Zeit blieben die Stuten unruhig. Flatternde Ohren, Mähnen und Schwänze. Geschäftige Hufe und Nüstern. Dann wurden ihre Bewegungen plötzlich schneller, ihre Augen glänzender, und da kam der Schrei aus der Nacht. Leise erst, dann rasch ansteigend und immer schriller werdend, bis er beinahe dröhnte und dann abbrach. Er kam aus den wilden Bergen im Westen und weckte ein Echo, das sekundenlang zu dauern schien, und dann langsam, über die weite Ebene verhallend, erstarb.
    Die Wächter hatten vorerst keine Zeit, über das Geschehnis nachzudenken, denn die Stuten hatten sich nach Westen zu in Bewegung gesetzt. Sie mußten hinter ihnen herreiten, sie zurücktreiben und Zusammenhalten, bis sie sich endlich beruhigt hatten. Jetzt lag eine tödliche Stille über der nächtlichen Landschaft. Die Stuten warfen die Köpfe auf und witterten immer wieder in die Luft. Es dauerte noch lange, bis sie sich beruhigten und friedlich weitergrasten.
    McGregor saß auf seinem Pferd und starrte zu den Bergen im Westen hinüber. Alles war wie vorher, nur daß Mike und Joe jetzt bei ihm waren. »Was kann das bloß für ein Schrei gewesen sein?« fragte Mike. »Ganz sicher war es kein Tier, das ich kenne.«
    »Es könnte irgendein großer Vogel gewesen sein, vielleicht eine Eule oder ein Adler«, vermutete Joe.
    Mike zuckte die Achseln. »Kann sein, Joe. Na, jedenfalls ist jetzt alles ruhig.«
    »Trotzdem wird es besser sein, wenn wir heute nacht alle drei auf dem Posten bleiben«, meinte Joe. »Das Biest könnte zurückkommen und die Stuten erneut zum Davonlaufen verleiten. Das dürfen wir nicht riskieren. Allen würde schön toben, wenn er morgen früh herkommt, und die Stuten wären verschwunden. Nein, wir bleiben da.«
    Sie sahen beide zu dem Jungen hinüber, der noch immer wie gebannt nach Westen starrte. »Was siehst du denn dort?« fragte Mike. »Weißt du vielleicht, was für ein Tier es gewesen ist?«
    »Der Schrei kam von einem Pferd«, sagte der Junge ruhig und überzeugt. »Es war ein Hengst—ein Wildhengst.«
    »Nanu, soll das ein Witz sein?« Mike lachte. »Joe, er will uns aufziehen, der Bursche!«
    »Wer weiß?« sagte Joe nachdenklich. »Hör mal, Mac, woher weißt du das? Bist du deiner Sache sicher? Hast du schon früher einmal ein Pferd so schreien hören?«
    Eine Minute verging, dann sagte der Junge so leise, daß sie seine Worte kaum verstehen konnten: »Ja, ich habe schon einmal ein Pferd auf diese Weise schreien hören, aber es ist sehr lange her...«
    Ein Schritt weiter auf dem Weg zurück: er hatte das Wiehern eines Wildhengstes wiedererkannt. Wo hatte er das früher schon einmal gehört? Wo?
    Joe sagte: »Mag sein, daß du recht hast, Mac, obwohl ich nicht begreife, wo hier ein Wildhengst stecken sollte. Jedenfalls müssen wir Allen die Sache morgen früh berichten.«
    »Ach, Unsinn, es ist eine Eule gewesen«, rief Mike. »Wildhengste gibt es hier nicht!«
    Der Junge sah ihn an, aber er sagte nichts.
     

ELFTES KAPITEL

Der schwarze Hengst
     
    Am östlichen Himmel stieg die Morgendämmerung empor, und mit der aufgehenden Sonne kam Allen zu der Bergweide. Er ritt Leichtfuß. Der zierliche dunkelbraune Hengst war trotz des ziemlich langen Aufstiegs noch voller Feuer. Mit anmutigem Schwung kam er auf das Lager zu galoppiert. Er warf den Kopf auf, als wäre er über seinen Reiter ärgerlich, der aufrecht im Sattel saß. Allen spornte ihn an, aber seine Art Sitz förderte die Schnelligkeit des Pferdes nicht. Seine Zurufe schallten über die ganze Weide. Er ließ Leichtfuß galoppieren, bis er nur noch wenige Meter von dem erlöschenden Campfeuer entfernt war; dann erst zog er die Zügel an. Das kleine Pferd kam zu einem plötzlichen Halt.
    McGregor hatte den Reiter beobachtet, sobald er ihn zu Gesicht bekam. Bei diesem überraschend schnellen Stehenbleiben mitten aus vollem Galopp fielen dem Jungen Gordons Worte ein: »Sicher ist diese Pferdeart sehr schnell über kurze Entfernungen. Sie ist wendig und leicht zu reiten. Es handelt sich dabei um einen Pferdetyp, der für die Arbeit auf der Ranch entwickelt worden ist, aber es ist kein Rennpferd. Das geborene Rennpferd ist das Vollblut.«
    Hoffentlich würde Gordon das nie zu Allen sagen, denn das würde diesen schwer kränken. Er sah den Stolz auf sein Pferd und die große Liebe zu ihm in Allens Augen. Der kleine Hengst hielt die Ohren angelegt, und seine Hufe stampften den Boden. Ein Stück hin standen die Stuten mit

Weitere Kostenlose Bücher