Blitz der Hengst des Sonnengottes
unserem Herzen. Mein Volk wird dir folgen bis zu Beginn der neuen Welt.«
»Wo ist dein Volk?« fragte Alec. »Wo finden wir es?« In diesem Augenblick konnte er nur hoffen, den Geist des alten Mannes auf die Rückkehr in sein Dorf zu lenken.
Der Indianer senkte den Kopf, wie in tiefes Nachdenken versunken oder kurz vor dem Einschlafen. Alec wartete. Er wollte ihn nicht drängen, denn er fürchtete, daß er die Frage dann wieder vergessen würde. Alecs Blick ruhte voller Mitleid auf dem dürren Körper mit seinen schwärenden Wunden. Die bunten Adlerfedern in seinem Kopfputz konnten den erbärmlichen Zustand des Alten nicht verbergen. Er brauchte sofort ärztliche Hilfe. Wenn er hier bliebe, wäre er dem Tod geweiht.
Der alte Mann murmelte etwas im Halbschlaf. Alec legte ihm die Hand auf die nackte Schulter und schüttelte ihn leicht. »Du träumst, wach auf, es ist Zeit zu gehen.«
Der Indianer hob den Kopf, machte aber keinen Versuch aufzustehen. Doch waren seine kleinen Augen plötzlich ganz klar und ungetrübt, und er sah Alec durchdringend an. Irgendwo in seinem gebrechlichen Körper schien er Kraft zu finden, denn nun sprach er von den alten Göttern, die für ihn so heilig waren wie für Alec die Bibel, und erzählte seltsame Mythen eines primitiven Stammes. Ihre Botschaft war Frieden und der Glaube, daß sie der Fülle des Lebens teilhaftig würden, wenn sie den Gesetzen der Natur und der Brüderlichkeit folgten.
»Viele Symbole erzählen diese Botschaft«, sagte er. »Sie sind von alters her von Stamm zu Stamm weitergegeben und in Stein geritzt worden.« Er versuchte, seine knochigen Arme zu heben und auf die Bilder hinter sich zu weisen, aber es gelang ihm nicht. Erschöpft von seiner langen Rede ließ er den Kopf wieder auf die Brust sinken.
Als er dann nochmals zu sprechen begann, war seine Stimme sehr leise. Alec konnte nur wenige Worte verstehen. Der Indianer murmelte etwas von unsichtbaren Geistern und den drei Welten, die vorher bestanden hatten und zerstört worden waren, so wie auch die gegenwärtige Welt zerstört würde.
Alec wußte wohl, daß er dem Volksglauben eines alten Stammes lauschte, der keine Verbindung zu seinem Lebensbereich hatte. Dennoch erkannte er, daß vieles, wovon der alte Mann sprach, mitverantwortlich für seine, Alecs, Flucht hierher war — die falschen Werte zum Beispiel, die Alecs Welt zu beherrschen schienen und sie immer wieder in Konflikte stürzte, nicht nur zwischen den Nationen, sonder auch zwischen den Rassen.
Wieder hob der alte Mann den Kopf, und nun war seine Stimme nur noch ein Flüstern. »Diese Welt wird bald vergehen, sonst wärst du nicht gekommen. Auf welche Weise sie vernichtet werden wird, weiß ich nicht. Vielleicht durch Regen vom Himmel, oder indem sie einfach in den endlosen Raum stürzt. Vielleicht werden große Wasser das Land überfluten. Oder...« Er hielt einen Augenblick inne und dachte nach, bevor er fortfuhr: »... es könnte auch durch des Menschen Hand sein, mit seinen eigenen Waffen. Aber für die Bösen wird es keine Rettung geben.« Seine Stimme hob sich warnend. »Nur diejenigen, die reinen Herzens sind, werden verschont, um mitzubauen an der neuen Welt, die da kommen wird.«
Plötzlich mußte Alec an Pam denken und sagte ruhig: »Ich weiß, was es heißt, zu verzweifeln und Hilfe zu suchen. Aber das muß nicht das Ende seien. Wo wird dein Volk Zuflucht finden, wenn das, was du sagst, wahr ist?«
»Ihre Zuflucht ist hier an der heiligen Stätte. Das wurde mir von meinem Vater berichtet, der es von seinen Vorfahren erfuhr, alle Weisen des Stammes haben es von Anbeginn aller Zeiten weitergegeben. Hier wird mein Volk das Herannahen der nächsten Welt in Sicherheit abwarten können. Du mußt zu ihm gehen und es hierherbringen. Ich werde dir und >Schwarzes Feuer« folgen. Geh, du mußt dich beeilen! Geh jetzt gleich!«
»Warum willst du nicht mit mir gehen?« fragte Alec. Er wußte ja, daß er den Weg nicht allein finden würde.
»Sie erwarten nur dich, denn dein Kommen haben die Sterne vorausgesagt.«
Alec hätte am liebsten geschrien: »Du bist verrückt, Alter, völlig verrückt!« Aber er brachte es nicht über sich, denn die Augen des alten Mannes waren voller Kummer und Sorge.
»Geh doch mit mir«, bat er.
»Ich kann nicht«, antwortete der alte Indianer. »Ich bis zu erschöpft von der langen Wartezeit. Ich habe nur so lange gelebt, weil ich dich noch erblicken wollte.« Seine Augen schlossen sich, und plötzlich sackte
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