Blitz der Hengst des Sonnengottes
er zusammen. Die Adlerfedern seines Kopfschmucks berührten den Boden, und der blaue Sand rieselte von seinem Schoß.
Alec trat rasch auf ihn zu und richtete den dürren Körper auf, nicht auf den Gestank achtend, der ihm aus den Wunden in die Nase drang.
Die Augen des Indianers öffneten sich und starrten Alec glasig an. Seine Stimme war nur ein heiseres Flüstern. »Geh jetzt, es ist Zeit.«
»Wie finde ich den Weg?« fragte Alec drängend und schüttelte den alten Mann leicht, um ihn bei Bewußtsein zu halten. »Zeig mir, wohin ich gehen muß.«
»Du weiß doch«, flüsterte der Indianer. »Der Flußlauf...«
»Der Flußlauf?« wiederholte Alec.
Der schwache Körper in Alecs Armen wurde schlaff. Das dünne Handgelenk, das er hielt, erkaltete. Alec konnte keinen Puls mehr fühlen, und auch das Herz schlug nicht mehr. Aber die Augen des alten Indianers starrten ihn immer noch an, und sie waren im Tode so traurig wie im Leben. Alec drückte die Lider zu. Noch eine ganze Weile stützte er den alten Mann und murmelte — warum wußte er nicht — immer wieder vor sich hin: »Das Auserwählte Volk — das Volk ohne Hoffnung...«
SECHZEHNTES KAPITEL
Der Flußlauf
Der Körper des Toten war so leicht, daß Alec keine Mühe hatte, ihn zu der hohen Sandsteinwand hinüberzutragen. Die Felsenwohnungen darin, in denen die Vorfahren des alten Indianers gelebt hatten, würden ein passender Ruheplatz für ihn sein, bis Alec auf Menschen stieß, die ihn vielleicht woanders begraben wollten. Die rotbraune Steinfassade über ihm machte den Eindruck einer Kulisse, und einen Augenblick kam es Alec so vor, als wenn er eine Rolle in einem Drama spielte. Alles war vollkommen unwirklich. Aber dies hier war keine Bühne, und er spielte auch keine Rolle, sondern es ging um Leben und Tod. Er mußte einen Weg finden, der ihn hier herausführte, sonst würde dieser Ort nicht nur das Grab des alten Mannes, sondern auch seins werden.
Der Pfad, der zu der untersten Reihe der Felsenwohnungen hinaufführte, war ausgetreten. Alec trug seine Last in die nächstliegende Höhle, betrachtete die alten Zeichnungen und Symbole an den Wänden und fragte sich, was sie für die bedeutet haben mochten, die hier vor langer Zeit gelebt hatten. Feiner Staub wirbelte auf, als er den Toten vorsichtig auf den Boden legte.
Danach kehrte er an den Lagerplatz des Indianers zurück und steckte alles, was von den Speisen des Alten übriggeblieben war, in seine Taschen. Dann sah er sich um und überlegte, welche Richtung er einschlagen sollte.
In der Nähe bewegte sich Blitz im Dämmerlicht rasch von einem wohlschmeckenden Grasbüschel zum andern. Doch sah er sich häufig nach Alec um. Auch seine Umgebung schien ihn zu interessieren, denn er betrachtete alles aufmerksam mit hellen Augen und gespitzten Ohren und schien überhaupt keine Angst zu haben. Alec schüttelte verwundert den Kopf. Es sah aus, als wenn sich sein Pferd zu Hause auf der Koppel befände und nicht tief unter der Erde. Wenn Alec seine Lage doch auch so hinnehmen könnte! Was hatte der alte Mann nur gemeint mit dem Wort »Flußlauf«? Alecs Augen folgten dem rasch dahinströmenden Fluß bis zum Rande des Pueblo; dort floß er zwischen überhängenden Steinwänden in eine Felsenspalte. Gab es vielleicht einen Weg, der an diesem Wasserlauf entlang in die Außenwelt führte?
Alec beschloß, das letzte Tageslicht zu nutzen, um das herauszufinden. Sorgfältig suchte er die Ufer des Wasserlaufs nach Spuren ab, die auf den Indianerweg hinweisen könnten. Der alte Mann war schon zu schwach gewesen, um lange zu gehen, also konnte sein Dorf nicht allzuweit entfernt sein. Anderseits wußte Alec, daß ihn ein starker Wille beseelt hatte, die heilige Stätte unbedingt zu erreichen. Vielleicht war er weiter gelaufen, als man von einem so gebrechlichen Körper erwartete.
Während Alec sich langsam auf den Dorfrand zubewegte, durchquerte er mehrmals den flachen Wasserlauf, um nichts zu übersehen. Blitz hörte auf zu grasen und folgte ihm, ging endlich an ihm vorbei. Alec ließ ihn gewähren, denn er wußte ja, daß der Hengst viel mehr Instinkt besaß als er und vielleicht dort eine Spur entdecken würde, wo Alec keine fand.
Ab und zu blieb der Hengst stehen; er schien einige Stellen im Fluß zu meiden. Dort fand Alec Vertiefungen mit Treibsand und mahnte sich zur Vorsicht. Es war besser, sich dicht am Ufer zu halten. Als der Wasserlauf sich dem engen Durchlaß im Fels näherte, floß er immer
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