Blitz der Hengst des Sonnengottes
wenn er so verhindern könnte, in die Tiefe zu fallen.
Als er sich nach langer Zeit aufrichtete, bemerkte er, wie sich über dem nun klaren Himmel eine Lichtspur in mächtigen Windungen über das Land zog. Sie sah viel eher aus wie ein brennender Fluß als wie ein Rest von dem Licht, das der Meteorit bei seinem Fall zurückgelassen hatte.
Mit entsetzlicher Klarheit sah Alec überall um sich herum Asche fliegen und Rauchfahnen aufsteigen, über denen Dampfpilze standen. Beißende Gase drangen in seine Nase, und in einiger Entfernung donnerten Felsmassen in die Tiefe.
Alec konnte nur vermuten, daß er sich im Zentrum eines großen Bebens befand. Wahrscheinlich hatte der Fall des Meteoriten die Eruptionen des kochenden Magmas ausgelöst, das aus dem Erdinnern heraufquoll. Das war die einzige vernünftige Erklärung. Aber was verursachte den flammenden Strom, der über Alec seine Schleifen zog, auftauchte und wieder verschwand’' Was hatte er mit den Erdstößen zu tun? Alec sprang auf, entschlossen, sich trotz der bebenden Erde zu seinem Pferd durchzuschlagen. Doch kostete ihn jeder Schritt große Anstrengung. Vielleicht ist dies wirklich das Ende der Welt, dachte er. Die Zaunpfähle des Geheges lagen überall verstreut, aber Blitz war noch da! Er schnaubte ängstlich, und seine gespitzten Ohren drehten sich in Richtung der Explosionen. Alec stürzte auf sein Pferd zu und schlang die Arme um seinen Hals. Das Fell des Hengstes war naß von Schweiß und Schlamm, und sein Atem ging schwer.
»Gott sei Dank, ich bin bei dir«, flüsterte er dem Hengst zu, »was auch passiert, jetzt bleiben wir beieinander.«
Und wieder bebte die Erde unter schweren Stößen. Der Feuerstrom am Himmel verblaßte, und es wurde langsam dunkel. Der Hengst keilte aus und versuchte sich loszureißen. Auch er hatte panische Angst und wäre gern davongelaufen.
»Noch nicht«, sagte Alec zu ihm. »Wir wissen ja nicht, wohin.« Jetzt kamen die Indianer auf sie zugelaufen. Alec konnte kaum glauben, daß es dieselben Menschen waren wie noch vor wenigen Augenblicken. Mit hängenden Schultern und eingefallenen Gesichtern schwankten sie auf Alec zu, als wenn inzwischen ein Jahrhundert vergangen wäre. Nur ihre Augen waren noch dieselben, tiefschwarze Kohlen, die voller Inbrunst glühten, als sie Alec und dem Hengst immer wieder zuriefen: »Führe uns, >Schwarzes Feuer<, führe uns!«
Alec versuchte, etwas zu erwidern, konnte aber vor Angst kaum atmen, geschweige denn sprechen. Daher schaute er die Menschen nur an, und er fragte sich, ob er in ihren Augen wohl ebenso bedauernswert aussah wie sie in seinen. Und dennoch hatten sie die Hoffnung nicht verloren, diese Hölle zu überleben, denn sie trugen alle ihre Habseligkeiten auf dem Rücken, Leinwandsäcke, die mit Nahrung, zerfetzter Kleidung und ein wenig Saatgut gefüllt waren, den Dingen, die sie brauchten, um in ihrer neuen Welt ein neues Leben zu beginnen. Endlich brachte Alec ein paar Worte heraus, aber seine Stimme klang bitter und hoffnungslos. »Wir können euch nirgendwohin führen.«
Die Indianer schauten wieder zum Himmel hinauf, und als Alecs Blick ihnen folgte, sah er, daß direkt über ihnen ein unheimliches Leuchten stand, eine bläulich flackernde Flamme. Zuerst glaubte Alec, daß der Meteorit noch einmal zurückgekommen sei. In der Mitte der blauen Flamme zuckte ein grelles Licht, und plötzlich drang der Gestank von etwas Verbranntem in Alecs Nase.
Der Hengst wieherte laut vor Angst, bäumte sich hoch auf und versuchte, sich von Alec loszureißen. Dann stand er erstarrt da, die geweiteten Nüstern dem Brandgeruch entgegengerichtet.
Alec wußte, daß er das Entsetzen des Rappen unbedingt bändigen mußte, genauso wie seine Furcht, wenn sie überleben wollten. Er wußte auch, daß sie alle dem Tode nahe waren. Doch irgendwie gelang es ihm, sich auf den Rücken des wild tänzelnden Pferdes zu schwingen.
Das Licht über ihnen wurde immer greller und die Luft unbeschreiblich heiß. Wirklich, dies schien das Ende aller Dinge zu sein, so wie die Indianer es vorausgesagt hatten.
Rasend vor Angst und schreiend schoß der Hengst von dannen, und auch Alec schrie voller Trotz, als wolle er seinen Untergang herausfordern.
Allmählich wurde der riesige Feuerschein über ihnen blasser. Das Land nahm eine dunkle Kupfertönung an, die langsam in dunkles Rot überging, die Farbe des Blutes, erinnerte sich Alec, welche auch die Farbe des Weltuntergangs ist.
Es wurde dunkel und schwierig, den
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