Blitz: Die Chroniken von Hara 2
sie einfach nicht mit Mithipha reden wollte, bis hin zu dem, dass sie überraschend und höchst ungelegen gestorben war. Inzwischen müsste Alenari längst im Regenbogental sein, denn Talki zufolge hatte sie Gash-shaku vor mehr als einem Monat verlassen. Sofern sie, Talki, die Wahrheit gesagt hatte, versteht sich.
Thia stand damit vor der Wahl, entweder weiter über all diese Fragen nachzugrübeln oder zu versuchen, selbst mit Alenari Verbindung aufzunehmen. Sie waren zwar keine eingeschworenen Feindinnen, aber auch keine Herzensfreundinnen. Ihr Umgangston zeichnete sich stets durch ausgesuchte Höflichkeit und unverhohlene Kälte aus. So war es schon damals im Turm gewesen, und so war es nach dem Dunklen Aufstand geblieben.
Schließlich traf Thia ihre Entscheidung. Sie wirkte den Zauber, erhielt aber ebenfalls keine Antwort. Die einstige Schönheit Alenari, heute im Volksmund die Verdammte Blatter genannt, schlug ihre Einladung zum Gespräch aus. Oder
konnte
sie nicht mehr antworten? Und wenn ja, steckte dann, wie Mithipha fürchtete, Talki dahinter? Diese Intrige wurde immer verworrener. Genau wie Alenaris Rolle darin. Falls sie überhaupt eine spielte …
Über die Hintergründe sollte sie, Thia, sich aber unbedingt klar werden, bevor sie Talki aufsuchte. Denn wenn diese den Verstand verloren hatte, dann mied sie die alte Spinne besser, sofern ihr ihr eigenes Leben lieb war.
Deshalb wirkte Thia einen weiteren Verbindungszauber. Die Alte antwortete sofort. Sie stand an einem offenen Fenster, den Blick auf die endlose Steppe gerichtet.
»Was für eine Überraschung! Ich hab mir schon Sorgen um dich gemacht, mein Mädchen. Wo hast du bloß so lange gesteckt?«
Falls es dich wirklich interessiert hätte, dachte Thia, was ich jedoch bezweifle, dann hättest du ja mal mit mir Kontakt aufnehmen können.
»Ich hatte eine Menge zu tun«, antwortete sie.
»Darf ich dir dann vielleicht sogar zu einem Erfolg gratulieren? Hast du den Heiler und die Autodidaktin gefangen genommen?«
»Nein«, presste Thia heraus.
»Das ist bedauerlich, meine Liebe. Sehr bedauerlich. Und es betrübt mich. Allem Anschein nach bist du nicht mehr in Alsgara. Heißt das, sie haben die Stadt ebenfalls verlassen?«
»Ja. Sie sind zu Beginn der Belagerung entkommen. Auf einem Schiff. Ich versuche, sie einzuholen.«
»Auf dem Landweg? Nun ja … immerhin lässt du den Mut nicht sinken.«
»Die Markierung deutet darauf hin, dass sie sich inzwischen nur noch langsam von mir entfernen. Ich glaube, sie haben das Schiff wieder verlassen und gehen jetzt zu Fuß weiter.«
»Hoffen wir es, meine Liebe. In welche Richtung bewegen sie sich?«
»Nach Norden.«
»Also entweder ins Regenbogental oder nach Loska«, murmelte die Alte. »Gut. Aber ich mache mir Sorgen um dich. Sobald sie erst einmal Burg Donnerhauer hinter sich gelassen haben, wird es für dich nicht leicht sein, sie mir zu bringen. In dem Fall könnte ich nichts mehr für dich tun.«
»Hast du Alenari schon eingeholt?«, wechselte Thia das Thema.
»Nein.«
»Warum nicht? Du müsstest sie doch längst …«
»Mach mir jetzt bitte keine Vorwürfe! Bei dieser Hitze ermüde ich rasch. Deshalb raste ich erst einmal ein paar Tage. Die Zeit nutze ich auch, um über verschiedene Dinge nachzudenken.«
»Über welche?«
»Ich verstehe nicht ganz, warum unsere liebe Alenari Hals über Kopf ins Regenbogental stürzt. So besonnen, wie sie eigentlich ist, sieht ihr das nicht ähnlich, findest du nicht auch? Warum überlässt sie Gash-shaku plötzlich seinem Schicksal, um sich wie eine junge Prinzessin auf Abenteuersuche zu begeben? Mir kommt das verdächtig vor. Deshalb warte ich lieber noch ein paar Tage ab und will erst sehen, was sie als Nächstes unternimmt.«
Sie hat Gash-shaku ihrem Schicksal überlassen? Ja – weil du ihr von den Aufzeichnungen des Skulptors erzählt hast. Also, du alte Spinne, schoss es Thia durch den Kopf, wem versuchst du eigentlich, etwas vorzumachen?! Und wer von euch beiden lügt jetzt? Mithipha oder du? Denn wenn ich Mithipha glaube, hast du Alenari selbst in die Schule im Regenbogental geschickt, mein liebes Unschuldslamm.
»Hast du sie in letzter Zeit gesprochen?«, wollte Thia wissen.
»Nein, mein Kind. Das Mädchen hält es nicht für notwendig, einer alten Frau zu antworten.«
Wenigstens einmal schien Talki die Wahrheit zu sagen. Ob Alenari ein Schweigegelübde abgelegt hat?, überlegte Thia.
»Wo bist du jetzt?«
»Ich habe mich ein paar Tage an
Weitere Kostenlose Bücher