Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Sumpf. Um mich herum nur undurchdringlicher Nebel. Die Ye-arre und noch jemand. Aber wer? Ich kann es nicht erkennen.
Ein Sturm tobt. Er entwurzelt den Wermut, fegt ihn mir ins Gesicht, drischt auf mich ein, versengt mich. Meine Haut und mein Fleisch werden mir abgezogen. Ich schreie. Etwas Bitteres verätzt mir die Kehle. »Da ist sie! Schieß!« Shen. Lahen. Giss. Ga-nor. Luk. Die Verdammten. Hufgetrappel. Ein wilder Reigen. Der Wind heult. Alles tut mir weh. Typhus lacht. Und die ganze Welt fällt dem Feuer anheim.
Stöhnend öffnete ich ein Auge und stemmte mich auf die Ellbogen hoch. Um mich herum war es dunkel, was mich jedoch nicht daran hinderte, zu spüren, dass sich das Universum wie wild drehte, in meinem Kopf eine Feuerpflaume platzte und meine verbrannten Hände schmauchten. Ich sackte auf das modrig stinkende Stroh zurück.
Was für Schmerzen! Dieser verfluchte Nekromant hatte mir seinen Hilss mit voller Wucht über den Schädel gezogen. Ich konnte von Glück sagen, dass er ihn mir dabei nicht zerschmettert hatte. Und dass ich überhaupt noch lebte.
Als ich mich vorsichtig umdrehte, entfuhr mir ein Schrei, weil mir ein stechender Schmerz in die Rippen schoss. Während der nächsten Sekunden lag ich reglos da. Sobald ich wieder Luft bekam, gab die scharfe Schneide des Schmerzes meine linke Seite langsam und widerwillig frei. Der Kerl musste mir links sämtliche Knochen gebrochen haben, da würde ich jede Wette eingehen. Der Schmerz in meiner Seite ließ mich selbst meine rechte Hand, die den ersten Schlag des Hilss abbekommen hatte, aber auch die Verbrennungen an beiden Händen vergessen.
Dieses Dreckschwein von Nekromant! Es war das erste Mal in meinem Leben, dass mir jemand so zugesetzt hatte.
»Lahen!«, hauchte ich. »Lahen!«
Keine Antwort.
Ich presste die Zähne aufeinander, versuchte mich aufzusetzen – und verlor das Bewusstsein.
Mich suchte abermals derselbe Albtraum heim. Immer und immer wieder mündete er in Feuer, wieder und wieder begann er damit. Ich trieb durch unfassbares Chaos, ohne einen Ausgang zu finden. Ein paarmal wachte ich auf, nur um sogleich das Bewusstsein zu verlieren. Dann kam jemand zu mir, musterte mich, beugte sich über mich und legte mir die Hand auf die Stirn. Eine trockene, heiße Hand, die meine Haut mit einer Flamme, die all meine Schmerzen fraß, verbrannte. Meine Lippen versagten mir fast den Dienst, als ich fragte, wo Lahen sei. Ich bekam nur zu hören, ich solle schlafen. Diesem Rat folgte ich …
Als ich das nächste Mal erwachte, fühlte ich mich schon nicht mehr ganz so elend. Ich setzte mich vorsichtig auf und betastete meinen Kopf. Keine Beulen oder Wunden. Selbst meine Seite schmerzte nicht mehr. Mit den Fingerspitzen fuhr ich über meine Rippen, doch an keiner Stelle zuckte ich zusammen. Ich kriegte leicht Luft, und auch meine Hände wiesen keinerlei Verbrennungen mehr auf.
Seltsam.
Hatte ich die Heilung also nicht geträumt? Nur wem hatte ich sie zu dann verdanken? Shen?
»Shen«, stieß ich aus.
Keine Antwort.
Um mich herum war alles dunkel. Es dauerte quälend lange, bis sich meine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten. Schließlich konnte ich den Ort, an dem ich mich befand, aber doch erkennen. Es war eine schmale Zelle, die ich mit sechs Schritten durchmessen und deren Decke ich gegebenenfalls mit der Hand berühren könnte. In einer Ecke klaffte ein widerlich stinkendes Loch, auf dem Boden lag übel riechendes Stroh. Außerdem dürfte es hier von Flöhen oder anderen Viechern wimmeln, denn ich musste mich ständig kratzen.
Für alle Fälle besah ich mir das Gitter mit den dicken Stäben noch etwas genauer und prüfte es auf seine Solidität.
»Verflucht!«, murmelte ich. »Das bricht nur ein Blasge durch!«
»Das kwannst du laut sagwen«, erklang es da aus der Dunkelheit. »Das Gwitter ist viel zu solide für dich, Menschlein.«
Ich zuckte nicht zusammen, auch wenn mir das wohl niemand hätte vorwerfen können. Meiner Zelle gegenüber lag eine weitere – aber wie hätte ich denn ahnen sollen, dass auch in ihr jemand gefangen saß?
»Hol mich doch das Reich der Tiefe!«, stieß ich aus. »Das glaub ich einfach nicht.«
»Khaghun liebt die Ungwaläubigwen nicht«, vermahm ich die Erwiderung. »Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass dieses Gwitter solide ist. Davon haben wir uns schon oft gwenugwa überzeugwat.«
»Schade«, antwortete ich. Ich konnte den Blasgen gegenüber nicht ausmachen. Nur an einer Stelle in der
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