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Blitz bricht aus

Blitz bricht aus

Titel: Blitz bricht aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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trompetenähnlichen Kampfruf aus, aber—er blieb. Obwohl sein Körper vor Kampfbereitschaft bebte, stand er einige Minuten still bei dem Jungen, der fortfuhr, liebevoll auf ihn einzureden; da er keine Antwort auf seine Herausforderung erhielt, beruhigte er sich wieder. Er sah zu den Stuten hinüber, und einige Minuten später lief er zu ihnen.
    McGregor stand allein in der Dunkelheit und überlegte, was er tun sollte. In seinen Satteltaschen war Futter für sein Pferd und auch Brot und Fleisch für ihn selbst. Bis morgen früh konnte er sich damit behelfen.
    Morgen? Was stand ihm morgen bevor? Er mußte zur Ranch zurückkehren und Allen berichten—daß er keine Spur von dem Hengst und seinen Stuten gefunden hatte... Er selbst würde es irgendwie ermöglichen, hierher zurückzukehren, denn hier würde er seine Vergangenheit wiederfinden; der schwarze Hengst würde ihm dabei helfen. Aber er brauchte Zeit.
    Er ging zu seinem Pferd, fütterte es und gab ihm Wasser. Dann machte er sich ein Feuer, aß, was er bei sich hatte, und legte sich hin, um zu warten, daß die Stunden verstrichen. Vielleicht würde die Tür zu seinem Gedächtnis schon morgen früh aufgehen, wenn er den Hengst im Tageslicht sah. Während der Nacht schlief er nur wenige Stunden und in langen Zwischenräumen. Der Hengst besuchte ihn mehrmals. Wenn er kam, hörte McGregor schon von weitem das sanfte, rhythmische Auftreten seiner Hufe. Dann zeichnete sich sein gewaltiger Schatten im Lichte des Feuers auf den Felswänden ab. Der Junge wurde nie müde, ihn zu betrachten; es war jedesmal ein Fest für seine Augen. Und immer wieder stellte er fest, daß die Nähe des Hengstes in ihm etwas weckte, das eng mit seiner Vergangenheit verknüpft war. Bald, bald, hoffte er, würde der schwarze Vorhang in seinem Hirn weichen, und er würde alles wissen, was er so dringend zu wissen wünschte.
    Die Dämmerung kam mit einem blassen Grau in die Schlucht. McGregor war wach; er wartete auf das Erscheinen des Hengstes. Als er ihn kommen sah, fühlte er sich vor Freude und Liebe zittern. Wie er in dem unwirklich blassen Lichtschein leicht und anmutig dahinlief, erschien er ihm von überirdischer Schönheit.
    Der Junge wußte, daß er auf brechen mußte, um zur Ranch zu reiten, aber er fand nicht die Kraft dazu. Sollte die ungeheure Erregung, in die ihn die Nähe des Hengstes versetzte, nicht stark genug sein, die grausame Schranke in seinem Hirn niederzureißen? Es konnte doch nur noch Minuten währen, bis er Klarheit gewann... Er brach in Schluchzen aus, als das Pferd wieder bei ihm war und vor ihm stehenblieb; er warf ihm die Arme um den Hals und wartete. Jetzt—jetzt mußte es kommen...
    Aber nichts geschah; das Dunkel blieb. Weinen schüttelte ihn; er war verzweifelt und weigerte sich, auf die innere Stimme zu hören, die immer noch mahnte: »Warte! Warte!« Er hatte die Geduld verloren. Enttäuschung und Zorn übermannten ihn, weil er wieder zurückgestoßen worden war.
    Er hätte später nicht sagen können, wie er auf den Rücken des Hengstes gekommen war; er wußte nur, daß er ihn plötzlich ritt, und daß er dieses große Pferd in früherer Zeit oft und oft geritten hatte. Er vergrub den Kopf in der schweren Mähne, als wolle er sich vor der Welt verstecken, die ihn ausstieß. Er lag flach und fest an den Rücken des Pferdes geschmiegt und veranlaßte es zu immer schnellerem Lauf. Hierher gehörte er, daran gab es keinen Zweifel. Und der Hengst gehörte zu ihm! Er ließ den Hengst mitten durch die erschreckt auseinanderstiebenden Stuten galoppieren, ließ ihn am Ende der Schlucht herumwirbeln, wie angewachsen auf seinem Rücken. So ritt er eine Weile in der großen Schlucht hin und her. Der Hengst wieherte vor Freude. McGregors Schreie hallten mit dem Wiehern des Hengstes von den Felswänden wider. Die Stuten flüchteten und zerstreuten sich; sie fühlten die große Erregung ihres Gebieters.
    Schließlich lenkte McGregor den Hengst durch den engen Hohlweg hindurch, der in die vielen dahinterliegenden Schluchten und Täler führte, in endlose Weiten. Hier ließ er den Hengst laufen, wie er wollte, bis die Sonne hoch am Himmel stand. Vier Stunden später war er wieder in der Schlucht mit den Stuten. Er war gespannt, glühend und erregt; sein Blut war erhitzt wie das des Pferdes. Er wußte nun viel und doch zu wenig: Dieser Hengst war ein Teil von ihm selbst und er ein Teil des Hengstes, sie waren eins, obwohl er keine Erklärung dafür hatte, warum es so war. Er

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