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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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dem Fensterbrett des offenen Fensters sitzt ein ungebetener Gast. Mein alter Bekannter mit dem komischen Namen Garrett.
    Ich spiele kurz mit dem Gedanken, das Wurfbeil vom Bett an mich zu nehmen, lasse es dann aber bleiben und stehe so leise auf, dass ich Lahen nicht wecke. Ich muss wissen, wie uns der Dieb gefunden hat und wie er ins Zimmer gekommen ist. Obwohl ich mir die letzte Frage vermutlich sparen könnte: Wer einen morassischen Hund knackt wie eine Nuss, für den dürfte ein gewöhnliches Türschloss kein Hindernis darstellen.
    »Hat der Wind euch also doch eingeholt, mein Freund«, sagt er, als er meinen Blick auffängt. »Das tut mir leid.«
    Ich runzle fragend die Stirn, worauf er nach draußen nickt und vom Fenster wegtritt, damit ich selbst einen Blick hinauswerfen kann. Vor der Tür steht eine vergoldete Kutsche, vor die vier Pferde gespannt sind. Ihr entsteigt eine alte Frau. Ich erkenne sie erst, als sie zu mir heraufblickt.
    Die Verdammte Lepra!
    Sie lächelt mich an, als wäre ich ihr einziger und heiß geliebter Enkel, der endlich unter der Vortreppe im Haus der Großmutter hervorgekrochen ist …
    Nun wachte ich tatsächlich auf.
    Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, die auf das Dach des Nachbarhauses fiel, musste es später Morgen sein. Selbstverständlich hielt sich Garrett nicht im Zimmer auf. Wie auch? Wir hatten den Dieb zum letzten Mal auf dem Anwesen von Yokh gesehen. Ob wir uns außerhalb meiner dämlichen Träume je wieder begegnen würden, wusste niemand.
    Da ich mich völlig erschöpft fühlte, spritzte ich mir etwas kaltes Wasser aus einer Schüssel ins Gesicht. Dann zog ich mich an und trottete zum Fenster, um einen Blick nach unten zu werfen.
    O nein!
    Vor dem Eingang zur Schenke stand eine vergoldete Kutsche mit vier Pferden.
    Lahen wachte schlagartig auf. »Sie ist da!«, stöhnte sie. »Wir müssen hier weg!«
    »Zu spät«, stieß ich bitter aus.
    Mein Augenstern hüllte sich in ein Betttuch und kam barfuß zum Fenster geeilt. »Meloth steh uns bei!«, hauchte sie.
    In dieser Sekunde klopfte es an der Tür.
    Ich griff nach dem Beil, Lahen stürzte zum Tisch, auf dem ihre Armbrust schussbereit wartete.
    »Wer ist da?«
    »Ich bin’s, Shen«, vernahmen wir die Antwort. »Macht sofort auf!«
    Das war Shens Stimme – aber war er allein? Oder hielt ihm jemand ein Messer an die Kehle?
    »Gleich«, antwortete Lahen und zog sich mit fahrigen Bewegungen an.
    »Macht auf!«, verlangte Shen. »Schnell! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!«
    Ich kam seiner Bitte erst nach, als Lahen die Armbrust auf die Tür gerichtet hatte. Wir öffneten sie nur so weit, dass sich ein einzelner Mensch halbwegs durch den Spalt zwängen konnte. Sobald Shen eingetreten war, schloss ich wieder ab. Der Junge war bleich wie der Umhang eines Nekromanten und kicherte nervös, als er die Armbrust in Lahens Händen sah: »Ihr wisst es also schon? Habt ihr sie gesehen?«
    »Nein.«
    »Aber ich. Es ist die Verdammte Lepra! Eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihrem Portrait. Sie ist vor fünfzehn Minuten angekommen. Jetzt sitzt sie unten in der Schenke. Keine Ahnung, was sie mit dem Wirt palavert, aber offenbar weiß sie nicht, dass wir hier sind.«
    »Hoffen wir’s.«
    »Wir müssen hier weg.«
    »Wie willst du an ihr vorbei? Es gibt nur eine Treppe.«
    »Das weiß ich!«, fuhr mich Shen an. »Aber hier wird es doch wohl einen Dachboden geben. Von dem steigen wir dann aufs Dach und danach …«
    »Das wird uns nicht unbemerkt gelingen«, fiel ich ihm ins Wort. »Außerdem würden wir uns dabei alle Knochen brechen, denn die Dächer hier tragen uns nicht, die sind bloß aus Stroh, nicht mit Ziegeln gedeckt. Lasst uns einfach abwarten und beten, dass die Gefahr an uns vorübergeht.«
    »Zum Beten ist es jetzt zu spät«, seufzte Shen, nickte aber, um mir ansonsten zuzustimmen. Auch er wusste, dass wir hier nicht so einfach rauskämen. »Nimm die besser wieder an dich.«
    Er hielt mir die Pfeilspitze aus dem seltsamen Material hin. Nun gut, vielleicht würde uns dieses Ding ja das Leben retten. Während ich sie auf einen Schaft setzte, bewaffnete sich Shen mit einem Messer aus dem gleichen Material und trat ans Fenster, um vorsichtig hinauszuspähen.
    »Alles wird gut«, tröstete ich Lahen.
    Daraufhin lächelte sie mich an, um mir zu bedeuten, dass sie mir glaube. Doch in ihren Augen stand eine Angst geschrieben, die genauso groß war wie meine.
    Mein Albtraum war dabei, Wirklichkeit zu werden.
    »Sie

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