Blitz bricht aus
Sicherheit, daß er sie in der vor ihm liegenden Schlucht finden würde. Was wollte er also mehr, warum war er nicht zur Ranch zurückgekehrt? Wollte er die Pferde nur betrachten und dann wieder heimreiten? Er wußte, daß dies nicht die Antwort war. Nein, da gab es noch etwas andres—etwas, das er nicht begriff, das ihn aber mit geheimnisvoller Kraft anzog, schon während des ganzen Tages. Er war sich nur bewußt, daß er nicht den Wunsch hatte, gegen diese Macht anzugehen, daß er ihr vielmehr willig folgte.
Er ging weiter mit dem Pferd am Zügel, bis er völlig von den Felswänden eingeschlossen war. Auf dem blanken Steinboden hier gab es keine Hufspuren, aber vorn, etwa hundert Meter hin, wuchsen harte Gräser und niedriges Gesträuch, und als er dort anlangte, sah er die Spuren wieder in der trockenen, roten Erdkrume. Und dort gab es noch viele andre Spuren neben den großen, schön geformten Hufabdrücken des Hengstes. Jetzt brauchte er keine weiteren Beweise—der Hengst und seine Stuten waren hier. Er bestieg sein Pferd und ritt vorwärts, tiefer in die düstere Schlucht hinein. Wenn er einen Blick auf die von den letzten Sonnenstrahlen vergoldeten Berggipfel geworfen hätte, wäre ihm bewußt geworden, daß die Sonne schon unterging. Doch seine Augen folgten nur, magisch angezogen, den Hufspuren am Boden.
Das erste Zeichen, daß er sich der Herde näherte, gab ihm sein Pferd, das plötzlich unruhig wurde, zu zittern begann und die Nüstern witternd hob. Der Wind kam aus der Schlucht auf sie zu und brachte den Geruch der fremden Pferde mit. McGregor hielt an.
Nicht weit vor ihm wies die Schlucht eine Biegung auf. Er konnte nicht sehen, was dahinter lag, aber er war sicher, daß sich der Hengst mit seinen Stuten dort befand. Sie konnten noch nicht bemerkt haben, daß er sich näherte. Er sah sich um, wendete dann und ritt zu einem verkrüppelten Busch mit knorrigen Zweigen. Dort stieg er ab und band sein Pferd sehr sorgsam an, um zu verhindern, daß es davonlief. Dann ging er zu Fuß weiter, bemüht, so wenig Geräusch zu machen wie möglich. Er hielt sich dicht an der hohen Felswand zur Rechten und kam zu der Biegung der Schlucht. Ganz langsam, immer beflissen, sich im Schatten zu halten, schlich er vorwärts. Nur wenige Meter hin war ein Durchgang in der Felswand. Dort führte der Pfad weiter in die Ferne. Aber die Schlucht ging ebenfalls weiter, wahrscheinlich endete sie blind. Auf dem Seitenpfad waren keine Hufspuren zu sehen. Also hatten der Hengst und seine Stuten die Schlucht offenbar noch nicht verlassen.
Gleich darauf entdeckte er die Herde der Stuten am andern Ende des Canyons, sie rupften das trockne braune Gebirgsgras. Ringsherum waren sie von steilen Felswänden eingeschlossen wie in einer Festung, die kein Entkommen erlaubte. Wenn Allen mit seinen Männern sie so antreffen würde, wäre der Hengst mit seinen Stuten die längste Zeit frei gewesen... Doch wo war denn eigentlich der Hengst? Zwischen den Stuten war er nicht zu sehen.
McGregor ging weiter, sich ständig im Schatten haltend und so lautlos wie möglich. Die Stuten konnten ihn nicht hören und, da der Wind auf ihn zustand, auch nicht wittern. Jetzt konnte er ihre Farben und Formen erkennen. Es waren Braune, Rote, Graue und Palominos—wohl mehr als fünfzig an der Zahl von allen Sorten und Schlägen, die landesüblichen Ponies, zähe, drahtige Mustangs und langbeinige Reitpferde, die vermutlich den Brand verschiedener Rancher trugen, denen der Hengst sie entführt hatte. Einige befanden sich in besserer körperlicher Verfassung als die andren, wohl weil sie sich schneller an das selbstgewählte Wildleben gewöhnt hatten als die andern—ein Leben, in dem sie an manchen Tagen weder nahrhaftes Gras noch Wasser zu sehen bekamen und ständig in Bewegung sein mußten.
McGregor wunderte sich, daß sie sich an diesem Ort aufhielten und das trockene, buschige Gras fraßen, da es ihnen doch freigestanden hätte, weiterzuziehen zu den Bergweiden, auf denen gutes Gras wuchs. Dann erinnerte er sich an Allens Stutenherde und begriff, warum der Hengst seine Stuten hier beisammenhielt.
Aber wo war der Hengst? fragte sich McGregor zum zweitenmal. Seine Augen suchten die ganze Schlucht ab. Schließlich traf sein Blick die ihm gegenüberliegende Felsformation, und plötzlich wurde sein Körper steif—er sah den Hengst! Er stand nur ein kleines Stück von ihm entfernt, bewegungslos wie eine Statue. Einer blickte jetzt dem andern ins Auge. Allens
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