Blitz bricht aus
nicht doch ein Unterschied? Cruikshank hatte sich an einem Pferd vergangen, das sich nicht wehren konnte. Ja, darin lag ein Unterschied, und aus diesem Grunde konnte er Cruikshank nicht bedauern.
Mit Pferden war seine Vergangenheit verkettet, das wußte er jetzt. Er hatte es gespürt, als er Leichtfuß zum erstenmal gesehen hatte. Er war dessen sicher geworden, als man ihm auf der Ranch ein Pferd zum Reiten gegeben hatte. Er erinnerte sich, wie er lange Zeit bewegungslos im Sattel gesessen hatte, die Knie fest an den Körper des kleinen Rotfuchses gepreßt, die Hände an den weichen Hals gelegt. Irgend etwas in ihm hatte versucht, die Mauer in seinem Hirn zu überspringen. Er hatte gekämpft, aber auch diesmal verloren.
Allen hatte zu ihm hingesehen. »Wir reiten hier mit längeren Bügeln«, hatte er gesagt. »Aber mach es, wie du es gewöhnt bist. Reite wie du willst.« Kurze Steigbügel. Sich beim Reiten weiter nach vorn lehnend als die andern. Der tiefe, hier im Westen gebräuchliche Sattel mit dem hohen Knopf vorn war ihm ungewohnt und unbequem—damals und immer noch nach zwei Wochen... Aber warum? Warum?
Er erhob sich von seiner Decke und rückte näher ans Feuer. Er war es leid, sich immer wieder dieselben Fragen vorzulegen, er war es müde, nach Antworten zu suchen, die er doch niemals fand. Er wollte das Suchen aufgeben. Von jetzt an wollte er sich bescheiden und nur noch warten, warten, bis die Antworten eines Tages von selbst kamen. Er wollte sich nicht mehr mit Grübeln quälen; er wollte nicht mehr kämpfen. Doch während er in die kleinen Flammen sah, hörte er im Geist wieder Gordons Worte: »Es gibt Fälle, in denen das Gedächtnis versagt, bei Menschen, die sich nicht erinnern wollen. Wenn du dein Gedächtnis wiedererlangen willst, mußt du es auf jede Weise und unaufhörlich versuchen. Es ist ganz und gar deine Sache...«
Nun ja, also dann lege dir Rechenschaft ab... Es mochte tatsächlich sein, daß es ihm jetzt nicht mehr so wichtig war, sich zu erinnern, denn das Leben hier auf der Ranch sagte ihm zu. Er wollte nicht von hier fort und wieder flüchten. Hier tat ihm kein Mensch etwas zuleide. Kein Mensch quälte ihn mit Fragen nach seiner Vergangenheit, hier war nur die Gegenwart wichtig, und ein Tag verlief wie der andre.
»Hei, McGregor!« Mike rief ihn an.
»Ja? Was gibt’s?«
»Wie steht’s mit dem Essen? Langsam wird’s Zeit.«
»Stimmt. Entschuldige. Ich fange gleich an.«
McGregor stand auf, nahm einen Eimer und holte Wasser aus der nahe gelegenen Quelle. Heute Abend war er an der Reihe mit dem Kochen. Weit unten auf den andern Weiden sah er andre Lagerfeuer flackern, und fern aus den Bergen hörte man das Heulen eines Coyoten. Er blickte zu den Stuten hinüber. Sie entfernten sich nie sehr weit. Heute nacht hatte er von Mitternacht bis vier Uhr früh Wache zu halten; deshalb wollte er gleich nach dem Abendbrot in seinen Schlafsack kriechen.
Er ging mit dem gefüllten Eimer zurück, und Mike und Joe hoben ihre vom Feuer rotangestrahlten Gesichter zu ihm auf. »Joe meint«, rief Mike ihm zu, »daß die Alteingesessenen hier uns noch nicht anerkannt haben, obwohl wir schon drei Jahre auf der Ranch sitzen. Ich habe ihm geantwortet, daß uns das völlig gleichgültig sein kann, denn wir sind und bleiben unabhängig; das ist das beste.«
»Gewiß, aber das haben wir Allens Geld zu verdanken«, erwiderte Joe. »Sonst wäre es für uns nicht gleichgültig.«
Mike nahm seine Pfeife aus dem Mund und spuckte ins Feuer. »Wir helfen ihm ja schließlich sein Geld verdienen. Er besitzt jetzt mehr Geld als vor drei Jahren in New York, bevor wir mit ihm hierher kamen«, stellte Mike fest.
»Weil Hank Larom das Rancher-Handwerk von Grund auf versteht, und weil Allen ein kluger Kopf ist«, sagte Joe ruhig. »Es war Allen, der Hank als Verwalter einstellte, und es war Allen, der Leichtfuß als Fohlen kaufte.« Mike sog gedankenvoll an seiner Pfeife. »Stimmt«, sagte er. »Und deshalb schlagen wir die Eingesessenen auf ihrem eigenen Feld: wir haben Rinderherden, die viel Geld einbringen, und wir haben das beste Pony des Landes. Das ist es, was sie hauptsächlich ärgert, Mac, daß Leichtfuß uns gehört. Die Hiesigen betrachten es als selbstverständlich, daß jeder Vieh züchten und damit Geld verdienen kann, aber ein so großartiges Pferd wie Leichtfuß besitzen und damit Rennen gewinnen—das macht sie verrückt! Sie in ihrem eigenen Sport schlagen, wie wir es getan haben, das nehmen sie
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